Bertil Videt
Alle FIN-Mitglieder sind aktiv in der RV und haben keine Ambitionen, eine andere Partei oder Organisation außerhalb der RV aufzubauen. Bjarke Friborg, Mitglied des FIN-Arbeitsausschusses, erläutert, dass das Hauptziel der FIN sei, eine Debatte über die Notwendigkeit einer neuen Internationalen zu beginnen und ganz allgemein einen antistalinistischen Marxismus zu stärken.
Auszüge aus der Plattform des FINWir meinen, dass die Vierte Internationale der reelle Ausgangspunkt für eine internationale Organisierung von Revolutionären ist. Es gibt eine Reihe anderer Strömungen, die sich auch international organisieren, aber in Wirklichkeit doch relativ unselbständige Ableger einer dominierenden Mutterpartei sind. Von all diesen Strömungen ist die Vierte Internationale die einzige, de sich als sammelnde und pluralistische Organisation auf erklärt marxistischer und revolutionärer Grundlage weiterentwickelt hat. Seit Mitte der 80er Jahre war dies eine immer bewusstere Linie und zugleich eine Kritik der Idee einer einheitlichen und zentralisierten Weltpartei mit dem Recht der Detailsteuerung der einzelnen Sektionen.In den 90er Jahren zeichnete sich die Vierte Internationale als einzige klare Strömung mit einer bewussten Strategie zur Unterstützung und Förderung von Strömungen für sozialistische Sammlungsparteien und zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen ihnen aus. Diese Arbeit geschah zusammen mit dem Versuch der Vierten Internationale, ihre eigene Plattform auszuweiten und den Leerraum nach dem Zusammenbruch des Stalinismus zu füllen. Die Vierte Internationale hat - wie die RV - lange daran gearbeitet, einen ökologischen und feministischen Marxismus zu entwickeln. Sie betrachtet die Frauenunterdrückung als eine besondere Form von Unterdrückung mit tiefen historischen Wurzeln, die nicht automatisch zusammen mit dem Kapitalismus abgeschafft wird. [ ] Wir meinen, dass neue Antworten am besten gefunden werden können, wenn Gruppen und Initiativen durch politische Praxis, soziale Kämpfe und theoretische Auseinandersetzung lernen und diskutieren. Mit anderen Worten arbeiten wir für eine revolutionäre Umgruppierung, statt für den Versuch, einen festen Kern aus einem bereits fertig zusammengenagelten Programm heraus aufzubauen. Neue Antworten müssen langfristig durch den Aufbau einer glaubwürdigen Alternative gefunden werden und nicht durch Entlarven oder Niederkämpfen von Gegnern. [ ] Beim Arbeiten für eine größere Umgruppierung wäre es eine sinnlose Strategie, seine eigene Plattform zu verwässern, nur um sich anderen Kreisen zu nähern. Sammlung und Klärung müssen auf revolutionärer und demokratischer Grundlage Hand in Hand gehen. Es schafft keinen Enthusiasmus, Differenzen der Vergangenheit zuzudecken oder ständig Kompromisse zu suchen, um eine brüchige Einheit aufrecht zu erhalten. Respekt für andere Gesichtspunkte dient vor allem dazu, einen sicheren Raum für Debatten zu schaffen, in dem es möglich ist, offen um politische Inhalte zu kämpfen. In diesem Zusammenhang nehmen wir vor allem deutliche gegen Teile des "orthodoxen Trotzkismus" Stellung, der die Vierte Internationale traditionell dominiert hat. Insgesamt möchten wir einen Beitrag zur kritischen Bearbeitung der Traditionen der Vierten Internationale leisten, bei dem Beiträge und Kritiken anderer Traditionen auf sachliche und offene Weise beurteilt werden. Konkret gilt dies vor allem ihrer alten Theorie, die die staatsbürokratischen Staaten als "degenerierte Arbeiterstaaten" bezeichnet. Eine Sichtweise, die unserer Meinung nach viel zur Unklarheit in den Fragen der Arbeitermacht und der Bedeutung von Demokratie (Mehrparteiensystem und Tendenz- und Fraktionsfreiheit in den revolutionären Parteien) beigetragen hat, die entscheidend für eine sozialistische Revolution sind. Die Vierte Internationale hat die Abschaffung des privaten Eigentumsrechts als ausreichendes Kriterium gesehen, um eine Regime als "Arbeiterstaat" zu bezeichnen, selbst wenn die Arbeiterklasse während der Revolution am Rande stand und niemals eine selbstständige Machtposition innerhalb des neuen Staatsapparats bekam. Damit wurde der Klassencharakter der neuen bürokratischen Staaten wie beispielsweise China, Jugoslawien oder Kuba falsch eingeschätzt. Keines dieser Länder war jemals ein Arbeiterstaat und erst recht kein sozialistischer Staat, wie andere Richtungen meinten. Sie haben sich auf unterschiedliche Weisen und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit zu unterdrückenden Diktaturen entwickelt, die sich gegen unabhängige Gewerkschaften und wirkliche Arbeitermacht stemmten. |
Von den innenpolitischen Fragen ist dem FIN vor allem die Diskussion über den Militärhaushalt wichtig. Bjarke Friborg sagt, dass die RV seit 1979 immer für den Militärhaushalt gestimmt habe. Die von der maoistischen AKP dominierte RV hatte die Analyse, von der Sowjetunion ginge eine reelle Bedrohung für Norwegen aus und die Invasion in Afghanistan sei ein Versuchsballon für einen Angriff auf den nordischen Nachbarn gewesen. Deshalb trat die RV für eine starke, defensive, norwegische Landesverteidigung ein, was nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion etwas gedämpft, aber doch nie völlig verworfen wurde. Ergebnis war, dass man - trotz der klaren Verurteilung des Krieges der NATO und damit Norwegens gegen Jugoslawien im letzten Jahr - sehr unklare Ansichten über das Militär hatte. Der FIN meint, dass die RV offensiv gegen die Militarisierung und auch gegen den Militärhaushalt auftreten sollte. In einem imperialistischen Land gibt es keine "progressive Hauptseite" beim Militär.
Der FIN arbeitet also als eine Fraktion, die die RV in einer internationalistische Richtung ziehen und damit die internationale Zusammenarbeit mit den RV-Schwesterparteien im übrigen Europa - also ähnlichen Bündnisparteien wie Enhedslisten oder Rifondazione - beeinflussen will. Einige der FIN-Mitglieder waren früher in der Arbeidermaktgruppa (AMG), der "alten" Plattform für Anhänger der Vierten Internationale in Norwegen, andere im Revolusjonært Forbund in Bergen. Einige sind auch früher Mitglieder der Gruppe "Internasjonale Sosialister". Bei der Gründung hatte der FIN gut zwanzig Mitglieder, die sich zunächst auf die Herausgabe einer Reihe von Heften von mehr theoretischem Charakter konzentrieren wollen.
Aus: Socialistisk Information Nr. 141 (April 2000)
Übersetzung: Björn Mertens