Skepsis in den Niederlanden

Nur wenige Arbeiterinnen und Arbeiter in den Niederlanden sind über weitere Arbeitszeitverkürzungen begeistert.

Von Robert Went

Ursache ist, daß die bisherigen Reduzierungen der Arbeitszeit nur zu einer höheren Arbeitsintensität geführt haben. Die Arbeitswoche im öffentlichen Sektor wurde kürzlich auf 36 Stunden gekürzt, doch gab es kaum Neueinstellungen (wenn überhaupt).

Die Niederlande haben eine hohe versteckte Arbeitslosigkeit. Selbst der Direktor des Statistischen Planungsbüros CPB gibt zu, daß sie eher bei 20% als bei den offiziellen 5% liegt. Dennoch sehen nur wenige in der Arbeitszeitverkürzung eine glaubwürdige Perspektive, da sie in der Vergangenheit so wenig Arbeitsplätze geschaffen hat. Eher befürchten sie einer Verstärkung der Arbeitsbelastung: das Land hat heute schon eine Spitzenposition in der Produktivität - und in Arbeitsunfällen.

Statt einen Kampf für Arbeitszeitverkürzung und entsprechende Neueinstellungen zu führen, propagieren die Gewerkschaftsführer Teilzeitarbeit als Wunderlösung für die Probleme der Arbeiter (und der Bosse). Die Niederlande haben heute den höchsten Anteil von Teilzeitarbeit (und Teilzeitlöhnen) in der industrialisierten Welt. Besonders Frauen werden in der Falle der Unterbeschäftigung gefangen.

Die geringe Begeisterung für Arbeitszeitverkürzung hat ihre Ursache auch in der Schwäche der Gewerkschaften am Arbeitsplatz und ihrer wenig kämpferischen Politik. Positive Ergebnisse aus anderen europäischen Ländern könnten hier zu einer Belebung führen.


Dieser Artikel erscheint (als Teil des Schwerpunktthemas Arbeitszeitverkürzung) in Inprekorr Nr. 316