Ökonomie

Asset-Management-Unternehmen

Macht über Wohnungen, Krankenhäuser, Wasser und vieles mehr

In diesem Exklusivinterview mit Truthout erläutert Brett Christophers, was Vermögensverwalter tun, wie sie darauf programmiert sind, Gewinne aggressiv zu maximieren, wie sie zunehmend „reale Vermögenswerte“ wie Wohnraum und Energieinfrastruktur erfassen und was wir dagegen tun könnten.
Quelle: Truthout. Die Übersetzung erfolgt mit freundlicher Genehmigung dieser Zeitschrift. Alle Rechte vorbehalten.

Interview mit Brett Christophers

 Derek Seidman: Obwohl Vermögensverwalter in unserer Gesellschaft eine enorme Macht haben, ist es für viele Menschen nicht offensichtlich, was sie sind, wie sie arbeiten und warum sie so mächtig sind. Können Sie uns einen kurzen Überblick geben?

Brett Christophers: Tatsächlich ist es ein ganz einfaches Geschäft. Vermögensverwalter sind Unternehmen, die im Auftrag anderer investieren. Sie sammeln Geld von Endanlegern, zu denen sowohl vermögende Privatpersonen als auch institutionelle Anleger wie Pensionskassen und Versicherungsgesellschaften gehören. Vermögensverwalter führen deren Investitionen durch, und die Investoren zahlen ihnen Gebühren für diese Dienstleistung.

Das ist im Wesentlichen das, was Vermögensverwalter tun: Sie investieren das Geld anderer Leute und erhalten dafür Gebühren. Sie können in viele verschiedene Dinge investieren, in Finanzanlagen wie Aktien und Anleihen oder in andere Vermögenswerte – wirklich alles.

 

Foto: Christopher Michel

Sie haben sich von sehr randständigen Akteuren in der Wirtschaft vor ein paar Jahrzehnten zu heute sehr bedeutenden Akteuren entwickelt. Die traditionelle Art, ihre Größe oder Bedeutung zu messen, ist die Größe des von ihnen verwalteten Kapitals. In den 1970er Jahren waren es weltweit weniger als eine Billion Dollar. Heute liegt diese Zahl irgendwo in der Größenordnung von 100 Billionen US-Dollar.

Sie sind also in relativ kurzer Zeit von einem Nichts zu etwas extrem Großen geworden.

 Welche Rolle spielen „Fonds“ im Vermögensverwaltungsgeschäft?

Als Vermögensverwalter, der Kapital von Kunden aufnimmt, benötigen Sie ein Vehikel, mit dem Sie dieses Kapital bündeln und investieren können. Der Investmentfonds ist dafür das herausragende Werkzeug. Diese Fonds gibt es in verschiedenen Formen und Größen – Kapitalbeteiligungsfonds, Indexfonds, offene Investmentfonds – aber sie alle sind Geschöpfe der Vermögensverwaltungsbranche.

Wenn Sie beispielsweise lesen, dass BlackRock diesen oder jenen Vermögenswert gekauft hat, ist dies eine Abkürzung für einen von BlackRock verwalteten Investmentfonds, der den Vermögenswert gekauft hat. Das bedeutet eigentlich, dass die tatsächlichen Eigentümer des Vermögenswerts nicht die Vermögensverwalter sind, sondern die verschiedenen Anleger – und es kann Hunderte von ihnen geben –, die Geld für diesen Investmentfonds bereitgestellt haben. BlackRock kann einen kleinen Teil seines Eigenkapitals in seine Fonds stecken – in der Regel etwa 2 Prozent –, aber der größte Teil des Kapitals des Fonds stammt von Pensionskassen, Versicherungen und vermögenden Privatpersonen.

Der Fonds ist das Herzstück der Branche, weil er das Werkzeug ist, durch das Vermögensverwalter tun, was sie tun. Deshalb werden Vermögensverwalter oft als „Fondsmanager“ bezeichnet.

 Vermögensverwalter wie BlackRock und Vanguard erhalten viel Aufmerksamkeit. Sie halten erhebliche Beteiligungen an Tausenden von Unternehmen. Aber Sie plädieren dafür, sich auf Vermögensverwalter zu konzentrieren, die „reale Vermögenswerte“ wie Wohnungen, Versorgungsunternehmen und Krankenhäuser direkt kontrollieren. Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, diese Unterscheidung in Ihrer Analyse zu treffen?

Die konventionellen Vermögensverwalter investieren hauptsächlich in börsennotierte Finanzwertpapiere wie die Aktien von Unternehmen wie Apple und Google sowie die von diesen Unternehmen und von Regierungen begebenen Anleihen. In der Regel tun sie dies über sogenannte „Indexfonds“, die die Wertentwicklung wichtiger Marktindizes wie dem S&P 500 nachbilden.

Es gibt einen guten Grund, warum diese konventionellen Vermögensverwalter viel Beachtung finden. Hier erfolgen die meisten Investitionen in Bezug auf die bloße Anzahl. Wenn Sie sich das Aktionärsregister eines großen US-amerikanischen börsennotierten Unternehmens ansehen, sehen Sie die BlackRocks und die Vanguards.

Wie Vermögensverwalter „die Welt aufkaufen“

Brett Christophers zeigt, wie Vermögensverwalter wie BlackRock und Blackstone „die Welt aufkaufen“.

Wem gehört unsere Welt? Als Antwort auf diese Frage tauchte in den letzten Jahren immer wieder eine Gruppe von Finanzakteuren auf: Asset-Management-Unternehmen.

Diese Vermögensverwalter überwachen Investitionen in Anlagegüter im Wert von Dutzenden von Billionen Dollar auf der ganzen Welt. Die bekanntesten Vermögensverwaltungsgesellschaften sind die „Großen Drei“, BlackRock, Vanguard und State Street Global Advisors, deren Geschäftsmodell weitgehend auf sogenannten „passiven“ Indexfonds beruht; ihre Aktienanlagen machen sie zu den Top-Aktionären von Tausenden von Konzernen.

Aber die Vermögensverwalter halten nicht nur Finanzinstrumente wie Aktien und Anleihen. Sie werden zunehmend zu direkten Eigentümern der „realen“ Vermögenswerte, die unsere Lebensgrundlagen prägen. Von Wohnungen über Krankenhäuser und Wassernetze bis hin zu Windparks verschlingen Vermögensverwaltungsunternehmen wie Blackstone, Brookfield und Macquarie die grundlegenden Dinge, auf deren Existenz wir alle angewiesen sind. Und mit ihrem Ziel, möglichst rücksichtslos und schnell große Gewinne zu erzielen, verheißt diese neue „Gesellschaft von Vermögensverwaltern“ nichts Gutes für die Menschheit.

Dies ist das Thema von Brett Christophers neuem, eindrucksvollen Buch „Our Lives in Their Portfolios: Why Asset Managers Own the World“, erschienen bei Verso press. Christophers zieht den Vorhang weg vor einer notorisch unsichtbaren Branche und entmystifiziert Vermögensverwalter, indem er klar und gründlich untersucht, was sie sind, welche Kräfte sie antreiben, gnadenlos Gewinne zu erzielen, und was all dies für unsere gemeinsame Zukunft bedeutet.

Derek Seidman

 

Ich verschiebe den Fokus aus verschiedenen Gründen. Zum einen haben konventionelle Vermögensverwalter wie BlackRock und Vanguard bereits viel Aufmerksamkeit als Eigentümer zeitgenössischer kapitalistischer Konzerne erhalten. Aber ich behaupte auch, dass ihre Bedeutung überbetont wird. Es wird manchmal gesagt, dass diese Firmen, weil sie 7 oder 8 Prozent aller großen Unternehmen besitzen, irgendwie die Weltwirtschaft kontrollieren. Ich glaube nicht, dass diese Firmen diese Art von Kontrolle haben, und auch nicht, dass sie die überhaupt wollen. Das ist nicht ihr Geschäftsmodell.

Ich meine, dass es einen ganzen anderen Bereich der Vermögensverwaltung gibt, der in jeder Hinsicht viel direkter für den Alltag der Menschen relevant ist als die Aktivitäten der BlackRocks und der Vanguards: Vermögensverwalter die „reale Vermögenswerte“ kontrollieren und besitzen, von denen wir ganz wesentlich abhängig sind, wie Wohnraum und Infrastruktur – Stromnetze, Parkuhrsysteme, Mautstraßen, Krankenhäuser, Schulen, Ackerland und so weiter.

In dem Maße, in dem Vermögensverwalter Wohnraum und Infrastruktur besitzen, auf die wir angewiesen sind, und bestimmen, wie viel es für uns kostet, in diesem Wohnraum zu leben und diese Infrastruktur zu nutzen, bestimmen sie auch die Bedingungen, unter denen diese Vermögenswerte existieren; damit haben sie einen großen Einfluss auf unser tägliches Leben, über den bisher nicht viel gesprochen wurde.

 Sie verwenden manchmal Worte wie „extraktiv“ und „kolonisierend“, um die Beziehung zwischen Vermögensverwaltern und den von ihnen kontrollierten realen Vermögenswerten zu beschreiben. Können Sie das erläutern?

Während alle privaten Eigentümer versuchen, Gewinne zu erzielen, tendieren Vermögensverwalter dazu, besonders rücksichtslos und zielstrebig Gewinne aus den von ihnen beaufsichtigten Vermögenswerten zu ziehen.

Dafür gibt es strukturelle Gründe. Einer davon sind die enormen Gehälter in diesen Unternehmen. In einem Artikel in der Financial Times hieß es, dass das durchschnittliche Gehalt bei Blackstone jetzt bei etwa 2 Millionen Dollar liegt. Für Blackstone ist es nicht möglich, solche Gehälter zu zahlen, ohne ziemlich rücksichtslos Gewinne aus den Vermögenswerten zu erzielen, die sie besitzen. Als Vermieter kann man den Mietern keine Zahlungen stunden und gleichzeitig 2 Millionen US-Dollar an die Mitarbeiter zahlen.

Ebenso erheben die von Sachwerte-Managern verwalteten Investmentfonds im Vergleich zu den von BlackRock verwalteten Indexfonds sehr hohe Gebühren. Branchenüblich ist es, den Anlegern eine Managementgebühr von 2 Prozent pro Jahr und eine Performancegebühr von 20 Prozent zu berechnen. So hohe Gebühren kann man nur berechnen, wenn man den Anlegern sehr hohe Renditen verspricht. So hohe Renditen kann man nur liefern, wenn man sehr rücksichtslos und zielstrebig darauf bedacht ist, Gewinne herauszuholen. Als Vermögensverwalter ist man also allein durch die Natur seines Business gezwungen, sehr rücksichtslos zu sein.

Ein weiterer wichtiger Faktor sind die kurzfristigen Zeithorizonte des Sachwerte-Managements. Vermögensverwalter behaupten, engagierte und sorgfältige Verwalter von Wohnraum und Infrastruktur zu sein. Aber in Wirklichkeit werden ihre Investitionen in Sachwerte hauptsächlich über „geschlossene“ Fonds mit einer festen Laufzeit, beispielsweise 10 Jahre, geschleust. Das bedeutet – und das ist einer der wichtigsten Punkte, die man über die gesamte Vermögensverwaltungsbranche wissen sollte –, dass Vermögensverwalter, wenn sie Wohnungen und Infrastrukturen kaufen, diese fast immer mit der Absicht kaufen, sie innerhalb von sieben oder acht Jahren oder sogar zwei oder drei Jahren wieder zu verkaufen, wenn sie einen großen Gewinn erzielen können.

Mit anderen Worten, sobald ein Vermögensverwalter in ein Wohnungs- oder Infrastrukturobjekt investiert, ist das Allererste, was er denkt: „Wie können wir den Wiederverkaufspreis so schnell wie möglich maximieren?“ Spricht man über Wohnen, bedeutet das, die Mieten so schnell und so hoch wie möglich zu erhöhen. Es bedeutet, die Betriebskosten zu minimieren, und sich z. B., statt Geld zu investieren und ein guter Vermieter zu sein, lieber an Flickwerk-Lösungen bei der Wartung von Vermögenswerten zu halten.

 Können Sie mehr darüber sagen, wie das menschliche Grundbedürfnis nach Wohnraum unter die Herrschaft der Vermögensverwalter gefallen ist und welche Auswirkungen dies hat?

In den frühen 1990er Jahren begannen Vermögensverwalter, sich deutlich in die globalen Wohnungsmärkte einzukaufen, was jedoch nach der Finanzkrise 2008 Fahrt aufnahm. Plötzlich hatte man riesige Bestände an „notleidenden Wohnungen“ wegen massiver Zwangsvollstreckungen, besonders in den USA. Viele Wohnungsbestände wurden schnell verfügbar und sehr billig. Zu ihrer ewigen Schande ermöglichte die US-Regierung es großen Vermögensverwaltern, große Mengen an Wohnraum zu sehr günstigen Bedingungen zu erwerben.

Seitdem sind die Investitionen von Vermögensverwaltern in den Wohnungsbau nur noch stärker gewachsen. Es überrascht nicht, dass die Mieten in den USA und international immer mehr gestiegen sind. An vielen Orten wird nicht genug neuer Wohnraum gebaut, also steigen die Mieten, und das ist etwas, in das Vermögensverwalter gerne investieren wollen. Die Regierungen haben die Vermögensverwalter nicht davon abgehalten, jede Menge Wohnraum aufzukaufen. Tatsächlich haben sie es aktiv gefördert.

 

Stephen A. Schwarzman, CEO der Blackstone Group

Foto: World Economic Forum, Remy Steinegger

Die Auswirkungen all dessen waren sehr negativ: Auf der einen Seite schnell steigende Mieten für Wohnungen, die unter die Kontrolle von Vermögensverwaltern geraten sind, und auf der anderen Seite schädliche Entwicklungen auch bei anderen Aspekten des Wohnungswesens, etwa Zwangsräumungen. Wenn Sie sich die Räumungsraten in einer bestimmten Metropolregion ansehen und Mietwohnungen von Vermögensverwaltern mit Mietwohnungen anderer Eigentümer vergleichen, sind die Räumungsraten in der Regel wesentlich höher, wenn die Eigentümer Vermögensverwalter sind.

 Sie konzentrieren sich darauf, wie Vermögensverwalter einen Großteil unserer Infrastruktur erobert haben. Sie stellen die provozierende These auf, dass „der Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien auch einen Übergang zur Vermögensverwaltergesellschaft darstellt“. Können Sie diese Behauptung näher erläutern?

Eine Sache, über die in Bezug auf die Energiewende fast nie gesprochen wird, ist, was sie in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse bedeutet. Die Infrastruktur der auf fossilen Brennstoffen basierenden Energie auf der ganzen Welt ist in etwa zu gleichen Teilen zwischen dem öffentlichen Sektor und dem privaten Sektor aufgeteilt. Staatseigene Unternehmen sind Haupteigentümer von Vermögenswerten für fossile Brennstoffe. Aber wenn man sich Investitionen in saubere Energien wie die erneuerbaren ansieht, fehlt der Staat fast völlig. Es ist größtenteils eine Sache des privaten Sektors.

Beim Übergang von brauner zu grüner Energie gehen wir also zu einer Art von Infrastruktur über, die sich überwiegend in Privatbesitz befindet, und weg von der Art von Infrastruktur, die überwiegend öffentlich ist. Das sollte nicht überraschen. Privateigentum ist in den letzten 30 oder 40 Jahren zum Standard für neoliberale Politik geworden, als der Übergang zu grüner Energie begonnen hat.

Auf der ganzen Welt verlassen sich Regierungen mit verschiedenen Formen von Anreizen auf den Privatsektor, um grüne Energieinvestitionen aufzubauen. Und wo wird im privaten Sektor das meiste Kapital für Investitionen gehalten? Es wird von Vermögensverwaltern gehalten. Es ist also nicht verwunderlich, dass ein großer Teil der Investitionen in saubere Energie von Vermögensverwaltern getätigt wird, da sie über das meiste verfügbare Kapital verfügen, um diese Investitionen durchzuführen.

Zum Beispiel ist Brookfield Asset Management, über das ich schreibe, einer der weltweit größten Eigentümer von Vermögenswerten für saubere Energie jeglicher Art, nicht nur unter den Vermögensverwaltungskonzernen. Wenn Sie in die Wildnis von Schweden fahren, wo ich lebe, und Sie einen Windpark sehen, sind die Chancen ziemlich hoch, dass BlackRock der Besitzer ist.

Mit dem Übergang von fossilen Brennstoffen zu sauberer Energie gehen wir auch zunehmend zu dem über, was ich „Vermögensverwaltergesellschaft“ nenne. Und ich denke, wir sollten uns davor hüten. Wenn Vermögensverwalter zu Eigentümern von Infrastruktur werden, sind die Ergebnisse im Allgemeinen nicht gut für die Gesellschaft.

Auch wenn wir uns darauf verlassen, dass der Privatsektor im Allgemeinen und Vermögensverwalter im Besonderen die Energiewende vorantreiben, setzen wir de facto auf eine fortgesetzte staatliche Subventionierung dieser Investitionen. Vermögensverwalter sind risikoscheue Institutionen. Wenn es um saubere Energie geht, erwarten sie von den Regierungen, dass sie das Risiko dieser Investitionen durch Subventionen begrenzen, wie es beispielsweise die US-Regierung durch ihr Inflation Reduction Act (Gesetz zur Reduzierung der Inflation) getan hat. Indem die Gesellschaft in die langfristige Subventionierung sauberer Energie eingebunden wird, die sich in Privatbesitz von Vermögensverwaltern befindet, übernimmt der öffentliche Sektor einen Großteil des Risikos ohne jegliche Vergütung.

 Die bekannteste alternative Vermögensverwaltungsgesellschaft könnte heute die Blackstone Group sein, die Sie in Ihrem Buch besprechen. Wie verkörpert Blackstone die wichtigsten Merkmale der Vermögensverwaltungsgesellschaft?

Blackstone ist zu einem Blitzableiter für eine breitere Kritik an Vermögensverwaltern und Private Equity geworden. Ein Grund könnte in den beteiligten Personen liegen. Stephen Schwarzman, der Blackstone 1985 mitbegründete und seitdem dessen CEO ist, ist eine hochkarätige und farbenfrohe Persönlichkeit. Er war ein ausgesprochener Befürworter von Donald Trump, was ihm viel Aufmerksamkeit einbrachte. Wann immer Politiker in den USA angeregt haben, gegen die Vermögensverwaltungsbranche vorzugehen, hat er sich sehr aggressiv gewehrt.

Es ist auch Blackstones schiere Größe. Es ist der weltweit größte Eigentümer von Wohnraum unter allen Vermögensverwaltungsunternehmen. Blackstone wurde nach der Gründung von Invitation Homes zum größten Eigentümer von Einfamilienhäusern in den USA.

Aber obwohl Blackstone eine sehr bekannte Vermögensverwaltungsgesellschaft ist, unterscheidet sie sich nicht grundlegend von anderen Vermögensverwaltern. Sie alle folgen der gleichen Art von Modellen. Blackstone schafft es, mehr Kapital von Investoren zu beschaffen, aber es geht nicht grundsätzlich anders vor.

 Stellt die Vermögensverwaltungsgesellschaft für Sie eine grundlegend neue Form des Kapitalismus dar?

Ich glaube nicht, dass die an Bedeutung zunehmende Rolle der Vermögensverwalter im heutigen Kapitalismus eine neue Form des Kapitalismus darstellt. Ich glaube aber, dass das Hervortreten von Vermögensverwaltern der wichtigste Ausdruck der Rentier-Dimension [1] für den Kapitalismus von heute ist.

Es gab schon immer einen Aspekt des Kapitalismus, bei dem es darum ging, die monopolistische Kontrolle über wichtige Ressourcen oder Vermögenswerte zu erlangen und durch diese Kontrolle Renditen zu verdienen. In den letzten Jahrzehnten sind wir in eine Periode des Kapitalismus eingetreten, in der dieser Rentier-Aspekt besonders hervorgehoben wird und in der Rentiers viel mehr Macht und Gewinn als zuvor angesammelt haben. Die neoliberale Politik schuf die Voraussetzungen für eine Wiederbelebung des Rentiers, und Vermögensverwalter sind eine primäre Verkörperung dieser erneuten Rentierisierung des Kapitalismus.

      
Mehr dazu
Dharna Noor: Money Makes the World Go Round, die internationale Nr. 6/2023 (November/Dezember 2023)
Interview mit Eric Toussaint: Der Kapitalismus am Anschlag, die internationale Nr. 5/2023 (September/Oktober 2023). Auch bei intersoz.org
Michael Roberts: Zum Verhältnis von Lebenshaltungskosten und Profiten, die internationale Nr. 5/2023 (September/Oktober 2023)
Claude Serfati: Ein Krieg mit anderen Mitteln, die internationale Nr. 2/2023 (März/April 2023)
Eric Toussaint: Gemeingüter, Verschuldung und Pharmapatente, die internationale Nr. 1/2022 (Januar/Februar 2022)
 

Sie schildern überzeugend Macht und Reichweite von Vermögensverwaltern über unser Leben und wie sie strukturell angelegt sind, um Arbeiter und Mieter überauszubeuten. Was sollte dann getan werden, um ihre Macht in Frage zu stellen?

Ich glaube nicht, dass Vermögensverwalter im Moment sehr verwundbar sind. Ein Teil ihrer Stärke liegt darin, dass sie für viele Menschen weitgehend unsichtbar sind. Und es ist ihnen gelungen, vielen politischen Entscheidungsträgern Sand in die Augen zu streuen. Sie haben die Regierungen irgendwie davon überzeugt, dass sie ehrbare Verwahrer der Vermögenswerte seien, die sie kontrollieren, und auch, dass sie normalen Rentnern helfen, gute Renditen auf ihre Altersvorsorge zu erzielen.

Wenn sie eine Schwachstelle haben, liegt es vielleicht daran, dass viele Untersuchungen zeigen, dass die Arten von Vermögensverwaltern, die ich in meinem Buch untersuche, nicht wirklich besonders starke Renditen liefern. Wenn man die von ihnen erhobenen Gebühren abzieht, deuten viele Untersuchungen darauf hin, dass sie im Durchschnitt keine viel besseren Renditen erzielen als ein Basis-Indexfonds. Und tatsächlich sind die Fälle von katastrophalem Versagen häufiger.

Gibt es Dinge, die getan werden können? Sicher. Das Offensichtliche ist, dass man sie einfach davon abhalten kann, bestimmte Arten von Dingen zu besitzen. Es gibt nichts, was Regierungen davon abhält zu sagen, dass bestimmte Arten von Vermögenswerten einfach nicht im Besitz bestimmter Arten von Akteuren wie Vermögensverwaltern sein sollten. Man könnte es verbieten, und das würde wahrscheinlich auf viel Zustimmung stoßen.

Man kann auch reale Vermögenswerte für Investitionen unattraktiv machen. Zum Beispiel begann Blackstone 2017 mit dem Kauf vieler Wohnungen in Berlin, aber dann führte die Berliner Stadtverwaltung neue Regeln ein, die die Möglichkeiten der Vermieter zu Mieterhöhungen beschränkten und in einigen Fällen sogar zu Mietzinssenkungen führten. Blackstone sagte sofort: „Okay, wir investieren nicht mehr in Berliner Wohnungen.“ So etwas kann man machen. Leider wurde etwa ein Jahr später das Berliner Mietgesetz aufgehoben, aber die Tatsache, dass Blackstone sagte, dass sie nicht mehr investieren würden, zeigt, dass man Maßnahmen ergreifen kann, um diese Vermögenswerte unattraktiv zu machen.

Derek Seidman ist Schriftsteller, Forscher und Historiker und lebt in Buffalo, New York. Er schreibt regelmäßig für Truthout und für LittleSis.
Brett Christophers ist Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeographie an der Universität Uppsala in Schweden. Er ist Autor oder Mitautor von bisher fünf Büchern, darunter Rentier Capitalism: Who Owns the Economy, and Who Pays for It?
Übersetzung: Gerd Kersten
Copyright: Truthout. Reprinted with permission



Dieser Artikel erschien in die internationale Nr. 5/2023 (September/Oktober 2023). | Startseite | Impressum | Datenschutz


[1] „Rentier“ im Sinne einer Person, die von Erträgen ihres Vermögens lebt. Siehe auch: Wikipedia – Anm. d. Red.