EUSKADI (BASKENLAND)

Am Scheideweg - Eine andauernde Krise der nationalistischen Führung

Die gesamtspanischen Wahlen von März 2000 ergaben für das Baskenland eine bemerkenswerte Verlagerung der Stimmen zur zentralstaatlichen Rechten. Der folgende Artikel analysiert die Perspektiven der nationalistischen Linken im Baskenland vor dem Hintergrund der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes durch die ETA und der Krise des Abkommens von Lizarra.

José Ramón Castaños "Troglo"

Die Wahlen im spanischen Staat von März 2000 ergeben ein völlig konträres Bild der baskischen Gesellschaft zu jenem nach den Wahlen im Baskenland und in Navarra 1998 und 1999. Während damals die baskischen Parteien gegenüber den "Spanientreuen" zulegten, ist bei den Wahlen von März 2000 das Verhältnis ins Gegenteil gekippt. Um sich ein Bild von den dahinter stehenden Tendenzen zu machen, müssen die Ergebnisse der verschiedenen Wahlen zueinander in Verbindung gebracht werden.

Dieser Vergleich macht Verschiedenes sichtbar: Erstens wählt die baskische Wählerschaft sehr unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um einen lokalen, nationalen (d.h. Baskenland oder Navarra) oder staatlichen (Spanien) Rahmen handelt. Zudem können die Mehrheiten von einer Abstimmung zur anderen sehr unterschiedlich ausfallen. Zweitens ist festzustellen, dass abgesehen von leichten Schwankungen eine Bruchlinie zwischen zwei sich gegenüber stehenden politischen Blöcken besteht, die die baskische Gesellschaft spalten: die baskischen SouveränitätsanhängerInnen auf der einen und die spanischen KonstitutionalistInnen auf der anderen Seite. Wenn man andererseits die Ergebnisse der Wahlen in den Autonomieregionen Baskenland und Navarra (mit umgekehrten Mehrheitsverhältnissen) miteinander vergleicht, lässt sich ermessen, wie schwierig es ist, eine einheitliche politische Macht in den beiden Gebieten zustande zu bringen, es sei denn, zwischen beiden entsteht ein Bündnis gegenseitiger Interessen.

Was die Wahlen für den spanischen Staat von März 2000 betrifft, können die Ergebnisse im Baskenland wie folgt zusammengefasst werden: Die PP bzw. UPN legt zu. Die PSOE verliert weiter an Stimmen. Die Führung innerhalb des "spanientreuen" Lagers geht von der sozialdemokratischen Linken auf die postfranquistische Rechte über. Izquierda Unida ist als Wahlfaktor im Baskenland von der Bildfläche verschwunden. Die Politik der Stimmenthaltung der nationalistischen Linken hat kläglich Schiffbruch erlitten, weil sie der "spanientreuen" Rechten zur Wahlmehrheit verholfen hat. Diese politische Option wurde von der Gesellschaft kaum aufgegriffen und selbst in der eigenen Wählerschaft nur von 7 Prozent befolgt. Die PNV verzeichnet einen Wählerzuwachs und kann angesichts der zahlreichen Stimmen, die sie aus dem Lager der nationalistischen Linken gewonnen hat, ihren politischen Führungsanspruch im Rahmen des Abkommens von Lizarra bekräftigen.

Ist es tatsächlich zu einem tiefgreifenden Wandel gekommen, wie die Wahlresultate anzudeuten scheinen? Das aufsehenerregende Wahlergebnis hat zahlreiche KommentatorInnen zu sehr oberflächlichen Stellungnahmen bewogen. Will man die Komplexität des baskischen Labyrinths verstehen, muss man von einer "ideologischen Interpretation" der Wirklichkeit Abstand nehmen, wie sie von extremen politischen Kräften vorgenommen wird. Durchwegs alle Medien haben beispielsweise den Zuwachs der PP dahingehend gedeutet, das baskische Volk sei nunmehr zur nationalen spanischen Ideologie bekehrt. Diese ideologische Interpretation ist natürlich eine parteiische Mystifizierung, wie wir noch sehen werden. Andererseits findet innerhalb der "nationalistischen Front" etwas Ähnliches unter umgekehrten Vorzeichen statt. Propagandisten, die ihre Träume für bare Münze nehmen wollen, verharmlosen den Wahlerfolg der spanientreuen Rechten, als bedeute er keinerlei Änderung der politischen Situation. Sie erinnern allerdings mit Recht daran, dass sich die Masse der baskischen WählerInnen je nach Wahlebene unterschiedlich verhält. Ruft man sich diese Wahlergebnisse in Erinnerung, fällt auf, dass sich bei baskischen Wahlen die Tendenz zur Abgabe einer "nützlichen Stimme" stärker zugunsten der nationalistischen Parteien auswirkt, da bei diesen Wahlen die nationale (d.h. baskische) politische Führung bestimmt wird. Bei spanischen Wahlen, wo die Frage der Staatsmacht entschieden wird, führt dieselbe Tendenz dagegen zu einer Verlagerung zugunsten der spanischen Parteien (PSOE, PP, IU ...). Man kann keine ernsthafte Analyse vornehmen, ohne diese Faktoren zu berücksichtigen, umso mehr, als sich dieses Wählerverhalten seit über 20 Jahren wiederholt. Dennoch ist damit noch nicht erklärt, welche Dimension dieses Stimmverhalten zugunsten der spanientreuen Parteien erreicht hat, welche Tragweite dieses Problem in Navarra hat, warum die Stimmen von der PSOE zur PP abwandern und die "nützlichen Stimmen" so sehr der PNV zugute kommen. Ob man will oder nicht, die Realität zeigt, dass die Verhältnisse heute ganz anders liegen, als es noch vor 18 Monaten ausgesehen hat, als das Abkommen von Lizarra neue Hoffnungen weckte.

Diese Wahlen bringen eine tiefgreifende Veränderung der gesellschaftlichen Wahrnehmung von den Parteien und ihren Vorschlägen zum Ausdruck. Diese Veränderung ist besonders schwerwiegend im Fall der Sozialistischen Partei und der nationalistischen Linken, die beide auf ihre Weise direkt für die Führungskrise verantwortlich sind, in die der Pakt von Lizarra geraten ist. Die PSOE insofern, als sie es abgelehnt hat, sich an der Suche nach einer Lösung der Gewaltfrage auf dem Verhandlungsweg zu beteiligen. Die nationalistische Linke insofern, als sich die ETA durch den einseitigen Bruch der Waffenruhe für die generelle Abkehr der mit Lizarra eingeleiteten politischen Tendenzen verantwortlich gemacht hat.

Entgegen allem Anschein ist die Situation im Baskenland aber nicht hoffnungslos verfahren. Ein Ausweg wäre denkbar, würden die beiden Hauptakteure dieses Spiels, die Sozialistische Partei und die nationalistische Linke, ihre jeweilige politische Strategie ändern. Dafür müssen sie zu allererst die eigenen Irrtümer erkennen, denn diese sind direkt verantwortlich für die Niederlage.

ABGESCHOTTETE POLITISCHE LAGER

Die baskische Gesellschaft ist in zwei unversöhnliche politische Blöcke gespalten: auf der einen Seite die im Abkommen von Lizarra zusammengeschlossenen Anhänger der Souveränität, auf der anderen Seite das konstitutionalistische spanische Projekt des Forums von Enea. Gleich vorweg ist festzuhalten, dass diese Blöcke nichts mit der angeblichen Spaltung in die eingeborenen BaskInnen einerseits und spanische EinwanderInnen andererseits zu tun hat. Wir haben es auch nicht mit der Aufkündigung des Nebeneinanders zweier nationaler Gemeinschaften zu tun, denn die Spaltung zwischen denen, die sich selbst als Nationalisten und "nur Basken" verstehen, und jenen, die sich als konstitutionalistische "Spanier und Basken" verstehen, verhindert weder ein Zusammengehörigkeitsgefühl noch bedeutet es einen Bruch mit dem Prinzip der universellen Bürgerrechten, die unabhängig von der individuellen nationalen Identifikation und der politischen Zuordnung bestehen. Die bereits vor 20 Jahren entstandene Trennlinie zwischen den politischen Gruppen ist die logische Folge eines politischen Aktes, nämlich der Ablehnung der spanischen Verfassung durch die Basken. Diese Frage hat mit der Identität nichts zu tun. Möchte man beispielsweise die Parteien der spanischen Linken im Baskenland beurteilen, so ist es keineswegs gerechtfertigt, sie konsequent dem Lager der Spanientreuen zuzuordnen. Schon gar nicht war dies bei den ersten Parlamentswahlen der Fall, als die PSOE die Selbstbestimmung unterstützte. Es gilt aber auch nicht für die baskische Sektion von Izquierda Unida, die sich bis zu dem Augenblick, als die ETA den Bruch der Waffenruhe beschloss, aktiv am Abkommen von Lizarra beteiligte.

Um die baskische Politik zu verstehen, muss man sich auf die Dialektik dieser Blockbildung einlassen, die durch folgende Wesensmerkmale gekennzeichnet ist:

Die Grenze zwischen den beiden Blöcken verschiebt sich dennoch in einer Wechselbewegung in zwei gegensätzliche Richtungen. Zuerst hat sich das Gleichgewicht zugunsten der Befürworter der baskischen Souveränität (Abkommen von Lizarra) verschoben, doch der Widerstand gegenüber einem Regierungswechsel auf Ebene des Spanischen Staates und die Entwicklung der Sozialistischen Partei (Wechsel vom Bündnis mit der PNV zum Abkommen mit der PP) hat das Gewicht auf die andere Seite kippen lassen. Die Ausweitung des Abkommens von Lizarra stößt auf Schwierigkeiten. Die spanische Linke zeigt ihm arrogant die kalte Schulter. Anstatt die demokratischen Rechte der Nationalitäten zu verteidigen, hat sie sich in eine Stütze des zentralistischen Staates verwandelt. Ihre Kampagne gegen den baskischen Nationalismus hat dazu beigetragen, die spanische Öffentlichkeit gegen die Nationalitätenrechte im Allgemeinen aufzubringen und in einem Aufwasch auch die Erklärung von Barcelona (ein Bündnis aus baskischen, katalanischen und galizischen Nationalisten) zu lähmen. Aus Angst, zur Zielscheibe der Raserei der Spanientreuen zu werden, begnügt sich dieses Nationalitätenbündnis nur noch mit hohlen Erklärungen über die nationale Frage, ohne sich solidarisch für das kollektive Recht auf Selbstbestimmung einzusetzen.

Die daraus folgende Isolation wird angesichts der sich schließenden Türen der europäischen Regierungen noch offensichtlicher, und dieser neue Hintergrund steigerte die politische Nervosität der ETA und provozierte ihren Strategiewechsel. Durch ihre Entscheidung, die Waffenruhe zu brechen, verlagert sich das politische Gleichgewicht nach rechts. Der Graben zwischen den politischen Blöcken hat sich gegenüber dem Abkommen von Lizarra in die entgegengesetzte Richtung verschoben.

ETA UND DAS PENELOPE-SYNDROM

Diejenigen von uns, die in der Ankündigung des Bruchs der Waffenruhe nur eine Warnung an die Regierung, die Sozialistische Partei und die PNV sehen wollten, haben sich geirrt. Die ETA hat ihre Drohung wahr gemacht und einen Militärangehörigen in Madrid ermordet. Daraufhin wollten wir darin eine neue Taktik, eine Art von Konkretisierung der Drohung erkennen, mit der die ETA letztlich nur ihre operationellen Fähigkeiten und ihre Entschlossenheit zur Tat unter Beweis stellen wollte, falls man sie nicht ernst nehme. Auch hier haben wir uns getäuscht. Mitten im Wahlkampf ermordete die ETA den Sprecher der baskischen Sozialisten (Fernando Buesa) und beschwor damit eine allgemeine Krise mit unvorhersehbaren Folgen herauf.

Die ETA hat die Glaubwürdigkeit des Abkommens von Lizarra und der parlamentarischen Bündnisse verspielt. Wer wird weiterhin an die guten Absichten dieses Projekts glauben, wenn keine der politischen, gewerkschaftlichen und sozialen Kräfte, die es unterstützen, in der Lage ist, einen Waffenstillstand zu gewährleisten? Niemand. Wie kann unter diesen Umständen eine Regierung (im Baskenland), die sich auf ein von der ETA nicht eingehaltenes Abkommen stützt, ihre Glaubwürdigkeit behalten?

Durch die ETA hat auch die nationalistische Linke die Glaubwürdigkeit ihres Führungsanspruchs in der Bewegung zur Neubegründung der baskischen Linken eingebüßt. Dieser Prozess ist mit einem Schlag unterbrochen, denn es kann keinen Neuzusammenschluss der Kräfte, kein Bündnis zwischen der politischen und der gewerkschaftlichen Linken, keine Erneuerung im Auftreten und in den Erklärungen und keinen Aufbau neuer ideologischer Werte geben, wenn der bewaffnete Kampf wieder belebt ist. Die politische Autonomie der Organisationen der nationalistischen Linken (Euskal Herritarok, die Gewerkschaft LAB usw.) gegenüber der ETA wurde infolge der "Solidarität", die der bewaffnete Kampf erfordert, radikal "eingefroren". Die schwere Last, das die Repression für die nationalistische Linke bedeutet (500 Gefangene, 2600 Exilierte), hat zur Folge, dass die zivilen und militärischen Organisationen trotz ihrer enormen politischen Differenzen zusammenhalten. Die ETA-Strategen setzen auf diese emotionale Erpressung. Sie lösen nachts das Gewebe an politischen Bündnissen und Erneuerungsbemühungen auf, das die zivilen Organisationen der nationalistischen Linken bei Tag knüpfen. Solange dieses Bevormundungsverhältnis und diese Abhängigkeit besteht, gibt es für die Linke ebenso wenig wie für die baskische Nation eine Zukunft.

Die Degeneriertheit des baskischen Sozialismus ist ein anderer wichtiger Behinderungsfaktor für eine politische Lösung des Konflikts. Obwohl die Mehrheit der Gesellschaft das so sieht, leugnet ein Teil der sozialistischen Parteiführung diese Tatsache. Die PSOE hat sich damit hervorgetan, die ETA des Autismus zu beschuldigen, doch dieser Vorwurf fällt auf die Kritiker selbst zurück. Niemand aus der Leitung der Sozialistischen Partei gibt heute zu, dass die Verschiebung der politischen Führung hin zur spanientreuen Rechten auf das Konto der PSOE geht.

Die Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes durch die ETA hat unbestritten die entpolitisierten gesellschaftlichen Kreise, die normalerweise der Wahl fernbleiben, zur Stimmabgabe bewogen, weil sie den politischem Mord mit Barbarei verbinden. Sie haben nicht für Spanien und gegen das Baskenland gestimmt, wie das die PP gerne glauben machen möchte, sondern ihre Ablehnung der Gewalt als Methode politischen Handelns zum Ausdruck gebracht. Das erklärt jedoch noch nicht, warum die Stimmen gegen die ETA den Rechten und nicht der Sozialdemokratie zufielen.

Der Ursprung dieses Scheiterns der Sozialisten ist im Wechsel des politischen Bündnisses zu suchen, der vom Team um den von der ETA im Wahlkampf ermordeten Fernando Buesa und Nicolas Redondo vorgenommen wurde. Letzerer hat - im Gegensatz zu seinem Vater, dem charismatischen Führer der UGT und entschiedenen Gegner des Liberalsozialismus von Felipe González - die historische Tradition des Bündnisses der baskischen Sozialisten mit den demokratischen Nationalisten gebrochen. Das Arrangement von PSOE und PNV geht auf das Abkommen von San Sebastián aus dem Jahr 1931 zurück, als die zweite spanische Republik proklamiert wurde, und wurde im Zusammenhang mit dem ersten baskischen Autonomiestatut (1936), im Bürgerkrieg gegen den Faschismus, im demokratischen Widerstand gegen die Franco-Diktatur, in der Vorbereitung des Statuts von Guernica (1977) und in den folgenden 20 Jahren der baskischen Autonomieregierung fortgesetzt. Die Dauerhaftigkeit dieses Bündnisses erlaubte die staatsbürgerliche Integration von 50 Prozent der baskischen Bevölkerung nichtbaskischen Ursprungs, so dass drei aufeinander folgende Generationen von baskischen BürgerInnen in dieser Kultur des Dialogs und des kulturellen Austauschs aufgewachsen sind. Der große Irrtum des Teams von Buesa und Redondo bestand darin, mit einer historischen Tradition zu brechen, die dem baskischen Sozialismus zu seiner Größe verholfen hat, und sie gegen ein Bündnis mit der PP einzutauschen, um der PNV die Führung der Autonomieregierung streitig zu machen.

Was ursprünglich als taktischer Bruch des Regierungsabkommens mit der PNV präsentiert wurde, um einen neuen Raum bei den Wahlen zu schaffen, wurde im Lauf der Zeit zu einer generellen Kehrtwende der politischen Bündnisse. Von der punktuellen Kritik der PNV ging man auf die Verteidigung der zentralistischen Verfassung über, vom Verhandlungsweg zur Lösung des Gewaltproblems zur radikalen Ablehnung des Friedensplans von Präsident Ardanza und von dort zu einem Sprung ins Leere gegen die Vorschläge von Lizarra, obwohl diese zu einem Waffenstillstand der ETA geführt und den Dialog eröffnet hatten.

Der baskische Sozialismus hat damit seine historische Rolle eingebüßt. Wo früher der bewusste Versuch unternommen wurde, Nichtbasken einzubürgern, herrscht heute die Vorstellung einer politischen Abspaltung der sich auf die nichtbaskische Arbeiterklasse stützenden baskisch-spanischen Gemeinschaft. Wo früher der Dialog und die Entspannung propagiert wurden, war schnell von Krieg und bedingungsloser Unterstützung der Terrorbekämpfungspolitik der Rechten die Rede. Angesichts der Weigerung der Linken, sich durch ein demokratisches und soziales Profil von den Rechten abzugrenzen, musste das Unvermeidliche eintreten: Wer der Gewalt und dem radikalen Nationalismus Einhalt gebieten will, wählt lieber das Original als die Kopie, lieber die wohl bekannte Entschlossenheit der Rechten als die Wichtigtuerei einer sie imitierenden Linken.

Ein weiteres Problem ist, dass die Niederlage der PSOE auch diejenige von Izquierda Unida nach sich gezogen hat, die ihren einzigen Abgeordnetensitz einbüßte. Nimmt man diese beiden Niederlagen zusammen, ergibt sich ein weitreichender Wandel, denn die dem Dialog traditionellerweise aufgeschlossene Partei des Blocks der Konstitutionalisten, auf deren Unterstützung bei der Umorientierung in der baskischen Frage hin zu demokratischen Szenarien man hoffen konnte, hat sich in eine Organisation verwandelt, die nur noch auf eine Durchgreifen, auf die erzwungene nationale Anpassung und auf Polizeirepression setzt.

NOTWENDIGE KOLLEKTIVE ERNEUERUNG DER LINKEN

Stellt man sich die Frage nach neuen Perspektiven für einen Weg aus der baskischen Krise, muss man notwendigerweise von der Erneuerung der zwei politischen Kräfte sprechen, die den Schlüssel zur Lösung des Problems in Händen halten: der PSOE auf der einen und der nationalistischen Linken auf der anderen Seite. Bei der Sozialistischen Partei gibt es zaghafte Anzeichen einer Veränderung. Doch die zukünftige Entwicklung dieser Partei hängt nicht nur von der Situation im Baskenland ab, sondern vor allem davon, wie die Führungskrise auf der Ebene des spanischen Staates gelöst wird. Dabei sind drei Möglichkeiten denkbar:
  1. Ein radikaler Führungs- und Kurswechsel auf bundesstaatlicher Ebene. Da dies wenig wahrscheinlich ist, ist eine solche Perspektive ein schlechter Ausgangspunkt für Spekulationen.
  2. Eine Rückkehr der "Barone" des Apparates um Felipe González an die Parteispitze. Angesichts der rigiden Spanientreue der Kastilianer, Extremadurer und Andalusier wird in diesem Fall der baskische Sozialismus weiterhin im bekannten spanientreuen Fahrwasser bleiben.
  3. Das Gleichgewicht der Kräfte zwischen den verschiedenen "Lokalfürstentümern" - die bereits genannte Clique um González einerseits, die Katalanen von Maragall und die der "nationalistischen Abweichung" beschuldigte baskische Gruppe - gibt allen Seiten einen gewissen Handlungsspielraum. Geht man von dieser Annahme aus, werden die baskischen Sozialisten, wenn sie sich nicht mehr dem Zentralismus unterwerfen müssen, sicherlich zu ihrer historischen Tradition des bevorzugten Bündnisses mit den demokratischen Nationalisten zurückkehren.
Doch das Problem wird einmal mehr die Einigung über den Inhalt der baskischen Autonomie (welche Art von politischer Souveränität?), die ausdrückliche Anerkennung einer territorialen Einheit (Baskenland und Navarra) und die Wiederaufnahme des Dialogs mit Euskal Herriatarok und der ETA sein. Wir sind überzeugt, dass die PNV auf eine solche Perspektive setzen und ein solches Angebot unterbreiten wird. Man kann auch mit Gewissheit davon ausgehen, dass die gesellschaftliche Legitimation von "Polizeilösungen", wie sie bis jetzt von der spanientreuen Rechten verfolgt wurden, die spanische Demokratie gefährdet (totalitäre Tendenzen der vorhandenen absoluten Mehrheit) und dass dies für die baskischen Sozialisten ein Antrieb sein wird, einen radikalen Kurswechsel in ihrer nationalen Politik vorzunehmen. Nebenbei gesagt könnten auch die katalanischen und galizischen Nationalisten mit den baskischen Nationalisten und Sozialisten ein neues demokratisches Bündnis aufbauen, das eine definitive Lösung des Problems der Verbindung der Nationalismen im neuen europäischen Kontext ermöglichen würde. Die Aufgabe ist schwierig, aber lohnend. Es geht darum, anknüpfend an Lizarra ein breiteres Einverständnis zu erreichen, das auch die baskischen Sozialisten einschließt und auf dieser Grundlage versucht, die GewerkschafterInnen der UGT und der CCOO zu gewinnen. Dafür bedarf es derselben Bedingung wie für Lizarra: Die ETA muss zu einem Waffenstillstand zurückkehren und sich angesichts des Glaubwürdigkeitsverlusts durch den Bruch der Waffenruhe diesmal auf einen definitiven Waffenstillstand verpflichten. Nur so kann der Zivilgesellschaft und der demokratischen Auseinandersetzung der gebührende Platz jenseits bevormundender Bündnisse und politischer Erpressungen eingeräumt werden.

José Ramón Castaños "Troglo" vertritt die Charta der Sozialen Rechte (GOGOA) innerhalb des Abkommens von Lizarra.
Zum linken Wahlbündnis Euskal Herritarok, dem Abkommen von Lizarra und den politischen Organisationen im Baskenland, siehe Inprekorr Nr. 327/328.
Aus dem Französischen von Birgit Althaler.


Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 344