Karikaturenstreit

Meinungsfreiheit gilt für alle

Die Mohammed-Karikaturen der Jyllandsposten haben eine Diskussion innerhalb und außerhalb der Enhedslisten ausgelöst. Die Enhedslisten erkennt das Recht der Jyllandsposten, diese Zeichnungen im Namen der Meinungsfreiheit zu bringen, voll an, wie wir auch das Rechts jeden Moslems anerkennen, dagegen mit friedlichen Mitteln wie Leserbriefen, Demonstrationen und Gerichten zu protestieren. So ist die Demokratie!

Jyllandsposten beruft sich darauf, die Meinungsfreiheit zu verteidigen, indem sie diese Zeichnungen druckt. Doch ist es beschämend, dass gerade Jyllandsposten nicht dieselbe Sorge um die Meinungsfreiheit hat, wenn es um die Monopolisierung von Medien durch Murdoch oder Berlusconi geht. Diese Tatsache weckt berechtigte Zweifel, wieweit die Motive der Jyllandsposten mit den Zeichnungen in Wahrheit eine Provokation um der Provokation willen oder ein bewusster Schritt zur Unterstützung der antimoslemischen Rechten waren? Die Existenz von Bedrohungen der Meinungsfreiheit durch politische Islamisten ist uns bekannt, und wir sind uns deren Ernstes bewusst. Die Enhedslisten betrachtet politische Islamisten wie jede andere Rechtsströmung, zu der mehr oder weniger extreme Gruppierungen gehören, und wir bekämpfen sie zu jeder Zeit.

Deshalb unterstützen wir den Kampf progressiver oder säkularer ethnischer Minderheiten gegen die politischen Islamisten, und wir wünschen einen wirklichen Dialog zwischen den religiösen und den säkularen Mitgliedern unserer Gesellschaft, der in scharfem Widerspruch zu der übertriebenen Verallgemeinerung und Hetze gegen Moslems steht, für die die Rechte einschließlich Jyllandsposten steht.

Die Enhedslisten meint, dass man politische Islamisten am besten durch Integration und Dialog mit moslemischen Gruppen bekämpft, und durch Distanzierung von fanatischen Standpunkten wie Hizb ut-Tahrir. Eine ordentliche Integration gestützt auf menschlichen Respekt, Arbeit für alle und internationale Solidarität unter Anderem mit dem palästinensischen Volk wir den extremen politischen Islamisten einen wesentlichen Teil ihrer Rekrutierungsgrundlage entziehen.

Deshalb distanziert sich die Enhedslisten auch scharf von der asozialen und diskriminierenden Ausländerpolitik der Dänischen Volkspartei und der Regierung und nicht zuletzt von Jyllandspostens konsequenter Unterstützung dieser Politik. Wenn Jyllandsposten wirklich eine Auseinandersetzung mit dem extremen politischen Islamismus im Interesse der Meinungsfreiheit weil, dann verlangt das einen Bruch mit dieser redaktionellen Linie.

Als Organisation der Linken ist Enhedslisten eine starke Verteidigerin der Meinungsfreiheit. Wir bekämpfen Medienmonopolisierung und durch Terrorgesetze begründete Beschränkungen der Meinungsfreiheit; ebenso bekämpfen wir religiös und/oder politisch motivierte Gewalt oder Drohungen, die zu Selbstzensur und Furcht führen können.

Unser vorderstes Ziel ist, durch den Sozialismus die einzelnen Individuen von diversen unterdrückenden Strukturen wie Kapitalismus, Krieg, Rassismus und auch Religion zu befreien. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass wir die Religionsausübung verhindern wollen. Im Gegenteil unterstützen wir die Religionsfreiheit und das Recht, seine Religion auszuüben, ohne verhöhnt oder missachtet zu werden, wie dies im Rassismusparagrafen festgeschrieben ist, den die Enhedslisten erhalten will. Die Grenze der Meinungsfreiheit verläuft dort, wo die Verhöhnung oder Missachtung bestimmter Personen und/oder Personengruppen beginnt.

Wenn wir die Religionsfreiheit unterstützen, so gilt dies auch für die Freiheit von Religion. Deshalb muss die Religion eine Frage für den Einzelnen um sein individuelles Verhältnis zu seinem Gott und keine Gesellschaftsinstitution von einer bestimmten Religion aus sein. Säkularisierung ist die Trennung von Religion und Politik! Deshalb unterstützen wir auch die Aufhebung des Gotteslästerungsparagrafen, damit man religiöse Personen und Schriften frei diskutieren, kritisieren und veräppeln kann, ohne dass der Staat das verbietet, auch unabhängig davon, dass dies auf einige provozierend wirken kann, wie das bei den Mohammed-Zeichnungen der Jyllandsposten der Fall war.

Die Enhedslisten ist dagegen, Religionen und im Besonderen religiösen Führern Sonderrechte zu geben, die Menschen mit anderen Lebensanschauungen in der Gesellschaft nicht haben. Die Enhedslisten hat nur Verachtung übrig für die Einmischung reaktionärer ausländischer Regierungen in die Diskussion. Keine der Regierungen, die gegen die Zeichnungen der Jyllandsposten protestierte, ist besonders bekannt für die Unterstützung der Meinungsfreiheit oder den Schutz ihrer ethnischen und religiösen Minderheiten, aber bekannt und gefürchtet für das Gegenteil.

Für die Enhedslisten sind der Kampf gegen Diskriminierung und die Verteidigung der Meinungsfreiheit zwei Seiten derselben Sache. Deshalb verurteilt die Enhedslisten auch aufs Schärfste die Morddrohungen einer reaktionären islamischen Jugendbewegung gegen die Zeichner.

Beschlossen vom Hauptvorstand der Enhedslisten am 3. Dezember
Aus: http://www.enhedslisten.dk/nyhed.asp?nyhed=9202
Übers.: Björn Mertens
Enhedslisten (Einheitsliste) ist ein Zusammenschluss dreier linkssozialistischer Parteien in Dänemark. Mit 3,4% bei den letzten Wahlen stellt sie sechs Abgeordnete im Folketing (Parlament).



Dieser Artikel erschien in der Online-Ausgabe von Inprekorr.