Brexit, Farce und die Lexit-Linke

Das radikale Plädoyer für Verbleib – für „ein anderes Europa“

In diesem Diskussionsbeitrag argumentiert der Autor, dass der Brexit die britische Ausformung einer die Welt überschwemmenden Welle von Nationalismus, Rassismus und Faschismus ist – und dass ein Lexit auf der falschen Seite der Geschichte steht.

Neil Faulkner

Die Geschichte wiederholt sich. Beim ersten Mal ist es eine Tragödie, beim zweiten Mal ist es eine Farce. [1] Diese spontane Bemerkung von Marx wird leider nur allzu oft wiederholt. Und sie wirkt umso passender, wenn sich, wie jetzt geschehen, die kleine, schrumpfende, sektiererische Linke Großbritanniens noch stärker der Dritten Periode des Stalinismus verschreibt.

Im Interesse all jener, die in den Geheimnissen des Diskurses der radikalen Linken nicht so bewandert sind, muss ich einen Moment lang abschweifen. Ich bitte dafür um Verständnis. Die hier geäußerte Kritik ist von äußerst großer politischer Dringlichkeit, denn wenn wir die Linke nicht in einer schlagkräftigen antifaschistischen Bewegung vereinen können, besteht die Gefahr, dass die Menschheit in einer Flut der Barbarei ertrinkt. Die Lage ist mehr als ernst. Der Faschismus stellt inzwischen eine nicht mehr zu ignorierende Gefahr dar. Und um die sozialen Massenbewegungen aufzubauen, die wir brauchen, um die extreme Rechte zu stoppen, müssen – nicht sollten! – wir unbedingt aus der Geschichte lernen. Daher bitte ich für diese Ausführung um Geduld.


Die deutsche Katastrophe


Blicken wir zurück auf das Jahr 1931 – ebenfalls ein Moment in der Geschichte, in dem der Faschismus eine nicht zu übersehende Gefahr war. Die damalige deutsche kommunistische Partei (KPD) sah das allerdings nicht so. So fasste z. B. Hermann Remmele im Oktober 1931 die diesbezügliche Ansicht der Partei im deutschen Reichstag folgendermaßen zusammen:

„... wenn sie [die Nazis] erstmal an der Macht sind, wird die Einheitsfront des Proletariats zustande kommen und wird alles wegfegen ... Die faschistische Herrschaft, die faschistische Regierung schreckt uns nicht. Sie hat rascher abgewirtschaftet als jede andere Regierung.“ [2]

Das war die offizielle Position. Die KPD war zu diesem Zeitpunkt eine monolithische Organisation, die ihre Befehle vom russischen Diktator Stalin erhielt. Von allen Mitgliedern, hochrangigen wie einfachen, wurde erwartet, dass sie diese Linie unterstützten. Für eigenständiges Denken war wenig Raum, für offenen Widerstand überhaupt keiner. Niemand, der sich gegen die dominante Theorie des „Sozialfaschismus“ aussprach, überlebte als Parteimitglied sehr lange.

Dieser Theorie zufolge waren die wahren Feinde nicht etwa die Nazis (die bei der Wahl im Jahr 1930 6,4 Millionen Stimmen erhielten), sondern die Sozialdemokraten (mit 8,6 Millionen Stimmen). Die Kommunisten (4,6 Millionen Stimmen) verbrachten die meiste Zeit damit, die Sozialdemokraten zu attackieren, um so die SPD als wichtigste Partei der deutschen Arbeiterklasse zu ersetzen.

„Am 14. September [dem Datum der Reichstagswahl en im Jahr 1930] hat der Vormarsch der Nazis seinen Höhepunkt erreicht“, verkündete die Tageszeitung der Kommunistischen Partei in Berlin. „Alles, was danach kommt, kann nur noch Niedergang und Zerfall sein.“

Dieser Wahnsinn durchzog die KPD von ganz oben bis nach ganz unten. Als die Nazis z. B. im August 1931 ein Referendum initiierten, mit dem sie die unbeliebte, rechtsgerichtete, für Sparmaßnahmen stehende SPD-Regierung Preußens stürzen wollten, schlugen die Kommunisten in dieselbe Kerbe wie die Nazis und agitierten mit einer von der KPD als „rotes Referendum“ bezeichneten Kampagne gegen die Regierung.

Dem Referendum war kein Erfolg beschieden, aber die Nazis schärften damit ihr Profil, gewannen an gesellschaftlicher Unterstützung und verschoben die Politik nach rechts. Die KPD und die Arbeiterbewegung hingegen gingen geschwächt daraus hervor, da durch die Aktionen der KPD ein Keil zwischen die Kommunisten und die die SPD unterstützenden Arbeiter*innen getrieben wurde.

Bei der Reichstagswahl im Juli 1932 erhielten die Nazis 13,7 Millionen Stimmen und wurden mit 37 % aller abgegebenen Stimmen die stärkste Partei im Reichstag. Die kombinierte Stimmenzahl der Arbeiterparteien (SPD und KPD) lag mit 13,2 Millionen Stimmen (36 %) geringfügig darunter. Die Vision der kommunistischen Führung von Niedergang und Zerfall der Nazibewegung hatte sich also als falsch erwiesen.

Dennoch blieben für die KPD die „Sozialfaschisten“ (d. h. die Sozialdemokraten) die Hauptfeinde. […]

Jetzt war keine Rede mehr davon, dass die Nazis ihren Höhepunkt überschritten hätten. Ganz im Gegenteil:

Die Kommunisten erwarteten, dass die Nazis die Macht übernähmen. Allerdings glaubten sie, die Nazis würden die Macht nicht lange behalten, ihre kurze Regierungszeit wäre nur ein Vorspiel zur sozialistischen Revolution. „Nach Hitler sind wir an der Reihe“, verkündete Thälmann.

 

Hitler kam im Januar 1933 an die Macht. Die Nazi-Diktatur zerstörte die deutsche Arbeiterbewegung, brach einen Weltkrieg vom Zaun und ermordete Millionen in den Vernichtungslagern. Es ist möglich – sogar sehr wahrscheinlich –, dass Hitler hätte gestoppt werden können, hätten die Kommunisten 1932 mit den Sozialdemokraten eine Allianz gebildet, um den Faschismus zu bekämpfen.


Der Marsch der Millionen


Kommt einem das nicht irgendwie bekannt vor? Großbritanniens EU-Referendum war eine Initiative der UKIP und der rechten Tories. Die Austrittskampagne wurde von Antimigrantenrassismus dominiert. Das Gerede über „Lexit“ und „Brexit des Volkes“ unterscheidet sich in diesem Kontext nicht im Geringsten von der Behauptung der deutschen Kommunisten, die Wahl von 1931 in Preußen sei ein „rotes Referendum“. Und die Auswirkungen waren ganz ähnlich: Die extreme Rechte wurde gestärkt, und zwischen die Lexit-Linke und die Masse der progressiven Beschäftigten sowie der Jugend, die ja mit gutem politischem Instinkt für den Verbleib stimmte, wurde ein Keil getrieben.

Aber die Lexit-Linke hat nichts dazugelernt. Genau wie damals bei der deutschen KP wird jede politische Entwicklung ausschließlich durch die Brille des eigenen Sektierertums interpretiert.

Der Anti-Brexit-Marsch am 23. März 2019, an dem sich eine Million Menschen beteiligte, war die zweitgrößte Demonstration in der Geschichte Großbritanniens. Davor war der Anti-Brexit-Marsch am 20. Oktober 2018 mit 700 000 Teilnehmern die zweitgrößte Demo gewesen.

Nur die Massenmobilisierungen der „Stop the War Coalition“ in den 2000er-Jahren fallen in dieselbe Größenordnung. Allerdings gibt es da einen wichtigen Unterschied: Die Linke führte damals die Antikriegsbewegung an, während die Linke die Führung der Anti-Brexit-Bewegung jetzt den Tories, den Liberalen und den Blairisten überlassen hat. Das wird nun genutzt, um die Anti-Brexit-Linke anzugreifen, indem ihr vorgeworfen wird, mit den die Sparmaßnahmen unterstützenden Neoliberalen eine Allianz eingegangen zu sein.

Die Ähnlichkeit der KPD-Angriffe Anfang der 1930er Jahre auf die die Sparmaßnahmen unterstützende SPD ist nicht zu übersehen.

Eines muss ganz klar gesagt werden: Der Brexit ist die britische Ausformung einer die gesamte Welt überschwemmenden Welle von Nationalismus, Rassismus und Faschismus. Der Brexit ist eine überaus deutliche und ständige Gefahr für alle in Großbritannien lebenden und arbeitenden EU-Migrant*innen. Der Brexit bedeutet freie Fahrt für jeden Stammtischfaschisten, der einen Moslem verprügeln (oder ihm noch Schlimmeres antun) will. Der Brexit schlägt voll in die Kerbe von Tommy Robinson, Nigel Farage, Boris Johnson, Jacob Rees-Mogg und deren Gefolge von Raufbolden und Stammtischfanatikern.

Die überwiegende Mehrheit des Millionen-Menschen-Marsches hingegen, darunter vor allem die jungen Leute, die jetzt und auch schon früher instinktiv und in überwältigender Zahl gegen den Brexit waren, zeigte eine internationalistische, multikulturelle und progressive Einstellung.

Die Führungsriege dieser Bewegung wurde inzwischen von neoliberalen Exponenten verdrängt, die mächtige Konzerne, Privatisierung und Sparmaßnahmen vertreten; mit anderen Worten, die Bewegung wurde von einer korrupten, altbackenen, selbstsüchtigen politischen Elite usurpiert. Korrupt in dem Sinne, dass sie sich mit Haut und Haaren den Großkonzernen verkauft hat. Altbacken insofern, als sie sich damit zufrieden gibt, die fehlgeschlagenen Mantren von Thatcher und Blair gebetsmühlenartig zu wiederholen. Selbstsüchtig, weil diese Leute außer ihren eigenen schäbigen Karrieren nichts im Sinn haben.

Aber die Linke hat es ihnen gestattet, diese Kontrolle zu übernehmen, indem sie sich aus der Führung einer der größten progressiven Bewegungen in der Geschichte Großbritanniens zurückgezogen hat. Die extreme Rechte ist in der Offensive und die Lexiter feuern jetzt aus allen Rohren auf die Liberalen und die Sozialdemokraten – genau wie die deutsche KP in den frühen 30er-Jahren. Statt die Anti-Brexit-Bewegung als eine progressive, multikulturelle, antirassistische Massenbewegung zu unterstützen, eine Bewegung, in der die Linken versuchen sollten, Einfluss zu nehmen, kehren sie Millionen von Normalbürgern den Rücken, einschließlich Millionen junger Leute, Schwarzen und Weißen, Frauen und Männern, die eigentlich das Publikum für jede wahrhaft antifaschistische Linke sein sollten.


„Full Brexit“


Aber es kommt noch schlimmer. Jetzt wurden eine Kampagne – „The Full Brexit“ („Der komplette Brexit“) – und eine nationale Tour unter dem Slogan „Transforming Britain after Brexit“ („Großbritannien nach dem Brexit umwandeln“) gestartet. Diese Initiative trieft nur so vom Gift eines britischen Nationalismus. In der Werbebroschüre steht:

„Der Brexit kann auch eine demokratische Erneuerung und die Hoffnung bringen, die das Land braucht. Unsere Jugend kann in einer unabhängigen Nation leben, die offen und nach vorn blickend ist. Eine Nation, in der unser aller Engagement am politischen Leben dieser Nation willkommen und nicht gefürchtet ist. Kommt her und diskutiert die Chance, die uns der Brexit gibt, die Chance, unser Land aus der Zwangsjacke der letzten 40 Jahre zu befreien.“ [3]

„Unser Land“? Hat Marx uns im Kommunistischen Manifest von 1848 nicht gelehrt, dass die Proletarier kein Vaterland haben? Hat er nicht argumentiert, dass die arbeitende Klasse eine internationale Klasse sei und dass sich die Proletarier aller Länder vereinigen sollten? Sind denn Nationen nicht Konstrukte des kapitalistischen Staates? Sind Grenzen nicht von Natur aus rassistisch? „Eine unabhängige Nation“? Sind Arbeiter, die unter der Fuchtel von Bankiers, Bossen, Vermietern und Polizei leben, etwa „unabhängig“? Seit wann wird soziale Emanzipation dadurch erreicht, dass man sich in Gesellschaft von Nigel Farage, Boris Johnson und Jacob Rees-Mogg in einen nationalen Elfenbeinturm zurückzieht?

Genau das scheint nämlich die Vision zu sein. Einer der Referenten der nationalen Tour ist der Labour-Peer Maurice Glasman, der im Morning Star schreibt, dass „Tories wie Jacob Rees-Mogg die Sache des Sozialismus voranbringen, indem sie den Primat der demokratischen Souveränität unterstützen“. Glasman ist ein Verfechter des „Blue Labour“-Sozialkonservatismus, einem Rückfall in Antimigranten-, Antifeminismus- und Anti-LGBT-Bigotterie.

KPD und der „rote“ Volksentscheid 1931 – satirisches Flugblatt der SPD

 

Auf der Bühne bezeichnet ein anderer der Full-Brexit-Referenten, Eddie Dempsey von der Gewerkschaft RMT [National Union of Rail, Maritime and Transport Workers] „die liberale Linke“ als größten Feind:

„Als die Institutionen der Arbeiterklasse und deren Jobs abgebaut wurden, gingen einige dieser Institutionen in die Hände der Liberalen über, und genau das ist ein Problem für uns. Ganz gleich, was man über Leute denkt, die zu diesen Tommy-Robinson-Demos oder anderen Aufmärschen dieser Art kommen, der eine Punkt, der diese Leute vereint, ist, neben irgendwelchen anderen Bigotterien, ihr Hass auf die liberale Linke, und sie haben Recht, die zu hassen.“

Sie haben Recht, die zu hassen ... Sie haben also Recht, Leute zu hassen, die die Rechte von Migrant*innen, Frauenrechte, LGBT-Rechte, Bürgerrechte und demokratische Rechte unterstützen. Was für eine Folgerung ergäbe sich denn sonst aus seiner Aussage?

Und der Eindruck scheint sich zu bestätigen, wenn man durch die Online-Postings von Dempsey entdeckt, dass er ein eingefleischter Stalinist ist. Bezüglich der Säuberungen und der Gulags in den 1930er-Jahren sagt er: „All das hat er getan. Na und? Wir würden es wieder tun, wenn wir die Gelegenheit dazu hätten.“ Und er teilt einen Comic, dessen Bild den Mord am antistalinistischen Revolutionär Trotzki darstellt und diesen Text hat: „Roses are red. Trotzky is dead. Ramon put an ice-pick in the c***’s head.“ [4] Das ist Rücksichtslosigkeit, Sektierertum und Menschenverachtung in Reinformat.


Das ABC des Sozialismus


In der Zwischenzeit intensivieren Faschisten, Tories, rassistische Polizisten und die Regenbogenpresse die Angriffe auf in Großbritannien lebende Asylbewerber, Migranten, Muslime und aus der EU stammende Arbeitskräfte. Und auch noch ein weiteres, grundlegendes Prinzip des Sozialismus wird von den Lexit-Linken mit Füßen getreten: dass man sich mit denen solidarisch erklärt, die am machtlosesten sind, dass man als „Sprecher der Unterdrückten“ agiert, dass man Grenzen einreißt und das Recht auf Freizügigkeit verteidigt.

Die deutsche Kommunistische Partei war in den 1930er-Jahren eine Massenorganisation mit Hunderttausenden von Mitgliedern und unterstützt von Millionen Wähler*innen. Sie wurde, zusammen mit der gesamten deutschen Arbeiterbewegung, der Mächtigsten in ganz Europa, von der Nazi-Diktatur schon im ersten Jahr von Hitlers Regierung ausgelöscht. Das war wahrlich eine Tragödie.

Die heutige Lexit-Politik der winzigen, zerstrittenen, hirnlosen Sekten der britischen Linken, bei der sich der Wahnsinn der Dritten Periode des Stalinismus im Kleinformat wiederholt, kann nur als Farce bezeichnet werden. Die Linken haben jetzt die Umwandlung von revolutionärem sozialistischem Internationalismus in eine Variante von „Nationalsozialismus“ [Anführungsz. d. Red.] endgültig vollzogen. Sie haben den Marxismus aufgegeben und sich in Nationalist*innen verwandelt. „Sozialismus in einem Lande“ war ja die stalinistische Ideologie der 1930er-Jahre – das ideologische Deckmäntelchen für eine Konterrevolution durch die sich entwickelnde Parteistaatsbürokratie in der Sowjetunion, die alle noch verbliebenen Spuren der revolutionär-internationalistischen Arbeiterbewegung zerstörte, jener Bewegung, die die russische Revolution 1917 überhaupt erst ermöglichte.

Eine Variante davon, „die alternative Wirtschaftsstrategie“, war das Leitmotiv eines großen Teils der britischen Linken in den 1970ern. Es war der Gedanke, dass man sich in einen nationalen Elfenbeinturm zurückziehen und eine sozialistische Wirtschaft isoliert vom Rest der Welt (und ihm zum Trotz) aufbauen könne. Das war damals reine Fantasterei – die Labour-Regierung scheiterte in den 1970ern krachend an der Macht des internationalen Finanzwesens – und nachdem die wirtschaftliche Macht des Staates inzwischen durch die Macht der globalisierten Kapitalgesellschaften noch mehr geschwächt wurde, ist es heute eine noch viel größere Fantasterei.

Und da es so aussieht, als hätte ein großer Teil der sektiererischen Linken das ABC des Sozialismus vergessen, hier nun eine kurze Lektion in Sachen Marx für Anfänger.

  1. Nationen und Nationalismus sind Konstrukte des kapitalistischen Staates.

  2. Proletarier haben kein Vaterland und ihr Credo ist der Internationalismus.

  3. Kapitalismus ist ein globales System und Sozialismus in einem einzelnen Land ist Fantasterei.

  4. Die Einheit der internationalen Arbeiterklasse bildet den Grundstein im Kampf für soziale Veränderung.

  5. Nationalismus und Rassismus spalten die Arbeiterklasse. Darum stehen Sozialist*innen Seite an Seite mit den Unterdrückten gegen die Tories, die Faschisten und die Polizei. Darum sagen Sozialisten: Alle Migrant*innen sind hier willkommen und alle Muslime sind unsere Brüder und Schwestern.

  6. Der Brexit ist die britische Ausformung einer die gesamte Welt überschwemmenden Flutwelle von Nationalismus, Rassismus und Faschismus.

Marx hat die Proletarier am Ende des Kommunistischen Manifests nicht dazu aufgerufen, „eine unabhängige Nation zu gründen“ und „ihr Land aus einer Zwangsjacke zu befreien“. Er schloss mit diesen Worten:

„Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Revolutionärer Internationalismus war seither die Grundlage echter marxistischer Theorie und Praxis. Aus diesem Grund sprach sich z. B. Trotzki Mitte der 1920er-Jahre für die „Vereinigten Staaten von Europa“ aus:

„Wenn die kapitalistischen Staaten Europas es schaffen würden, zu einem imperialistischen Trust zu fusionieren, wäre das gegenüber der bestehenden Lage ein Fortschritt, denn es würde vor allem eine vereinigte, gesamteuropäische materielle Basis für die Arbeiterbewegung schaffen. In diesem Fall müsste das Proletariat nicht für die Rückkehr zu ‚autonomen‘ Nationalstaaten kämpfen, sondern für die Verwandlung des imperialistischen Trusts in eine Europäische Republikanische Föderation.“

      
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Genau das ist, kurz und knapp auf den Punkt gebracht, das radikale Plädoyer für Verbleib – für „ein anderes Europa“.

Die Lexit-Linke allerdings ist eine Allianz aus Fossilien der 1970ern, unverbesserlichen Stalinist*innen und ehemaligen Trotzkist*innen. Sie repräsentiert eine Abkehr von revolutionärem Internationalismus und Solidarität, einen Rückzug in die Fantasiewelt eines „Sozialismus in einem Land“ und eine Kapitulation vor dem Nationalismus der extremen Rechten.

Die Alte Linke ist tot. Wir müssen eine Neue Linke aufbauen. Und das schnell.

Übersetzung: Antje Hink
Creeping Fascism: what it is and how to fight it von Neil Faulkner, Samir Dathi, Phil Hearse und Seema Syeda wurde gerade von Public Reading Rooms veröffentlicht (ISBN: 978-0995535268)



Dieser Artikel erschien in die internationale Nr. 3/2019 (Mai/Juni 2019). | Startseite | Impressum | Datenschutz


[1] http://www.mlwerke.de/me/me08/me08_115.htm

[2] http://www.mlwerke.de/tr/1931/311126a.htm

[3] https://www.thefullbrexit.com/about

[4] Unter Verzicht auf den ohnehin geschmacklosen Endreim im Deutschen: „Rosen sind rot. Trotzki ist tot. Ramon haut einen Eispickel in den Kopf von dem Scheißkerl“ [d. Übers.].