Existenzkampf der australischen Hafenarbeiter

Am 7. April holte die größte australische Hafengesellschaft, Patrick Stevedores, zum ganz großen Schlag aus und entließ ihre gesamte Belegschaft. Begründung: die Gewerkschaft habe sich uneinsichtig gezeigt, Entlassungen und andere Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung zu akzeptieren.

2000 wharfies (der australische Name für Hafenarbeiter) wurden buchstäblich in einer Nacht- und Nebelaktion von ihren Arbeitsplätzen vertrieben. Schwarzgekleidete Kommandos stürmten die Häfen, enterten die Kräne, brachten die Schlüssel in ihre Gewalt und die Arbeiter vor die Tore. Im Melbourner Hafen East Swanson retteten sich einige ins Betriebsratsbüro und berichteten der Zeitung The Age über Telefon: "Horden von Sicherheitskräften rennen hier durch den Hafen; es sieht aus, als wäre der dritte Weltkrieg ausgebrochen!"

Seither werden die Hafentore von den Ausgesperrten belagert. Mehrfach kam es zu gefährlichen Eskalationen, als Polizeitruppen einen Weg für Streikbrecherbusse bahnen wollten. Die ganze Aktion scheint von langer Hand vorbereitet zu sein, inspiriert durch die konservative Regierung und gestützt durch den Farmerverband, der seine Erzeugnisse möglichst billig auf den Weltmarkt bringen will. Der Präsident der National Farmers Federation, Don McGauchie, hat auch schon öffentlich angedroht, man wolle die Farmer mit ihren LKWs sammeln und die Blockade durchbrechen. Gleichzeitig sammeln sich Tausende zur Unterstützung der wharfies in immer größeren Demonstrationen.

Der Kampf gegen die Hafenarbeitergewerkschaft Maritime Union of Australia (MUA) hat für die Unternehmerklasse große Bedeutung. Sie kann auf eine lange Tradition kämpferischer internationaler Solidarität zurückblicken: Ihre Mitglieder weigerten sich, Truppen oder Kriegsgerät für den Vietnamkrieg zu verladen, Regenwaldholz aus der Dritten Welt zu entladen oder Uran zu verschiffen und streikten gegen die Apartheid. Jetzt haben sie selbst einen dringenden Hilfsaufruf an die Hafenarbeiter weltweit gerichtet, von Streikbrechern beladene Schiffe nicht zu entladen.

Der Hafenarbeiterverband ILWU in den USA unterstützt diese Proteste. Sofort nach der brutalen Aussperrung kam es zu einer spontanen Demonstration vor dem australischen Konsulat in San Francisco, die von der Polizei aufgelöst wurde. Der US-amerikanische Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO hat inzwischen gemeinsam mit dem ILWU zu einem Boykott australischer Produkte aufgerufen. Derweil versucht Patrick Stevedores den internationalen Transportarbeiterverband mit Gerichtsverfügungen an Solidaritätsaktionen zu hindern.

In den frühen Morgenstunden des 20.4. hielten 2000 fest untergehakte Menschen, darunter frühere und amtierende Gewerkschaftsvorsitzende und Parlamentsabgeordnete, die Polizei von der geplanten Räumung der Barrikaden in East Swanson ab. Als dann um 8 Uhr auch noch 1000 Bauarbeiter anrückten, zog die Polizei ihre Hundertschaften zurück, um an anderen Toren kleinere Scharmützel zu beginnen. Am Tag darauf erließ ein Gericht eine einstweilige Verfügung, alle Hafenarbeiter seien vorerst wieder einzustellen. Dies ist ein erster, wichtiger Teilerfolg, auch wenn noch offen ist, wie das Hauptverfahren ausgeht.


Aktuelle Informationen im Internet unter http://www.users.bigpond.com/Takver/soapbox/index.htm, auf deutsch unter http://www.labournet.org.uk/germany/oz/krieg.html.
Kontakt zur Hafenarbeitergewerkschaft: MUA, 46 Ireland Street, West Melbourne, Victoria 3003, Australia. Fax: 00613-9328 1682, http://mua.tcp.net.au/Pages/war.html.

Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 319