Ökologie

Produktion für die Mülltonne

Seit der Jahrtausendwende kann weltweit ein zunehmender Schub des Warenkonsums beobachtet werden. Das gilt auch für Deutschland.

Klaus Meier

2015 wurden hierzulande 3,2 Millionen PKW neu zugelassen und 6,95 Millionen Fernseher verkauft. Im Jahr davor wurden 24,1 Millionen Smartphones und 20,4 Millionen Computer verkauft.


Die Energie steckt in den Produkten


In der Folge ist ein steil ansteigender Ressourcenverbrauch festzustellen. 2008 lag die weltweite Rohstoffentnahme aus der Erde bei 62 Mrd. Tonnen Material. Das ist neunmal so viel wie noch um 1900. Die OECD geht davon aus, dass dieser Wert 2030 bei 100 Mrd. Tonnen liegen wird. [1] Praktisch bedeutet das, dass die Erdkruste umgepflügt wird. Allein die durch den Berg­ und Tagebau verschobenen Gesteins­ und Erdmassen sind heute 4 Mal so groß wie das Material, das alle irdischen Flüsse und Gletscher bewegen. Es entstehen dabei riesige Umweltschäden durch die Freisetzung toxischer Substanzen und die Zerstörung wertvoller Böden. Eine weitere Folge der steigenden industriellen Ressourcennutzung sind ein hoher Energieverbrauch sowie die damit verbundenen großen Treibhausgasemissionen. So gehen in Deutschland rund 40 % des CO 2­Ausstoßes auf das Konto der Industrie. Diese Zahl setzt sich zusammen aus 18 % Emissionen für den industriell genutzten Strom und noch einmal rund 20 % für Industriefeuerungen und Prozessemissionen. [2] Würde man noch die LKW-Transporte auf den Straßen hinzuzählen, dann wäre der Wert noch höher. Es ist eine Verantwortung der Industrie, die in offiziellen Statistiken gerne verborgen gehalten wird.

Ein erkenntnisreicher Blick auf das Szenario ergibt sich auch, wenn man die Förderung und industrielle Verarbeitung einzelner Rohstoff betrachtet. So erzeugt allein die weltweite Kunststoffproduktion eine jährliche CO2-Menge, die 76 % der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen entspricht. Für Aluminium liegt dieser Wert bei 77 % und für Stahl sogar bei 462 %. Man kann diese Erkenntnis bildlich so zusammenfassen, dass alle hergestellten Güter geronnene Energie enthalten und riesige Mengen unsichtbarer Schwaden von Treibhausgasen hinter sich herziehen. Das bedeutet aber auch eine einfache Wahrheit: Wenn wir die Biosphäre unseres Planeten noch retten wollen, dann reicht eine einfache Umstellung auf erneuerbare Energien nicht aus. Es muss auch die Menge des materiellen Güterumsatzes deutlich reduziert und damit die Übernutzung unseres Planeten beendet werden.


Gesättigte Märkte und die kapitalistische Antwort


Mit dieser Erkenntnis treffen wir auf das ökonomische System, das unsere Welt heute komplett beherrscht: den Kapitalismus. Er befindet sich heute in einer Situation der Kapitalüberproduktion. Es gibt riesige Finanzströme, die keine Anlagen mehr finden und deswegen voller Risiken immer neue Finanzblasen bilden. Die Ursache sind gesättigte Märkte und dadurch bedingt nicht ausgelastete Produktionsanlagen. Das kapitalistische Wirtschaftsleben funktioniert in diesem Umfeld nur durch einen sich beschleunigenden Wechsel des immer schnelleren Entwertens von genutzten Waren mit anschließender Neuproduktion. Das bedeutet im Ergebnis die Etablierung einer Wegwerfproduktion.


Die bewusste und fahrlässige Lebensdauerverringerung von Produkten


Insbesondere in den letzten Jahrzehnten hat es die Industrie geschafft, ihre Produkte immer kurzlebiger auszulegen. Ein Oberbegriff dafür ist Obsoleszenz. Er steht für die bewusste und geplante Verringerung der Produktlebensdauer durch die kapitalistischen Produzenten. Die Waren werden so ausgelegt, dass sie gleich nach dem Ende der Gewährleistung immer unzuverlässiger werden und schließlich ganz kaputt gehen.

Stefan Schridde, der Initiator der Verbraucherschutzorganisation „Murks – Nein danke“ hat Obsoleszenzfälle bei zahlreichen Produkten untersucht und beschrieben. [3] Ein Beispiel sind Waschmaschinen. Während früher Miele­Geräte rund 20 Jahre im Einsatz waren, liegt die durchschnittliche Lebensdauer von Waschmaschinen heute nur noch bei 6,5 Jahren. Schridde schreibt, dass schwerwiegende Reparaturen vielfach bereits nach 3 Jahren auftreten. Eine der Ursachen: Die Trommeln von Waschmaschinen laufen in Bottichen, die heute zunehmend aus Plastik hergestellt werden. Was die Sache schlimm macht: Die Bottich­Halterungen am Maschinengehäuse sind oft viel zu dünn ausgelegt, so dass sie unter der schwingenden Belastung viel zu früh abreißen. Das Ergebnis: Die Waschmaschine landet dann unwiderruflich auf dem Müll.

Ein anderes Beispiel für Obsoleszenz sind aufladbare Akkus in elektrischen Zahnbürsten, Rasierapparaten oder MP3­Playern. Der Trick besteht darin, die Akkus fest in das Gehäuse einzuschweißen. Das macht es dem normalen Benutzer unmöglich, sie zu wechseln, wenn ihre Lebensdauer überschritten ist. Das Gerät ist dann trotz sonst noch voller Funktionsfähigkeit nur noch für den Müll gut. Der vielgepriesene Apple­Konzern hat auch auf diesem Gebiet Standards gesetzt. Nachdem Kunden in den USA wegen der eingeschweißten Akkus Klagen gegen Apple angestrengt hatten, ermöglichte der Konzern bei einzelnen Geräten einen Akku­Wechsel. Allerdings nicht durch den Kunden selbst. Sondern das Gerät muss eingesandt werden, damit eine firmeneigene Abteilung den Akkutausch vornimmt. Der Preis ist so hoch, dass der Neukauf eines Gerätes näher liegt.

Die Wegwerfstrategien der Unternehmen durchziehen mittlerweile sämtliche Lebensbereiche. Selbst Kugelschreiber werden heute immer öfter so ausgelegt, dass sie nicht mehr nachfüllbar sind. Wenn dies doch möglich sein sollte, gilt für viele Ersatzminen, dass sie meist nur noch in Spezialläden beschaff werden können. Jeder, der in einem Büro tätig ist, hinterlässt so eine Spur von verschrotteten Schreibgeräten. Ein anderes Beispiel sind Balkonblumen. Es werden heute vornehmlich nur einjährige Pflanzen gezüchtet, so dass sie möglichst jedes Jahr wieder gekauft werden müssen. So werden die Kunden ständig in Bewegung gehalten – und das Geld klingelt in den Kassen der Züchtungsunternehmen.

Ein Teil des auffällig schnellen Versagens vieler technischer Geräte resultiert sicher aus einer bewussten und boshaften Reduzierung ihrer Lebensdauer. Aber das ist es nicht allein. Die Hauptursache ist die Nichtanwendung moderner Ingenieurkunst. Es gibt kaum Bemühungen der Hersteller, die Lebensdauer ihrer Geräte zu verlängern. Sie sollen gerade so lange halten, wie die Garantiezeit währt. Danach sollen die Kunden neu kaufen. Es ist tatsächlich auffallend: Während beispielsweise der Energieverbrauch vieler Geräte durch den Einsatz efferenterer Technik oftmals verringert werden konnte, gilt dies nicht beim Ziel der Produktlebensdauer. Das Ergebnis dieser Nichtbemühungen zeigt sich beispielsweise in Statistiken über Haushaltsgroßgeräte, die aufgrund eines Defekts vorzeitig ausgetauscht werden müssen. Der Anteil stieg zwischen 2004 und 2012 von 3,5 % auf 8,3 %.


Wissenschaft im Dienste kapitalistischer Obsoleszenzinteressen


Auch die Hochschulen spiegeln die Interessen des Kapitals an einer Wegwerfproduktion wider. Nirgendwo in Deutschland gibt es im Bereich des Maschinenbaus Hochschulinstitute, die sich dem allgemeinen Ziel einer Verlängerung der Produktlebensdauer widmen. Auch in der Ingenieursausbildung taucht dieses Thema skandalöserweise nicht auf. Die Studierenden erfahren zwar, wie man Produkte automatisierungsgerecht auslegt, aber nicht wie sie langlebig gemacht werden können. Und Studierende der Betriebswirtschaft werden mit kapitalistischen Strategien indoktriniert, die einen Pseudonaturzyklus von Konsumgütern vorgeben. Er beschreibt, wie neue Produkte durch Innovationen auf den Markt gebracht werden und sie dann irgendwann „reifen“. Dies steht synonym für einen hohen Absatz. Schließlich treten sie in eine „Degenerationsphase“, sprich die potenziellen Kunden besitzen die Produkte und haben kein Interesse mehr an einem Neukauf.

Was eigentlich im positiven Sinn einem Rückgang des Ressourcenverbrauchs entspricht, ist den kapitalistischen Ideologen ein Dorn im Auge. Sie empfehlen Gegenstrategien, wie die Differenzierungen der Produkte oder das Einbringen von Innovationen. Wenn auch diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind und der Absatz den Herstellern nicht mehr reicht, folgt die „Elimination“ des Konsumartikels vom Markt. Mit einem anderen Produkt beginnt dann ein neuer Zyklus. Dass dieser Produktlebenszyklus eigentlich nur der verstetigten Profitmacherei dient und ökologisch zu schweren Schäden führt, wird im Studium nicht thematisiert.


Reparaturmöglichkeiten: Von Konzernen abgeschafft


Die Unternehmen haben angesichts der heute existierenden Kapitalüberproduktion ein natürliches Interesse daran, dass Konsumgüter immer wieder neu gekauft werden. Reparaturen würden das Geschäft dagegen stören. Tatsächlich ist es den Konzernen in den letzten drei Jahrzehnten gelungen, Reparaturen weitgehend abzuschaffen oder in unbedeutende Nischen abzudrängen. Dadurch konnte das vorzeitige Verschrotten von Produkten erheblich beschleunigt werden. Noch Anfang der 70er­Jahre gab es ein umfassendes Reparaturnetzwerk. So wurden defekte Fernseher noch wie selbstverständlich vom Radio­ und Fernsehtechniker abgeholt, repariert und nach wenigen Tagen zurückgebracht. Heute werden die Geräte auch bei eigentlich kleinen Defekten einfach weggeworfen. Auch für Schuhe gab es vor etwas über 4 Jahrzehnten noch einen florierenden Reparaturservice. Die Kunden standen vor den Theken der Schuster Schlange. All das ist heute nicht mehr vorstellbar.

Viele Unternehmen unterhalten zwar formal einen Reparaturservice. Aber die Kosten der Ersatzteile sind maßlos überteuert. So schrieb die Stiftung Warentest im September 2013 in ihrer Zeitschrift: „Ab 762 Euro ist die Bosch­Waschmaschine „WAS 28440“ im Internet erhältlich. Geht nach der Gewährleistung der Motor kaputt, bietet Bosch den Austausch zum Festpreis von 299 Euro an. Fallen mehrere Bauteile aus, können die Reparaturkosten den Gerätepreis übersteigen.“ [4] Derartige Beispiele lassen sich zuhauf finden. 2017 berichtete die Süddeutsche Zeitung über einen Kaffeevollautomaten, bei dem die Pumpe ausgefallen war. Die Stiftung Warentest gab an, dass das Ersatzbauteil beim Hersteller 182 Euro kostete. Ein sehr hoher Preis im Vergleich zum Automaten. Doch die Stiftung Warentest fand eine deutlich günstigere Lösung bei einem Online-Händler, der für ein passendes Ersatzbauteil nur 19 Euro berechnete. [5]

Häufig werden Ersatzteile auch dadurch bewusst verteuert, dass defekte Teile nicht einzeln gekauft werden können, sondern nur als ganze Baugruppe. So beschreibt Christian Kreiß den Fall einer Waschmaschine mit einem defekten Türgriff. [6] Einen Ersatzgriff gab es nur noch mit der gesamten Tür beim Hersteller zu kaufen, was sehr teuer war: Der Preis für den Türgriff separat hätte bei 8 Euro gelegen. Der Preis für den ausschließlich verfügbaren Griff mit angehängter Tür betrug dagegen stolze 110 Euro. Das Österreichische Normungsinstitut hat sich die Mühe gemacht, beispielhaft die Preispolitik eines einzelnen Waschmaschinenmodells zu untersuchen. Danach kosten die Einzelteile der Maschine zusammengerechnet viermal so viel wie die Waschmaschine als Ganzes. Und in der Vergleichsrechnung der Einzelteile ist noch nicht einmal die Zeit und der Aufwand für die Montage und die Teilebeschaffung enthalten. [7]

Potentielle Kunden mit einem defekten Gerät werden ob des horrenden Preises abgeschreckt. Sie kapitulieren und bestellen lieber gleich ein Neugerät. Das ist genau das, was die Konzerne eigentlich auch wünschen, denn so wird der Neukauf wieder angekurbelt. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ist das aber eine Katastrophe.

Ein anderes Problem besteht darin, dass Hersteller nur für einen begrenzten Zeitraum Reparaturteile vorrätig halten. Kunden, die darüber hinaus Ersatzteile benötigen, haben Pech gehabt und werden zum Neukauf eines Ersatzgerätes genötigt. Von dieser Politik sind auch unabhängige Reparaturwerkstätten betroffen. Ein derartiger Fall ging Ende 2017 durch die Medien. Der Inhaber eines Reparaturunternehmens mit langer Tradition in Reutlingen, Detlef Wangerow, klagte vor dem Bundeskartellamt gegen die Konzerne Samsung und Apple wegen Diskriminierung kleiner Werkstätten. Apple weigert sich beharrlich, Ersatzteile für seine Geräte an Einzelpersonen und freie Werkstätten zu liefern. Das Unternehmen antwortete auf eine Anfrage von Wangerow, dass es Ersatzteile nur mit einer Autorisierung gäbe. Und weiter: „Wir haben derzeit leider keinen weiteren Bedarf, neue Partner für den Service zu autorisieren.“ [8] Wangerow beklagte auch die Methoden des Samsung­Konzerns, der kleinen Reparaturunternehmen Knüppel zwischen die Beine wirft: „Nachdem Samsung in den letzten Monaten teilweise gar keine Ersatzteile an freie Werkstätten geliefert hat, verlangt er jetzt die Angabe der IMEI-Nummer, bevor ein Display bezogen werden kann.“ [9] Die IMEI-Nummer ist eine 15­stellige Zahl zur eindeutigen Identifizierung eines Smartphones.


Manipulative Modewechsel


Ein weiteres wichtiges Element, um die Produktion anzuheizen, ist der ständige Modewechsel, der in den letzten 30 Jahren eine Beschleunigung erlebt hat. Der Schrittmacher war dabei die Bekleidungsindustrie. Deutschland stellt für die internationale Mode- und Textilindustrie einen wichtigen Markt dar. 2013 wurden Textilien im Wert von 26,6 Mrd. € vornehmlich aus China, Bangladesch und der Türkei importiert. [10]

Obwohl deutsche Verbraucher heute viermal so viele Kleider in ihrem Schrank haben wie 1980 und im Schnitt 20 Teile nie getragen werden, gelingt es der Modeindustrie, die Konsumenten immer wieder zum Neukauf anzustacheln. [11] Um für neue Moden in den Schränken Platz zu schaffen, werden pro Jahr über eine Milliarde noch tragbare Kleidungsstücke von den „Verbrauchern“ weggeworfen. [12]

      
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Die Modeindustrie ist zwar von ihrem Umsatz deutlich kleiner als die Automobil­ oder die Chemiebranche. Aber sie ist aufgrund ihrer spezifischen Marktmacht in der Lage, gesellschaftliche Normen und Zwänge zu schaffen, denen sich viele Individuen unterwerfen. Dabei spielt die globalisierte Massenkommunikationsindustrie mit Berichten über Trends und Styles in Hochglanzmagazinen, Film, Fernsehen und Internet eine wichtige Rolle. Die Modeindustrie nutzt diese Situation aus, um den Absatz ihrer Produkte immer weiter voranzutreiben. Die Zeiten, in denen es eine Sommer­ und eine Wintermode gab, sind längst vorbei. Heute drücken die Modekonzerne innerhalb eines Jahres bis zu 12 Kollektionen in den Handel. Das Marketing unterscheidet dabei zwischen den Kategorien hochmodische, modische und saisonale Ware. Für die hochmodische Ware wird dabei nur eine Verweildauer am sog. „Point of Sale“ von maximal 6 Wochen angegeben, für die saisonale Ware 18 bis 22 Wochen. [13] Gleichzeitig hat es die Modeindustrie auch geschafft. ihren internen Durchlauf zeitlich zu straffen, was die Umschlagszeit des eingesetzten Kapitals verkürzt und so zu höheren Profiten beiträgt. Früher wurde ein Zeitraum von 60 bis 90 Tagen benötigt, um das Produkt in den Handel zu bringen. In den vergangenen Jahren konnte die Spanne auf 12 bis 15 Tage verkürzt werden. Das Problem an diesen Modezyklen ist, dass sie weit kürzer sind als die Lebensdauer der Textilien.

Die Frage stellt sich, warum es der Textilindustrie immer wieder gelingt, neue Modewellen zu erzeugen. Psychologen sprechen davon, dass Bekleidungsregeln als eine Symbolsprache genutzt werden, um soziale Beziehungen auszudrücken. Das gilt insbesondere in sozial sehr heterogenen Gemeinschaften. In der kapitalistischen Gesellschaft, die ständigen Umbrüchen unterworfen ist und deren ökonomische Konkurrenzmechanismen tief in die sozialen Beziehungen wirken, existiert ein großes Bedürfnis, durch ausgewählte Kleidungsstücke, Farben und Schnitte die Zugehörigkeit zu spezifischen gesellschaftlichen Gruppen zu signalisieren. Die Modeindustrie hat gelernt, dies gnadenlos zur Gewinnmaximierung auszunutzen. Für die sozialen Gruppen, die sich der Mode unterwerfen, bleibt aus ihrer beschränkten Sicht dann nichts anderes übrig, als die Kleidungsstücke vorzeitig auszurangieren – was natürlich der eigentliche Zweck der künstlich erzeugten Modewellen ist. Dafür müssen dann Näherinnen in Bangladesch oder Kambodscha unter schlimmsten Bedingungen und zu Minilöhnen arbeiten. Und die ökologische Bilanz von Baumwollstoffen fällt denkbar negativ aus. Die für Bekleidung weltweit verbrauchte Baumwolle wächst auf zwei Prozent der weltweiten Ackerfläche, verbraucht aber ein Viertel aller in der Landwirtschaft eingesetzten Insektengifte. [14]

Doch nicht nur Textilien sind immer neuen Modewellen unterworfen. Auch andere Branchen haben diese Methode kopiert. So wird mittlerweile das Design von ganzen Wohnungsinneneinrichtungen, Bädern, Kücheneinrichtungen oder Wohnzimmermöbeln ständig neu ausgerichtet. In den großen Möbelhäusern werden in dem einen Jahr nur Möbel mit matten Oberflächen angeboten und im nächsten Jahr sind alle auf Hochglanz lackiert. Schnell wächst da bei vielen Zeitgenossen der Wunsch, sich von vermeintlich veralteten Einrichtungen zu trennen. Das ist genau das was mit den Modewechseln beabsichtigt wird.


Dieser Artikel erschien in die internationale Nr. 4/2018 (Juli/August 2018). | Startseite | Impressum | Datenschutz


[1] Krausmann, F. et al.: Growth in global material use, GDP and population during the 20th century, Ecological Economics, 2009

[2] Entwicklung der energiebedingten Treibhausgasemissionen nach Quellgruppen, Umweltbundesamt, 2015

[3] Stefan Schridde: Murks? Nein Danke, oekom Verlag, München 2014

[4] zitiert nach Anm. 6

[5] Süddeutsche Zeitung, 30.3.2017

[6] Christian Kreiß: Geplanter Verschleiß, Europa Verlag, Wien Berlin München 2014

[7] s. Anm. 6

[8] VDI Nachrichten, 22.12.2017

[9] s. Anm. 8

[10] Gesamtverband Textil und Moden, https://www.textil-mode.de/

[11] C. Neugebauer; G. Schewe: Wirtschaftsmacht Modeindustrie – Alles bleibt anders. Aus: Politik und Zeitgeschehen, Bundeszentrale für politische Bildung, BpB.de, 23.12.2014

[12] Heike Holdinghausen: Dreimal anziehen, weg damit, Westend Verlag, Frankfurt/Main 2015

[13] Beate Wojaczek, Koordinationsorientiertes Logistik-Management in der Textilwirtschaft, Frankfurt/M. 1996

[14] s. Anm. 11