USA

54 Tage Streik bei General Motors

Vom 5. Juni bis zum 29. Juli wurden zwei Werke des US-amerikanischen Automobilkonzerns General Motors in der Stadt Flint im Bundesstaat Michigan bestreikt.
Der Arbeitskampf endete mit einem Abkommen, das die zentralen Streitpunkte ungelöst lässt (siehe dazu Kasten). Inprekorr bringt einen Bericht über den Streik, der vor dem Ende des Kampfes verfasst wurde, weil dieser Kampf ein wichtiges Beispiel für die Gegenwehr der ArbeiterInnen angesichts von "Verschlankung" und "Outsourcing" ist, mit denen nicht nur General Motors im weltweiten Konkurrenzkampf gewinnen will.

Dianne Feeley

Mehr als 3400 ArbeiterInnen der Michigan Metal Fabricating Facility in Flint, einem Karosseriewerk von General Motors (GM), traten am 5. Juni in den Streik. Die Bezirksgruppe 659 der United Auto Workers (UAW - Vereinigte Automobilarbeiter, größte Autogewerkschaft der USA) stimmte im Januar für einen Streik wegen Gesundheits- und Sicherheitsfragen. Die Bundeszentrale der Gewerkschaft billigte die Streikaktion allerdings erst, nachdem das Management neue Blechformer, die für Teile des für 1999 geplanten Pickup-Lastfahrzeugs von GM benötigt werden, aus der Fabrik abtransportieren ließ. Die Former ließ man heimlich während eines traditionellen dreitägigen Feiertagswochenendes verschwinden und zum GM-Werk in Mansfield in Ohio bringen. Mindestens einer der Blechstempel wurde während des Transports zerstört.

Im letzten Jahr hatten GewerkschafterInnen der Canadian Auto Workers (CAW) das GM-Werk in Oshawa in Ontario besetzt, als sie mit einem ähnlichen Problem konfrontiert waren. Sie demontierten und versteckten die Blechformer, bevor sie die Verhandlungen mit der Geschäftsleitung aufnahmen. Aber in Flint unternahmen weder die lokalen noch die regionalen GewerkschaftsvertreterInnen vorbeugende Maßnahmen. Jedoch zwei Tage vor dem Streik, als das Management versuchte Regale mit Metallteilen abzutransportieren, blockierten 300 ArbeiterInnen, darunter auch Beschäftigte aus benachbarten Fabriken, die beladenen LKWs. Später wurden die Regale mit der Eisenbahn fortgeschafft.

Sobald die Blechformer nach Mansfield gebracht worden waren, kontaktierte der dortige Gewerkschaftsbezirk die Bezirksgruppe 659. Aber er löste keinen Sympathiestreik aus, weil dies nach dem Vertrag zwischen GM und der UAW nicht erlaubt ist. Die Bundesführung der UAW hätte ihn ermächtigen können, wegen fortdauernder Verletzungen von Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften in den Streik zu treten, um das Werk in Ohio lahmzulegen, aber dies geschah auch nicht.

Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit bei GM machte Überstunden, um die ArbeiterInnen in dem Karosseriewerk als unvernünftig und unproduktiv darzustellen. In vielen Fabriken ist es eine lange Tradition, dass den Produktionsgruppen ein tägliches Produktionssoll (Quote) zugewiesen wird. Sie, es sind keine FließbandarbeiterInnen, haben dann die Freiheit, das Soll so zu schaffen, wie sie möchten. Einige bevorzugen ein furioses Arbeitstempo, um frühzeitig fertig zu werden, während andere erst zum Schichtende das Soll erfüllt haben. Solange die Produktionsgruppen die Vorgaben einhalten, gilt die Arbeit als zufrieden stellend erledigt. Aber im "schlanken" System der heutigen Fabrik, fordern die Vorarbeiter eine kontinuierliche Produktion. Die ArbeiterInnen der einen Schicht sollen mit denen der anderen konkurrieren und alle werden angestachelt, das Ergebnis von gestern zu übertreffen. Diese Verdichtung des Arbeitstages und die Versuche der ArbeiterInnen das Vorgabesystem zu erhalten, sind einer der Hintergründe des Kampfes im Karosseriewerk.

ZWEITE STREIKFRONT

Am 11. Juni traten 5800 Mitglieder der UAW-Bezirksgruppe 651 in den Streik, die auf der anderen Seite der Stadt bei Delphi East arbeiten, einer größeren GM-Fabrik für Zubehörteile, die Ölpumpen, Tachometer und andere Kleinteile herstellt.

Ende Juni wurden 26 von 29 GM-Montagewerken in Nordamerika sowie über 100 Zubehörfabriken, einschließlich unabhängiger Zulieferer, die für GM produzieren, geschlossen. Ungefähr 150.000 ArbeiterInnen wurden nach Hause geschickt, obwohl nur 9300 streikten. Dass dieser relativ kleine Streik solch einen Dominoeffekt auf das gesamte GM-Gefüge in Nordamerika ausübt, ist ein Ergebnis der "just-in-time-Produktion", die Lagerhaltung auf ein Minimum reduziert. Die Stilllegungen kosteten GM jeden Tag 75 Millionen Dollar an verlorenen Profiten.

Die zwei Streiks in Flint, dem Ort des Sitzstreiks von 1937, der zur Gründung der UAW führte, richteten sich gegen Arbeitsbedingungen, Gesundheits- und Sicherheitspraktiken sowie die Arbeitsplatzunsicherheit infolge von Produktionsauslagerungen und Vertragsarbeit. Das sind nicht nur lokale Fragen, sondern betreffen die Umstrukturierung des Arbeitsprozesses zum Ende des 20. Jahrhunderts. GM zog seine Zusicherung zurück, 300 Millionen Dollar in das Karosseriewerk zu investieren, mit der Behauptung, die Gewerkschaft würde sich der Änderung der Arbeitsabläufe zur Steigerung der Produktivität widersetzen (was Erhöhung des Arbeitstempos und der Verringerung des Personals bedeuten würde).

Die Streikposten der Bezirksgruppe 659 meinten, GM "vergleiche bei den Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung Äpfel mit Birnen". Sie erklärten, dass ihre Fabrik größere Teile produziere, Motorhauben, Kotflügel und Motorbetten für Kleinlastwagen, während die anderen Karosseriewerke erheblich kleinere Teile herstellten. Sie verwiesen auf die zahlreichen Zugeständnisse, die sie in den letzten zehn Jahren gegenüber dem Management gemacht hätten und unterstrichen, dass all dies nicht zu Arbeitsplatzsicherheit, sondern zu immer neuen Forderungen von GM geführt hätte. Ein Streikender sagte, "nach zehn Jahren 'Kooperation' hat das Unternehmen entschieden, dass wir immer noch nicht genug gegeben hätten, und es sich deshalb berechtigt fühlte, Verträge und schriftliche Versprechen zu brechen, für die wir fast zwei Jahre verhandelt hatten".

GENERAL-MOTORS-LAND

Der satirische Film "Roger and Me" (läuft auch heute noch regelmäßig in deutschen Programmkinos und im Fernsehen, d.Ü.) von Michael Moore aus dem Jahr 1989 dokumentiert die Fabrikstilllegungen, die während der 80er Jahre die Stadt Flint zerstört haben. Aber trotz der fast 50.000 in den letzten zwanzig Jahren wegrationalisierten Arbeitsplätze ist Flint heute immer noch die Heimat von 33.000 GM-Beschäftigten und bleibt weiterhin die größte Ansammlung von GM-ArbeiterInnen in der Welt. 65 Prozent der örtlichen Wirtschaft hängen von GM ab und die angekündigten Fabrikschließungen und Entlassungen könnten dies innerhalb von fünf Jahren auf 35 Prozent reduzieren.

Die Streikenden in Flint spürten, dass sie jetzt hart bleiben mussten, bevor die Jobs verloren gegangen sind. Sie beklagten sich, dass die Gewerkschaft in der Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung zu weit gegangen sei und dass das Management dem ausgehandelten Ergebnis nicht gerecht geworden ist.

Es sind nicht mehr die 70er oder 80er Jahre, in denen die US-Wirtschaft einen Abschwung erlebte. Stattdessen verfügt GM über mehr Geld als Wissen, was damit anzustellen ist. Trotzdem fordert der Konzern heute weitere Entlassungen und Produktionsauslagerungen. Als Antwort gab es eine Streikwelle. 1996 bis 1997 verlor GM 1,5 Milliarden Dollar in neun Streiks, von denen die meisten um Forderungen nach Neueinstellungen gingen.

Letztes Jahr gab GM zu aller Überraschung bekannt, dass das Buick City Montagewerk in Flint 1999 nach Abschluss der Produktion des laufenden Modells geschlossen würde. Dies offenbarte den GM-ArbeiterInnen, dass es keine Beziehung zwischen Qualität und Produktivität einerseits und der Arbeitsplatzsicherheit andererseits gibt. Das Modell LeSabre aus Buick City hat zahlreiche Qualitäts-Auszeichnungen für das bestverarbeitete inländische Fahrzeug und als eines der bestverarbeiteten in der Welt erhalten. Gleichzeitig ist Buick City das zweitproduktivste Montagewerk von GM.

Parallel zur Ankündigung der Werksschließung von Buick City bestätigte der Konzern die Stilllegung der Chevrolet-V-8-Motorenfabrik in Flint. In den zwei Fabriken war ein Abbau von mehr als 5.000 Arbeitsplätzen vorgesehen. GM versprach zwar den Bau eines neuen Motorenwerks irgendwo in der Region um Flint, aber dort werden nur 800 Arbeitskräfte beschäftigt. Letztlich versprachen die Stadt- und Bundesstaatsregierung ein Paket an Steuernachlässen, das jeden Arbeitsplatz bei GM mit 153.000 Dollar subventionierte. Wobei sich GM bereits Steuerermäßigungen von zwei Milliarden Dollar aus den Gemeinden in der Flint-Region erfreut.

GM behauptete, dass die Arbeitsplätze abgebaut und die Arbeitsabläufe geändert werden müssten sowie die Möglichkeit gegeben sein muss, Arbeit an Zulieferer von außen auszulagern. Die Investitionen in vielen US-Fabriken von GM wurden verzögert und von den Gewerkschaften gefordert, die Bündelung von Arbeitsklassifikationen zuzulassen. Letzteres bedeutet, dass jeder Arbeiter in der Lage sein muss, verschiedene Tätigkeiten zu verrichten, wo immer und wann immer es nötig ist. Diese "flexiblere" und schlanke Belegschaft steht ebenso unter dem Druck, verstärkt Mehrarbeit zu leisten.

GM ist auch dabei, einige seiner Zubehörfabriken zu verkaufen. Der zweite in Flint bestreikte Betrieb ist Teil der Delphi-Abteilung von GM, dem weltgrößten Produzenten von Autozubehör mit einem Umsatz von 27,8 Milliarden Dollar 1997. Delphi ist gerade in einem Fusionsprozeß mit einer anderen GM-Abteilung, Delco-Electronics. Delphi-Delco wird intelligente Systeme für elektronische Motorsteuerung entwickeln sowie Steuer- und Bremssysteme. Das sind hochtechnologische, computergesteuerte und höchst profitable Produktionslinien. Alle Teile von Delphi, die diesen Kriterien nicht mehr entsprechen, sollen verkauft oder stillgelegt werden.

Die Trennung von vielen Zubehörwerken soll es GM ermöglichen, die Teile zukünftig von Betrieben einzukaufen, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Nur zehn Prozent der US-amerikanischen ArbeiterInnen in der Autoteile-Zuliefererindustrie sind gewerkschaftlich organisiert. Sie verdienen weniger als 70 Prozent von dem 20-Dollar-Stundenlohn der in der UAW organisierten ArbeiterInnen und genießen beachtlich weniger zusätzliche Leistungen. Zusätzlich haben die meisten UAW-ArbeiterInnen lokale Verträge, die regeln, wie viele Stunden maximal am Tag und an wie vielen Samstagen gearbeitet werden muss. In nicht gewerkschaftlich organisierten Fabriken ist die Spanne an flexibel zu arbeitenden Stunden größer, obwohl selbst die in der UAW organisierten Beschäftigten gezwungen sind, bis zu fünfzig Stunden in der Woche und mehr zu arbeiten.

In Brasilien hat GM Zulieferer von außen dazu genutzt, verschiedene Komponenten für neue Autos vor der Auslieferung vorzumontieren - nach dem Vorbild der japanischen Produktionsverfahren. Zum Beispiel schickten die Zulieferer teilweise vormontierte Armaturenbretter anstatt Tachometer, Benzinuhren, Radios und Handschuhfächer. Dies verringerte den Umfang der Lagerfläche in den Montagefabriken und reduzierte die Anzahl der MontagearbeiterInnen. An der Wall Street wird dies "Effizienz" genannt.

STRUKTURELLE PROBLEME BEI GM

Nach Beginn des Streiks berichtete die New York Times, dass GM und die UAW im Stillen darüber gesprochen hätten, in den Vereinigten Staaten eine Fabrik nach dem Muster der brasilianischen Werke zu bauen. Diese Anlagen sind Form eines L oder T gebaut, um die große Anzahl an Laderampen unterzubringen, die zur Bedienung der vielen Fremd-Zulieferer benötigt werden.

1997 erzielte GM einen Profit von 6,7 Milliarden Dollar. In den letzten beiden Jahren bezahlte es mehr als 22 Millionen Dollar an die Spitzenmanager plus noch einmal 35 Millionen Dollar in Form von Vorzugsaktien. Jack Smith, der Vorstandsvorsitzende, Präsident und oberste Manager von GM, erhielt 1997 eine Gehaltserhöhung um 26 Prozent: von 3,4 Millionen auf 4,3 Millionen Dollar, gemischt als Gehaltszahlung und Bonusaktien. Aber mit den Maßstäben der Wall Street bewertet, liegt die Profitrate von GM bei schlappen drei Prozent und sein Marktanteil ist von den 50 Prozent der siebziger Jahre auf 32 Prozent geschrumpft. Im Vergleich zu Ford ist GM weniger "effizient". Und obwohl in den letzten zwölf Jahren die Belegschaft um 212.000 zurückgestutzt wurde, hat GM laut Wall Street immer noch "zu viele ArbeiterInnen und Fabriken".

Deshalb ermutigten die Börsianer GM, bei den Verhandlungen mit der UAW hart zu bleiben. In der ersten Streikwoche wurden zwei interne GM-Protokolle der Presse zugespielt, offensichtlich um das Vertrauen in die Gewerkschaft zu untergraben. Sie enthüllten die Pläne von GM, den Ausstoß an in Mexiko montierten Autos in den nächsten vier Jahren zu verdoppeln und das Montagewerk in Lordstown, Ohio, mit 6300 ArbeiterInnen im Jahr 2003 zu schließen.

Dennoch sind die Streikenden zuversichtlich. Obwohl die UAW nicht zu organisierten Unterstützungskundgebungen und massenhaften Streikposten aufgerufen hat, kamen Abordnungen von AutoarbeiterInnen aus verschiedenen Bezirksgruppen ebenso wie andere GewerkschafterInnen zusammen, um bei den Streikposten zu helfen. Und die Zahl der Autos und Lastwagen, die hupend ihre Unterstützung der Streikenden bezeugten, beweist, dass Flint den Arbeitskampf mitträgt - auch wenn der Bürgermeister der Stadt dies nicht tut.

Am Ende des ersten Quartals 1998 hockte GM auf einem 13,6 Milliarden Dollar Geldberg. Trotz all dieses Geldes kann es sich GM dennoch nicht leisten, den Verkaufsstart 1999 vom Chevrolet Silverado und des Großraum-Pritschenwagens GMC Sierra zu verzögern. Die Kleintransporter machen 15 Prozent des Umsatzes von GM in Nordamerika aus und jedes dieser Pickup-Fahrzeuge bringt einen Reingewinn von 7000 Dollar. Ein schneller Verkaufsstart ist nötig, um Ford zu überholen und den ersten Platz bei den Marktanteilen zurückzugewinnen.

Seit Jahresanfang arbeiten GM und seine Zulieferer daran, alle Fehler bei der Umstellung auf die neuen Modelle auszumerzen. Das bedeutet, dass die Kleintransporterfabrik in Oshawa, Ontario ab Anfang November auf Hochtouren laufen muss - ungefähr sechzig Fahrzeuge pro Stunde. Die Werke in Pontiac, Michigan und Fort Wayne, Indiana folgen kurz darauf. Die Lahmlegung der nordamerikanischen Produktion von GM würde das stören, was die Business Week beschreibt als "Eine Produkteinführung, die zu versieben sich GM nicht leisten kann".

DIE MACHT DER STREIKENDEN

Die UAW-Streikenden sollten in einer Position maximaler Stärke sein. Wenn die Gewerkschaft ihre Position nicht bereits mit den "Partnerschafts"-Projekten mit GM, Ford und Chrysler untergraben hat. Business Week fragt, warum GM und die UAW nicht die gleiche Art Abkommen ausarbeiten wie es Ford mit der Gewerkschaft getan hat. Laut Business Week trifft der Vorsitzende von Ford, Alexander T. Trotman jeden zweiten Monat mit dem UAW Vizepräsidenten zum Frühstück zusammen und deshalb gibt es "keine unangenehmen Überraschungen". Als Ford letztes Jahr seine Thunderbird-Fabrik in Ohio geschlossen und 2.500 ArbeiterInnen entlassen hatte, gab es keinen Protest durch die UAW. Stattdessen handelte die Gewerkschaft einen Bonus von 45.000 Dollar für diejenigen ArbeiterInnen aus, die in eine Transporter-Fabrik in Kentucky umgesetzt werden sollten.

Ein Großteil des Arbeitsplatzabbaus bei Ford und Chrysler fand in den 80er Jahren statt und als Ergebnis davon konnte Ford GM in der Produktivität übertreffen: 33,3 Fahrzeuge pro gewerblicher Arbeitskraft gegenüber 27,3 bei GM. Es ist auch wahr, dass die UAW-Abteilung bei GM nicht die gleiche enge und tiefgehende Beziehung zum Unternehmen hat wie die Ford-Gewerkschaft. Aber es wäre töricht zu glauben, dass der "Arbeitsfrieden" erreicht wurde, gerade weil die Ford- und Chrysler-ArbeiterInnen nicht in den Streik getreten sind.

Es ist klar, dass der Kampf gegen den Arbeitsplatzabbau bei GM in einer Zeit stattfindet, wo es auf dem Arbeitsmarkt eng ist und in der das Unternehmen horrende Gehälter an das Management zahlt und diejenigen, die arbeiten, mit Billiglöhnen abspeist. Es ist eine explosive Situation, die sich in den Industrie-Analysen der Börse zeigt, die von der Notwendigkeit eines Arbeitsplatzabbaus von 30.000 bei GM sprechen. Der Rat, den die Börse allerdings erteilt, ist, dass GM sein Ziel nur erreichen wird, wenn ein neuer mehr kooperativer Pakt mit der Gewerkschaft ausgehandelt wird.

Für die GM-ArbeiterInnen sieht die Antwort ziemlich anders aus. Sie beinhaltet die Ablehnung der sozialpartnerschaftlichen Absprachen mit den Konzernleitungen und den Kampf gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und gegen die Ausdehnung der Mehrarbeit. Es ist auch die Ausarbeitung einer Strategie erforderlich, wie der unorganisierte Zubehör-Bereich gewerkschaftlich organisiert werden kann. Und das bedeutet auch, enge Verbindungen zur CAW in Kanada und zu den kämpfenden unabhängigen Gewerkschaften in Mexiko aufzunehmen, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Gewerkschaftsfunktionäre die militante Töne anschlagen um dann doch im Schoß der Bosse zu enden, müssen abgelöst werden.

Eine Beendigung der Streiks in Flint wird offensichtlich nicht alle Probleme lösen, die durch den Streik offenkundig wurden. Aber ebenso wie im Fall des Streiks bei United Parcel Service können die Menschen überall im Land sehen, dass eine vielfältige Gruppe von arbeitenden Menschen im Streik ist: Afro-Amerikaner, Latinos und Weiße, Männer wie Frauen. Die Streikenden erläuterten ihre Anliegen den Reportern offenkundig kenntnisreich bezüglich der Probleme mit ihren Jobs und bereit gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen. Einige von ihnen sind die dritte Generation Autoarbeiter mit Gespür davon, wie die Gewerkschaft in Flint gegründet wurde. Sie sprachen von der Gier des Konzerns. Sie formulierten noch keine Forderungen nach kürzerer Wochenarbeitszeit und gegen Lohnverluste. Stattdessen betonten sie, dass sie gute Arbeitsplätze für ihre Kindern sichern wollten.


Dianne Feeley ist Mitglied von Solidarity.

Aus: International Viewpoint Nr. 302
Übersetzung und Bearbeitung: Thies Gleiss

Dieser Artikel erscheint in Inprekorr Nr. 323.