Bericht über den Klimawandel an das IK der Vierten Internationale

Nachstehend veröffentlichen wir eine überarbeitete Version des Berichts, den Daniel Tanuro dem Internationalen Komitee (IK) der Vierten Internationale im Februar 2009 gegeben hat. Dieser Bericht wurde angenommen und soll als Grundlage für die Erstellung einer Resolution „Klima“ für den nächsten Weltkongress der Vierten Internationale dienen.Wir würden es begrüßen, wenn dieser Bericht weitere Beiträge auslösen würde – sowohl aus den Reihen der Mitglieder des IK, die an der Diskussion des Textes beteiligt waren, als auch von Aktiven, die sich im Kampf gegen den Klimawandel engagieren und dabei besonders an der Verzahnung ökologischer und sozialer Fragen arbeiten. Durch die Veröffentlichung dieser Beiträge hoffen wir, einen kollektiven Denkprozess in Gang zu setzen.

Daniel Tanuro


I. KLIMA IN GEFAHR: URSACHEN, VERANTWORTLICHKEITEN, SOZIALE UND ÖKOLOGISCHE FOLGEN


1. Der Klimawandel ist eine Tatsache ohne Beispiel.

Der Klimawandel ist eine Tatsache Im 20. Jahrhundert hat sich die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde um 0.6°C erhöht, ist der Meeresspiegel um 10 bis 20 cm gestiegen, haben sich die Gletscher fast überall in erheblichem Ausmaß zurückgezogen, hat die Gewalt von Tiefdruckgebieten im Nordatlantik zugenommen und mehr extreme Wetterereignisse wie Stürme, Überschwemmungen und Dürren wurden aufgezeichnet.

Es handelt sich nicht um periodische Schwankungen (wie beispielsweise das „El Nino“-Phänomen), sondern um eine tiefgreifende langfristige Veränderung, die eine erhebliche Destabilisierung des Klimasystems widerspiegelt. Die Triebfeder dieser Destabilisierung – der Anstieg der mittleren Erdoberflächentemperatur – ist von einem Ausmaß, das seit mindestens 1300 Jahren beispiellos ist. Dieser Anstieg ist mit einem anderen Phänomen stark korreliert, das seit 800 000 Jahren ohne Beispiel ist: dem Anstieg des Kohlenstoffgehalts in der Atmosphäre in der Form von Kohlendioxid und Methan – zwei Gasen, deren Beitrag zum Treibhauseffekt in der Physik seit langem unbestritten ist.

 

Inhalt

I. KLIMA IN GEFAHR

II. RAHMENBEDINGUNGEN

III. DIE KAPITALISTISCHE ANTWORT

IV. AUFBAU EINER BEWEGUNG

V. ANTIKAPITALISTISCHE ALTERNATIVE

Die Erklärung der aktuellen Erwärmung durch den Anstieg der Emission von Treibhausgasen ist zu mehr als 90 % gesichert und wird auf wissenschaftlicher Ebene nicht mehr ernsthaft bestritten. Es ist unbestritten, dass die derzeitige globale Erwärmung ohne Beispiel ist und sich radikal von anderen Phasen globaler Erwärmung unterscheidet, die die Erde in ihrer Geschichte erlebt hat. Im Verlaufe der Interglazialperioden [Zwischeneiszeiten] der Vergangenheit haben natürliche Veränderungen der Position der Erde gegenüber der Sonne oder der Sonnenaktivität eine globale Erwärmung verursacht, die die Entwicklung von Leben begünstigte, die ihrerseits zu einem Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration führte, die dann die globale Erwärmung weiter verstärkte. Heute hat sich die Kausalitätskette umgekehrt: Die natürlichen Faktoren erklären nur einen sehr begrenzten Teil der Erwärmung (ungefähr 5 % bis 10 %), während der Großteil direkt aus einem sehr schnellen Anstieg des CO2- und Methan-Gehalts in der Atmosphäre herrührt, der auf Aktivitäten des Menschen zurückgeht. Anders ausgedrückt: Früher verursachte die Klimaerwärmung eine Verstärkung des Treibhauseffekts, während heute die Verstärkung des Treibhauseffekts direkt zu einer Klimaänderung führt.

2. Der Ausdruck „Klimawandel“ ist irreführend: Wir sind mit einem brutalen Umkippen konfrontiert, das in menschlichen Zeiträumen unumkehrbar ist

Der Ausdruck „Klimawandel“ ist irreführend: Er erweckt die Vorstellung einer allmählichen Veränderung, während wir mit einem brutalen Umkippen konfrontiert sind, dessen Geschwindigkeit ständig zunimmt. Dies ist drei Arten wirtschaftlicher Aktivität geschuldet, die den Gehalt von Treibhausgasen in der Atmosphäre steigen lassen:

a) Wälder, Naturweiden, Böden und Torfmoore speichern Kohlenstoff in Form organischer Materie. Abholzung, Umwandlung von Naturweiden in Kulturland, Trockenlegung von Feuchtgebieten und schlechte Kultivierungsmethoden führen zur Freisetzung dieses Kohlenstoffs. Außerdem führt der übermäßige Einsatz von Kunstdünger (17,9 % der Emissionen) zur Freisetzung von Lachgas (N2O), einem anderen Treibhausgas.

b) Jede Verbrennung [von Kohlenstoff, d.Üb.] führt zur Emission von Kohlendioxid (CO2). Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen dem CO2, das aus der Verbrennung von Biomasse stammt auf der einen, und dem CO2 aus der Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Öl, Erdgas). Ersteres wird von den Ökosystemen (grüne Pflanzen, Ozeane), die ständig CO2 absorbieren und aussondern, problemlos wiederverwertet (der Kohlenstoffkreislauf). Das zweite hingegen kann nur in bestimmten Grenzen wiederverwertet werden. Seit zwei Jahrhunderten bringt die Verbrennung fossiler Energieträger jetzt schnell und kontinuierlich beträchtliche Mengen CO2 in die Atmosphäre ein (56,6 % der Emissionen);

c) Bestimmte industrielle Prozesse, die für die Emission von Treibhausgasen (fluorierte Gase) verantwortlich sind, die in der Natur unbekannt sind.

Natürlich kommt Kohlenstoff in der Atmosphäre nur in sehr geringen Konzentrationen vor. Dies ist genau der Grund, warum menschliche Aktivitäten einen derartigen Einfluss auf das Klimasystem haben können. Derzeit ist die Gesamtmenge an Treibhausgasen, die wir in die Atmosphäre freisetzen, doppelt so hoch wie die natürliche Absorptionsfähigkeit. Der Rest akkumuliert sich, was zur Steigerung des Treibhauseffekts und deshalb der Temperatur führt; diese Akkumulation, tendiert dazu, mit der globalen Erwärmung zu steigen. Der Hauptmechanismus der Klimaerwärmung kann also als Sättigung des Kohlenstoffkreislaufs durch die Emission von Gasen aus menschlicher Aktivität zusammengefasst werden.

Diese Erwärmung ist nach menschlichen Maßstäben unumkehrbar. Selbst wenn der Gehalt von Treibhausgasen in der Atmosphäre augenblicklich stabilisiert würde, wird man die Folgen noch in den nächsten fast tausend Jahren spüren, weil die Temperatur der enormen Massen des Ozeanwassers sehr lange braucht, um sich anzugleichen. Bei Fehlen jeder Stabilisierung wird sich dieser Mechanismus unweigerlich beschleunigen und zu äußerst gefährlichen Phänomenen wie dem Verschwinden der Polkappen oder der Freisetzung enormer Mengen Methan, die im Permafrostboden oder sogar auf dem Boden der Ozeane gebunden sind, führen.

Es wäre falsch und gefährlich, darauf zu setzen, dass die Vorräte an Kohle, Erdöl und Erdgas rechtzeitig erschöpft wären, um die Menschheit vor diesem massiven Risiko zu schützen. Tatsächlich sind die gesicherten Vorräte fossiler Energieträger (namentlich Kohle) mehr als ausreichend, um den Klimawandel bis zum Punkt des unkontrollierten Durchgehens zu treiben. In diesem Fall riskiert die Erde Verhältnisse zu erleben, wie es sie seit 65 Millionen Jahren nicht mehr gegeben und die die Menschheit daher auch noch nie erlebt hat: eine Welt ohne Eis, wo der Meeresspiegel etwa hundert Meter höher als heute läge.

3. Das Umkippen des Klimas ist nicht der „Aktivität des Menschen“ im Allgemeinen geschuldet, sondern der Form dieser Aktivität seit der kapitalistisch-industriellen Revolution.

Das Umkippen des Klimas ist nicht der „Aktivität des Menschen“ im Allgemeinen geschuldet, wie Medien und IPCC-Bericht sagen, sondern eher der Form dieser Aktivität seit der kapitalistisch-industriellen Revolution, insbesondere der Verbrennung fossiler Energieträger. Die Ursache dieser Erscheinung liegt fundamental in der kapitalistischen und produktivistischen Logik der Akkumulation, deren historischer Schwerpunkt in den imperialistischen Metropolen liegt.

Die ökonomische Entfaltung der industriellen Revolution wäre in großem Maßstab nicht möglich gewesen ohne Kohle. Es wäre jedoch zu stark vereinfachend, die Schuld am Klimawandel einfach unterschiedslos dem „Fortschritt“ im Allgemeinen zu geben. Tatsächlich sind rechtzeitig neue Möglichkeiten der Ausbeutung erneuerbarer Energien entstanden, die es erlauben, eine vernünftige Entwicklung und den Schutz der Umwelt miteinander zu vereinbaren. Sie sind systematisch ausgebremst worden von der kapitalistischen Akkumulationslogik. In dieser Beziehung gibt es einen scharfen Kontrast zwischen dem dauerhaften Desinteresse am photovoltaischen Effekt (1839 entdeckt) und der sofortigen Begeisterung für die Kernspaltung in den kapitalistischen (und nichtkapitalistischen) Ländern. Die Entwicklung der Atomenergienutzung wäre nicht möglich gewesen ohne beträchtliche öffentliche Investitionen, die trotz der schrecklichen Gefahren dieser Technologie gebilligt wurden. Das Potenzial der Sonnenenergie genoss niemals irgendwelches Interesse.

Im Laufe der kapitalistischen Entwicklung haben die großen Energiekonzerne ein entscheidendes Gewicht erlangt, das es ihnen erlaubt, das Energiesystem nach ihren Interessen zu gestalten. Die Macht dieser Konzerne beruht nicht nur auf der Tatsache, dass Energie unverzichtbar für jede wirtschaftliche Aktivität ist und Energieinvestitionen langfristigen Charakter haben, sondern auch auf der Tatsache, dass der begrenzte und aneigenbare Charakter der Lagerstätten fossiler Energieträger die Möglichkeit bietet, Monopolpreise durchzusetzen und damit einen bedeutenden Superprofit zu sichern, stabilisiert in Form einer Energierente.

Die Schlüsselrolle des Erdöls als reichlich verfügbarem und preiswertem energiereichen Flüssigtreibstoffs hat es dem mehr und mehr konzentrierten und zentralisierten Kapital, das diesen Sektor kontrolliert, insbesondere erlaubt, eine strategische Position auf ökonomischer wie auf politischer Ebene zu erreichen. Zusammen mit den Produktionsgesellschaften für Kohle, Elektrizität und den großen, vom Erdöl abhängigen Sektoren (Automobil-, Schiffs- und Flugzeugbau sowie Petrochemie) haben die multinationalen Erdölkonzerne systematisch die Nutzung alternativer Energieressourcen, -technologien und -verteilung blockiert, bis hin zur Erzwingung von Mehrverbrauch und Begrenzung der Fortschritte bei der Energieeffizienz auf Ebene von Systemen und Produkten.

Um die Mechanismen des Klimawandels zu verstehen, muss man die Analyse vervollständigen durch Einbeziehen der allgemeinen Tendenz des Kapitalismus zur Konzentration und Zentralisation, zur Ersetzung lebendiger durch tote Arbeit, zur Vereinheitlichung der Technik und zur Überproduktion von Massenverbrauchsgütern für den Weltmarkt. Nach dem zweiten Weltkrieg führte diese Tendenz insbesondere zur Fabrikation von Millionen individueller Automobile. Während damit die expansive lange Welle der „dreißig goldenen Jahre“ [1945-1974, d.Üb.] „ausgelöst“ wurde, trug diese Produktion gleichzeitig zur Explosion der Emissionen bei.

In jüngerer Zeit haben die kapitalistische Globalisierung, der massive Kapitalexport in die Schwellenländer, die Produktion für den Weltmarkt, der Abbau des öffentlichen Transports (insbesondere der Bahn) und die Explosion des Luft- und Seetransports diesem Phänomen einen neuen Schub gegeben.

4. Auch die Länder des „real existierenden Sozialismus“ tragen eine schwere Verantwortung: Sie schworen der Weltrevolution ab, äfften den Produktivismus nach und kopierten kapitalistische Technologien.

Bei der Analyse des Klimawandels kann der Verantwortung der Länder, die versucht haben, sich für eine Alternative zum Kapitalismus zu engagieren, nicht ausgewichen werden. Hauptsächlich wegen ihrer bürokratischen Degenerierung kehrten diese Länder zum Produktivismus zurück und trieben die Verschwendung von Naturressourcen, insbesondere von Energie, auf ein beispielloses Niveau.

Das zaristische Russland war ein zurückgebliebenes Land. Nach Krieg, Revolution und Bürgerkrieg wäre es nicht möglich gewesen, das Land ohne Rückgriff auf fossile Brennstoffe wieder auf die Füße zu stellen. Dies erklärt zumindest zum Teil das völlige Fehlen eines vorausschauenden Durchdenkens der unvermeidlichen Sackgasse einer auf nichterneuerbaren Quellen basierenden Systems durch die sowjetischen Theoretiker, aber auch andere Elemente müssen wahrscheinlich berücksichtigt werden (vgl. unten). Doch es erscheint sicher, dass die spätere wirtschaftliche Entwicklung der UdSSR es möglich gemacht hätte, andere Alternativen zu erforschen, aber die stalinistische Diktatur und die Degeneration des „Sozialismus in einem Land“ diese Möglichkeit blockierten.

Durch das Aufgeben der Perspektive der Weltrevolution, durch das Setzen auf eine friedliche Koexistenz mit dem Imperialismus in der Hoffnung, die eigenen Privilegien zu schützen, und durch das Erwürgen jedweden kreativen Denkens entschied die stalinistische Bürokratie sich, eng den Spuren der technologischen Entwicklung der entwickelten kapitalistischen Länder – vorwärts getrieben durch die Militärtechnologie – zu folgen und auch das kapitalistische Energiesystem zu kopieren, das doch maßgeschneidert für die Bedürfnisse des Kapitals entstanden war. Dieses Denken erreichte seinen Höhepunkt unter Chruschtschow in der Illusion vom Einholen und Überholen der USA. Es führte insbesondere zur sinnlosen Entwicklung der Kernenergie, die in die Katastrophe von Tschernobyl führen sollte.

Die auf einem Bonussystem für Materialverbrauch in Tonnen basierende bürokratische Form materieller Anreize für Manager für die Produktionsergebnisse, bildete einen spezifischen Faktor der Verschwendung. Ergebnis war ein Energiesystem, das von noch mehr Verschmutzung und Verschwendung geprägt war als das kapitalistische Modell, das als Referenz diente, und sogar noch ineffizienter.

Schließlich führten die Geringschätzung der Bedürfnisse der Massen, ihr Ausschluss von politischen Entscheidungen und der Wille, sie in einem Zustand gesellschaftlicher Atomisierung zu halten, zu weitgehend irrationalen Entscheidungen in einer ganzen Reihe von Fragen (Stadt- und Landesplanung, Architektur, Stadtplanung, ... ganz zu schweigen von der erzwungenen Kollektivierung der Landwirtschaft). Ergebnis dieser Entscheidungen war es, Verschwendung und Energieineffizienz des ganzen Systems noch weiter zu verschärfen, ganz zu schweigen von den ernsten Konsequenzen der Verschmutzung für die öffentliche Gesundheit.

So kam es, dass die Emissionen der UdSSR und der anderen Länder Osteuropas nach dem Zweiten Weltkrieg begannen, einen signifikanten Teil der Weltemissionen zu repräsentieren. Der Vergleich der Tonnen Kohlendioxidemissionen pro Kopf und Jahr in diesen Ländern mit den entsprechenden Werten in den entwickelten kapitalistischen Ländern zeigt deutlich die spezifische Verantwortung des „real existierenden Sozialismus“ bei der Zerstörung des Klimas. Direkt vor dem Fall der Berliner Mauer emittierte beispielsweise die Tschechoslowakei 20,7 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr und die DDR 22 Tonnen pro Kopf und Jahr. Zum Vergleich: USA, Kanada und Australien – die größten CO2-Freisetzer in der entwickelten kapitalistischen Welt – emittierten damals jeweils 18.9, 16.2 und 15 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr, bei einem bedeutend höheren BIP pro Kopf.

5. Der Klimawandel hat katastrophale Konsequenzen sowohl für die Menschheit als auch für die Ökosysteme.

Der Klimawandel hat katastrophale Konsequenzen sowohl für die Menschheit als auch für die Ökosysteme. Unter dem Strich übersteigen die negativem Auswirkungen die positiven, selbst bei einem begrenzten Temperaturanstieg. Wir zitieren den IPCC: [1]

Was die Menschen betrifft, wächst die Zahl zusätzlicher Opfer von Katastrophen, Krankheiten und Mangellagen tendenziell immer schneller mit steigender Temperatur. Bei einen Anstieg von +3,25°C (gegenüber der vorindustriellen Zeit), der mehr oder weniger in der Mitte der IPCC-Projektionen liegt, würden von heute bis 2050 etwa 100 bis 150 Millionen Menschen Opfer von Küstenüberflutungen, bis zu 600 Millionen Opfer von Hungersnöten und 300 Millionen Opfer der Malaria werden, während 3.5 Milliarden Menschen mehr von Wassermangel betroffen wären.

Diese Schätzungen unterliegen natürlich einer mehr oder weniger großen Unsicherheit. Darüber hinaus sind die Folgen abhängig von sozialen Faktoren, die sie in gewissen Grenzen vergrößern oder verkleinern können, vor allem wenn die Erwärmung begrenzt bleibt. Sicher ist jedoch, dass ohne Änderung der Politik das Ausmaß der Bedrohung beträchtlich ist.

6. Die Menschen des Südens zahlen heute schon einen hohen Preis für den Klimawandel. dessen Hauptopfer sie sind.

Durchschnittlich 326 klimabedingte Katastrophen wurden zwischen 2000 und 2004 jährlich verzeichnet, die 262 Millionen Opfer forderten – fast dreimal mehr als zwischen 1980 und 1984. Mehr als 200 Millionen davon lebten in Ländern, die nicht Mitglied der OECD sind und die nur einen marginalen Teil der Verantwortung für das Anwachsen der Treibhausgase tragen. In den Jahren 2000–2004 war einer von 19 Bewohnern von einer klimabedingten Katastrophe in den Entwicklungsländern betroffen. Die entsprechende Zahl für die OECD-Länder war einer von 1500 (79-mal weniger). [2]

Ohne Durchführung einer angemessenen Politik wird sich diese Klimaungerechtigkeit verschärfen und dramatische Verhältnisse erreichen. Dies wird vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) anerkannt, weil wegen des Klimawandels nicht einmal die „Millennium-Ziele“ umgesetzt werden werden, obwohl selbst sie schon offensichtlich unzureichend sind. Beim Eintreten einer klimabedingten Katastrophe laufen einige der ärmsten Länder Gefahr, in eine ausweglose Spirale sozialer und wirtschaftlicher Regression einzutreten. Beispielsweise lebt die große Mehrheit der vom Meeresspiegelanstieg bedrohten Menschen in China (30 Millionen), Indien (30 Millionen), Bangladesh (15–20 Millionen), Ägypten (10 Millionen) und anderen Deltas – insbesondere an Mekong und Niger (10 Millionen) ... Für jeden Meter Meeresspiegelanstieg müsste ein Viertel der Bevölkerung Vietnams umgesiedelt werden.

Die zunehmende Nahrungsunsicherheit ist ein weiteres grelles Beispiel für die Klimaungerechtigkeit. Nach verschiedenen Quellen könnte das landwirtschaftliche Produktionspotenzial der entwickelten Länder bis 2080 um 8 Prozent steigen, während das der Entwicklungsländer um 9 Prozent fallen würde. Lateinamerika und Afrika wären die am schlimmsten betroffenen Kontinente mit Produktivitätsverlusten von über 12 oder sogar 15 Prozent. In einigen Gebieten Schwarzafrikas und Asiens könnte die Produktivität auf nicht bewässerten Landwirtschaftsflächen in den nächsten 20 Jahren halbiert werden, so der IPCC. Die Folgen wären wahrscheinlich eine erneut verstärkte Abhängigkeit vom kapitalistischen Agrobusiness, zunehmende Beherrschung durch Großgrundbesitzer, Verarmung und Hunger bei den Kleinbauern, Landflucht und ökologische Verschlechterung.

7. Das Beispiel des Wirbelsturms Katrina beleuchtet auch die Gefahren für die arbeitenden und armen Menschen in den entwickelten Ländern.

Im September 2005 zeigte der Wirbelsturm Katrina, der über New Orleans hereinbrach, dass die ärmsten Teile der arbeitenden Klasse in den entwickelten Ländern kaum besser auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet sind, als die Massen der vom Imperialismus beherrschten Länder: Sie leben in Gebieten, die am stärksten von Katastrophen bedroht sind; sie haben keine Mittel zum Fliehen (oder schrecken davor zurück auf Angst, nicht zurückkehren zu können und alles zu verlieren); ihre Habseligkeiten sind nicht oder nicht ausreichend versichert.

Katrina führte zum Tod von 1500 Menschen und machte 780 000 obdachlos. 750 000 von ihnen waren ohne jeden Versicherungsschutz. 28 Prozent der Bevölkerung lag unter der Armutsgrenze (US-Durchschnitt: 12 Prozent), und 35 % war afroamerikanischer Herkunft (US-Durchschnitt: 25 Prozent). Die Stadtviertel, in denen sie lebten, waren die am stärksten betroffenen: 75 Prozent der Bevölkerung in den überfluteten Bezirken waren Schwarze.

Da die Behörden keine Evakuierung organisierten, saßen 138 000 der 480 000 Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt in der Falle. Ohne Trinkwasser, Strom und Telefon warteten sie mehr als fünf Tage, bis Hilfe kam. Die übergroße Mehrheit waren schlecht verdienende Arbeiterinnen und Arbeiter, Arbeitslose, arme Kinder und mittellose Alte. Diese Bilanz ist untrennbar verbunden mit der rassistischen und imperialistischen Klassenpolitik der herrschenden Klasse der USA im Allgemeinen und der Regierung Bush im Besonderen. Seit 2003 hatte der Bundesstaat zur Finanzierung des „Kriegs gegen den Terrorismus“ dem für den Unterhalt der Deiche zuständigen Amt systematisch die Gelder gekürzt; im Jahr 2005 hatte dieses Amt kaum ein Sechstel der beantragten Mittel bekommen. Diese arrogante und brutale Politik wurde nach der Katastrophe fortgesetzt, indem die Wiederaufbaustrategie darauf abzielte, die Armen aus der Stadt zu vertreiben und die sozialen Errungenschaften der Arbeitenden anzugreifen (insbesondere durch Streichen des Mindestlohnes).

Diese Bilanz ist ebenfalls untrennbar verbunden mit anderen sozialen Ungleichheiten, die die kapitalistische Gesellschaft charakterisieren, vor allem die ungleiche Behandlung von Frauen. Es ist kein Zufall, dass afroamerikanische Frauen (und ihre Kinder) den höchsten Preis für die Katastrophe zahlten. Einerseits stehen Frauen den Klimagefahren gegenüber in der ersten Reihe, weil sie 80 Prozent der 1,3 Milliarden Menschen unterhalb der Armutsgrenze ausmachen. Auf der anderen Seite sind Frauen wegen ihrer Unterdrückung in spezifischer Weise betroffen. In den am geringsten entwickelten Ländern bedeuten Klimaänderungen beispielsweise mehr Aufwand beim Holzsammeln und weniger Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit, zwei hauptsächlich von Frauen erledigte Tätigkeiten. In den höher entwickelten Ländern treffen prekäre Beschäftigung, Teilzeit- und Niedriglohnarbeit vor allem die Frauen, mit dem Ergebnis, dass sie weniger Möglichkeiten haben, sich gegen die Folgen des Klimawandels zu schützen. In beiden Fällen sind alleinerziehende Frauen noch gravierender von den Folgen betroffen, darunter vor allem junge Frauen.


II. PHYSIKALISCHE UND MENSCHLICHE RAHMENBEDINGUNGEN DER KLIMARETTUNG


8. Es besteht höchste Dringlichkeit. Es scheint, dass nicht einmal eine schnelle und radikale Reduzierung der Treibhausgasemissionen es uns ermöglichen würde, die Gefahrenschwelle nicht zu überschreiten.

Dem IPCC zufolge würde das Beibehalten der jetzigen Emissionstrends von heute bis zum Jahr 2100 zu einem Anstieg der durchschnittlichen Oberflächentemperatur zwischen 1,1 und 6,4°C gegenüber 1990 führen. Die Streubreite der Schätzungen erklärt sich aus der doppelten Unsicherheit die einerseits aus den Klimamodellen und andererseits aus den Szenarien der menschlichen Entwicklung herrührt.

Zwischen 1990 und 2006 lag der beobachtete Temperaturanstieg eher im oberen Bereich der verschiedenen Projektionen. Auf dieser empirischen Basis liegt die Schlussfolgerung nahe, dass die Menschheit bei unveränderter Politik wahrscheinlich schon auf kurze Sicht einen Temperaturanstieg von mindestens +4,5°C gegenüber dem Ende des 18. Jahrhunderts erleben wird.

Ein solcher Anstieg würde einer Änderung der Existenzbedingungen entsprechen, die mindestens so bedeutend ist wie der Abstand der gegenwärtigen Epoche von der letzten Eiszeit vor 20 000 Jahren. Aber statt im Laufe von Jahrtausenden könnte diese Änderung innerhalb von Jahrhunderten oder noch schneller stattfinden. Diese Schnelligkeit verringert die Möglichkeiten zur Anpassung erheblich, sowohl für die menschlichen Gesellschaften als auch für die Ökosysteme.

1996, hatte die EU einen Maximalanstieg von 2°C als Ziel ihrer Klimapolitik festgelegt. Die Entscheidung war auf Basis der damaligen Schätzungen zur Gefahrenschwelle getroffen worden. Seit damals sind die Schätzungen nach unten korrigiert worden; heute sehen Experten die Schwelle eher bei 1,7°C. Tatsächlich sind die Risiken bereits für einen solchen Anstieg hoch, insbesondere auf drei Gebieten: Abnahme der biologische Vielfalt, Anstieg des Meeresspiegels und die Landwirtschaftsproduktivität in tropischen und subtropischen Ländern.

Die mittlere Erdoberflächentemperatur hat sich seit der vorindustriellen Zeit um 0,7°C erhöht, und eine weitere Erwärmung um 0,6°C ist wahrscheinlich bereits vorprogrammiert. Entsprechend ist der Manövrierspielraum zur Rettung des Klimas extrem klein. Die Dringlichkeit der Situation muss als maximal betrachtet werden.

Treibhausgase haben eine mehr oder weniger lange Lebenszeit in der Atmosphäre (etwa 150 Jahre für CO2). Daraus ergibt sich, dass eine Stabilisierung der Temperatur eine Reduzierung der Emissionen voraussetzt, und zwar umso stärker und schneller, je niedriger das Stabilisierungsziel ist.

Das radikalste vom IPCC im Rahmen seines vierten Sachstandsberichts (2007) getestete Szenario besteht aus einer Stabilisierung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre zwischen 350 und 400 Teile pro Million (ppm),, entsprechend 445-490 ppm CO2-Äquiv. [3] Dieses Szenario erfordert: a) Reduzierung der Gesamtemissionen um 50 bis 85 Prozent zwischen heute und 2050; und b) dass die Menge emittierter Treibhausgase weltweit spätestens 2015 zu fallen beginnt.

Die entwickelten Länder sind für mehr als 70 Prozent des Klimawandels verantwortlich, weil sie fossile Energieträger seit über 200 Jahren verbrennen. Die Anstrengungen der entwickelten Länder und der vom Imperialismus beherrschten Länder müssen daher im Verhältnis zu ihrer historischen Verantwortung verifiziert werden. Die erstgenannten sollten daher ihre Emissionen von heute bis 2050 um 80 bis 95 Prozent absenken, beginnend mit einer Reduzierung um 25 bis 40 Prozent zwischen heute und 2020. Für die letztgenannten müssten sich die Emissionen zwischen heute und 2020 gegenüber dem Referenzszenario „substanziell ändern“, so das IPCC (2050 für Afrika). [4]

CO2 ist unvermeidliches Produkt jeder Art von Verbrennung, und das Verfeuern fossiler Brennstoffe liefert 80 Prozent der Energie auf Weltebene. So stellen die oben genannten Ziele eine kolossale Herausforderung dar. Sie bedeuten nicht weniger als eine quasi totale Aufgabe der Nutzung fossiler Brennstoffe innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Jahrhundert, was einen tiefgreifenden sozioökonomischen Umbau erfordert.

Selbst wenn die oben genannten Ziele erreicht würden, würde der Temperaturanstieg bei etwas über 2°C liegen: dem IPCC zufolge würde sich die Zahl zwischen 2 und 2.4°C einpendeln (über etwa ein Jahrtausend). Mit anderen Worten: Es scheint nicht mehr möglich zu sein, die Gefahrenschwelle nicht zu überschreiten. Es gibt nur eine plausible Schlussfolgerung: Die einschneidendsten Reduktionsziele sind notwendig, nicht als vage Umschreibung eines soweit möglich anzustrebenden Ziels, sondern als unumstößliches „Muss“.

9. Die einzuhaltenden Ziele sind umso zwingender, als die IPCC-Reports einige Parameter des Klimawandels unterschätzen.

Um das Ausmaß der Aufgaben vollständig bewerten zu können, muss man sich daran erinnern, das die Schlussfolgerungen des IPCC auf konservativen Hypothesen beruhen; die Vorsicht sollte uns also raten, die pessimistischsten Projektionen zur Basis der zu ergreifenden Schritte zu machen und sie als absolutes Minimum zu betrachten.

Zwei Punkte sind es besonders, die diese Vorsicht geraten erscheinen lassen:

a) Der IPCC unterschätzt nichtlineare Phänomene. Eine der Hauptursachen für die Unsicherheit der Projektionen liegt in der großen Komplexität der so genannten nichtlinearen Phänomene wie dem möglichen Verschwinden der Eiskappen Grönlands und der Antarktis. Anders als das Abschmelzen des Eises, das eine kontinuierlicher Prozess ist, schreitet das Verschwinden der Eiskappen in Sprüngen voran und konnte bisher noch nicht in einem Modell erfasst werden. Dies wird zweifellos zu erklären helfen, warum der beobachtete Anstieg des Meeresspiegels zwischen 1990 und 2006 mit 3 mm pro Jahr um 60 Prozent über den Projektionen der Modelle lag. Die Gesamtmenge des in Grönland und der Antarktis akkumulierten Eises entspricht einem Meeresspiegelanstieg von etwa 6 beziehungsweise 60 Metern. Einigen Spezialisten zufolge ist die atmosphärische CO2-Konzentration dabei, die qualitative Schwelle, die der Bildung der antarktischen Eiskappe vor 35 Millionen Jahren entspricht, – in umgekehrter Richtung – zu überschreiten. Ein teilweiser plötzlicher Kollaps ist entsprechend kurz- oder mittelfristig möglich. Er könnte zu einem Meeresspiegelanstieg von einigen Metern innerhalb von weniger als einem Jahrhundert führen. Dies ist kurz- und mittelfristig eine der ernstesten Bedrohungen durch den Klimawandel.

b) Der IPCC überschätzt die spontane Abnahme der Kohlendioxidintensität der Wirtschaft. Eine Einheit des BIP zu produzieren erfordert eine gewisse Menge an fossiler Energie, also auch ein gewisses Volumen an Emissionen. Man beobachtet, dass Energie- und Kohlendioxidintensität der Wirtschaft seit der industriellen Revolution mehr oder weniger regelmäßig zurückgegangen sind. Wenn sich diese Tendenz fortsetzt, waren die Anstrengungen zur Verringerung der Emissionen um ein gegebenes Verhältnis selbstverständlich kleiner, als wenn die Intensität stabil bleiben oder anwachsen würde. Die Arbeiten des IPCC basieren auf dieser Hypothese. Dies widerspricht jedoch der in den letzten Jahren beobachteten Realität: Seit 2000 sehen wir einen Anstieg im Verhältnis zu den Projektionen. Dies liegt zum Teil an massiven Kapitalinvestitionen in China und Indien, die in diesen Ländern zum Bau vieler kohlebefeuerter Elektrizitätswerke geführt haben, die billigen Strom – und billige Produkte für die westlichen Märkte – produzieren. Einigen Quellen zufolge gehen 17 Prozent des Anstiegs der weltweiten Emissionen seit 2000 auf den Anstieg der Kohlendioxidintensität der Wirtschaft zurück, mit anderen Worten auf die Benutzung stärker verschmutzender Technologien.

10. Die Verringerung der Emissionen an der Quelle ist die einzige strukturelle Strategie. Erste Priorität hat die Reduzierung der Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger.

Theoretisch kann die Minderung des CO2-Gehalts der Atmosphäre auf drei Wegen erreicht werden: Schutz und Entwicklung von Wäldern („Kohlenstoffsenken“), Abscheidung und Einlagerung von CO2 in geologischen Formationen (Sequestration), Reduzierung von Emissionen an der Quelle. Nur die Reduzierung der Emissionen bietet eine strukturelle Lösung.

Da Entwaldung die zweite Ursache von Treibhausgasemissionen ist. lässt sich durch den Schutz bestehender Wälder erreichen, dass der Klimawandel wenigstens nicht noch verschärft wird. Aber das ist keine strukturelle Lösung: a) weil ausgewachsene Wälder ebenso viel Kohlenstoff (durch Atmung) emittieren wie sie (durch Photosynthese) absorbieren; b) weil die globale Erwärmung, wie wir gesehen haben, ab einem gewissen Punkt dazu führt, dass die Wälder mehr emittieren als sie absorbieren.

Wachsende Bäume absorbieren mehr Kohlenstoff als sie emittieren. Unter bestimmten sozialen und ökologischen Bedingungen kann das Anpflanzen von Bäumen ein Mittel im Kampf gegen den Klimawandel sein. Aber das ist auch keine strukturelle Lösung; denn: a) ist die Ausweitung von Wäldern durch die verfügbaren Flächen begrenzt, und b) wird der gespeicherte Kohlenstoff wieder freigesetzt, wenn die Bäume gefällt werden (oder einige Zeit später, je nach Nutzung des Holzes).

Die „Kohlenstoffabscheidung und -einlagerung“ (capture and sequestration of carbon – CSC) besteht darin, dass CO2 aus dem Rauch zu isolieren, wenn es die verschmutzenden Anlagen verlässt, um es anschließend in luftdichte geologische Reservoirs in großer Tiefe einzupressen. Die möglichen Lagerstätten scheinen eine erhebliche Kapazität zu haben. Die Begeisterung über die Technologien erklärt sich aus der Tatsache, dass sie es ermöglichen, die Kohlereserven zu erschließen, die weit größer als die Vorräte an Öl und Gas sind. Es ist jedoch klar, dass auch CSC keine strukturelle Lösung ist: Die Reservoirs haben notwendigerweise eine begrenzte Kapazität, und nur das von Großunternehmen emittierte CO2 kann eingefangen werden.

Die einzige strukturelle Antwort auf das Problem der Sättigung des Kohlenstoffkreislaufs ist es, die Emissionen der Treibhausgase an der Quelle zu reduzieren. Minderungsstrategien können für alle betroffenen Gase verfolgt werden, aber die radikale Minderung der CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger bildet die strategische Achse zur Rettung des Klimas: a) weil die Verbrennung fossiler Energieträger die wichtigste Ursache der globalen Erwärmung ist; b) weil CO2 das bei weitem wichtigste Treibhausgas ist; und c) weil seine Lebensdauer in der Atmosphäre relativ lang ist.

Zusätzlich zu diesen technischen Argumenten sollten wir betonen, dass wir aus sozialen Gesichtspunkten die Minderung fossiler CO2-Emissionen aus dem Automobil- und Luftverkehr einerseits und die Minderung von Methan-Emissionen aus dem Reisanbau oder von nicht-fossilen CO2-Emissionen aus der Brandrodungslandwirtschaft in Wäldern lebender indigener Völker andererseits nicht auf eine Stufe stellen können.

11. Die absolute Senkung des Energieverbrauchs in den entwickelten Ländern ist die Vorbedingung für den Übergang zu erneuerbaren Energien und die Rettung des Klimas.

Die radikale Minderung fossiler CO2-Emissionen erfordert, an zwei Hebeln gleichzeitig anzusetzen: a) fossile Energien durch erneuerbare Energien zu ersetzen; b) den Energieverbrauch zu senken.

Das technische Potenzial der Sonnenenergie in ihren verschiedenen Formen (Wind, solarthermisch [Kollektoren], solarelektrisch [Photovoltaik], Wasser, Gezeiten) entspricht etwa dem 7- bis 10-fachen des globalen Energieverbrauchs. [5] Es könnte in den nächsten Jahrzehnten dank wissenschaftlicher und technischer Fortschritte noch beträchtlich zunehmen. Eine völlig kohlendioxidfreie Weltwirtschaft ohne Rückgriff auf Kernenergie ist somit keine Utopie.

Doch dieses enorme technische Potenzial erlaubt trotzdem kein Szenario, in dem erneuerbare Quellen die fossilen Quellen einfach ersetzen würden, während ansonsten alles beim alten bleibt. Denn a) ist Solarenergie verteilt; b) kommt sie in verschiedener, mehr oder weniger nutzbarer Gestalt und Form und c) stehen die meisten dieser Formen nur zeitweise zur Verfügung, so dass ihre Nutzung die Entwicklung von Speichersystemen und die Nutzung neuer Übertragungseinrichtungen und ad-hoc-Infrastrukturen erfordert.

Das bedeutet, dass der Übergang zu erneuerbaren Energien die Entwicklung eines neuen internationalen Energiesystems erfordert – dezentralisiert, diversifiziert, ökonomisch und auf Effizienzmaximierung ausgerichtet –, das ausschließlich auf der Ausnutzung des Sonnenenergiepotenzials basiert. Dies ist ein gigantisches Unterfangen, das bedeutende Investitionen erfordert; deshalb benötigt es Energie, die, zumindest in den ersten Phasen des Übergangs, hauptsächlich nur fossilen Ursprungs sein kann – also einer Quelle zusätzlicher Emissionen – oder ... aus Kernenergie stammen könnte – also einer Quelle inakzeptabler ökologischer, sozialer und politischer Gefahren (siehe unten).

Wie wir gesehen haben sollten, um einen Temperaturanstieg von 2°C nicht zu sehr zu überschreiten, die weltweiten Emissionen spätestens ab 2015 zu fallen beginnen. Daraus ergibt sich, dass die durch den Umbau verursachten zusätzlichen Emissionen unbedingt anderswo kompensiert werden müssen. Konkret und mit anderen Worten: Die Klimasituation ist so ernst und so dringend, dass der Übergang zu erneuerbaren Energien nach unserem heutigen Wissensstand nur dann einen Ausweg eröffnet, wenn er von einer drastischen Minderung des Energieverbrauchs in den am meisten „energieverschlingenden“ Ländern begleitet wird. Solch eine Minderung setzt umgekehrt auch eine – nicht proportionale, aber dennoch erhebliche – Minderung des stofflichen Austauschs, d.h. von Produktion und Materialverbrauch.

Der Kampf gegen den Klimawandel bestätigt daher eindeutig einmal mehr die allgemeinere ökologische Sicht, dass der sich immer mehr beschleunigende Rhythmus, in dem die kapitalistische Ökonomie der natürlichen Umwelt Ressourcen entnimmt, ohne die Zeit für ihre Erneuerung zu berücksichtigen, nicht nachhaltig ist.

12. Die Minderung des Energieverbrauchs in den entwickelten Ländern muss drastisch sein. Sie kann nicht nur mit dem Erhalt des Erreichten, sondern auch mit sozialem Fortschritt einher gehen.

Die Minderung des Energieverbrauchs betrifft vor allem die entwickelten kapitalistischen Länder, wo das Emissionsminderungspotenzial durch Energieeinsparung beträchtlich ist. Unterschiede zwischen den Ländern bezeugen dies: Ein Bewohner der USA verbraucht beispielsweise das Äquivalent von 8 Tonnen Öl jährlich, ein Bewohner der Schweiz 4 Tonnen, jeweils bei vergleichbarem Lebensstandard.

Die derzeitigen Schätzungen der Minderungspotenziale sind hoch, aber immer noch deutlich unterschätzt. Unberücksichtigt bleibt der Großteil der strukturellen Mechanismen, die die kapitalistische Gesellschaft zu einer Verschwendungsmaschine für Energie und Ressourcen machen: Tendenz zur Überproduktion und Überkonsumtion, nutzlose oder schädliche Produktion (Werbeindustrie, Waffenproduktion usw.), getrennte Produktion von Wärme und Elektrizität, niedrige Energieeffizienz von Geräten aller Art, massive Produktionsverlagerung in die Schwellenländer, die für die Märkte der entwickelten kapitalistischen Länder produzieren, Aufblähung des Verkehrs wegen der Just-in-time-Produktion für den Weltmarkt und die Flexibilisierung der Arbeit, beschleunigtes Veralten von Produkten, Fehlentwicklungen durch kriegsbedingte Zerstörung/Wiederaufbau, absurde kapitalistische Landnutzung (Expansion der Vororte und Industriegebiete usw.), ganz zu schweigen von der wahnwitzigen Gier der Reichen nach materiellem Besitz und die Kompensation des sozialen Elends der Massen durch zwanghaften Konsum.

Den Energiebedarf der EU und Japans durch zwei und den der USA durch vier zu teilen, ist ein technisch realisierbares Ziel. Im Hinblick auf konkrete Mechanismen der Energieverschwendung können wir zumindest sagen, dass dieses Ziel mit dem Erhalt sozialer Errungenschaften vereinbar ist: Es kann sogar gleichbedeutend mit beträchtlichem sozialen Fortschritt sein. Dies ist eine Frage politischer Entscheidungen.

13. Es ist nicht länger möglich, das Klima ohne Beteiligung des Südens zu retten. Das Recht der Völker des Südens auf Entwicklung kann nur durch Rückgriff auf saubere Technologien konkretisiert werden.

Selbst die drastischsten Anstrengungen auf Seiten der entwickelten Länder könnten nicht mehr ausreichen, um das Klima zu retten. Schon nach einem Zeitraum von nur wenigen Jahren wird ein gewisser Beitrag der vom Imperialismus beherrschten Länder, vor allem der großen Schwellenländer, unverzichtbar sein. Die Zahlen des IPCC schreiben auf Basis differenzierter historischer Verantwortlichkeiten fest, dass diese Länder ihre Emissionen bis 2020 (2050 für Afrika). „gegenüber dem Referenzszenario substanziell ändern“ müssen Eine Änderung der Emissionen von 15 bis 30 Prozent im Verhältnis zu einem „business as usual“-Szenario könnte durch Schutz von Wäldern gemeinsam mit einer Steigerung der Energieeffizienz erreicht werden. Aber unabhängig von sozialen Strategien erfordert die Konkretisierung des Grundrechts auf soziale und ökonomische Entwicklung einen massiven Transfer von sauberen Technologien, so dass diese Länder das auf fossilen Brennstoffen basierende Wirtschaftsmodell überspringen können.

14. Es reicht nicht, gegen den Klimawandel zu kämpfen, man muss sich auch an den jetzt unvermeidlichen Teil des Phänomens anzupassen. Dies ist eine bedeutende Herausforderung für die Menschen des Südens.

Selbst eine schnelle und radikale Reduzierung der Treibhausgasemissionen würde es uns nicht mehr ermöglichen, den Klimawandel zu verhindern, dessen Auswirkungen bereits zu spüren sind. Jegliche Kampfstrategie muss daher sowohl die Eingrenzung (Minderung) des Phänomens als auch die Anpassung an den nunmehr unvermeidlichen Teil der Auswirkungen ansprechen und auf Weltebene entsprechend handeln, entsprechend der historischen Verantwortlichkeiten der Länder und deren Möglichkeiten. Generell sind Minderung und Anpassung so miteinander verknüpft, dass je stärker und schneller die erstgenannte, desto begrenzter die zweite sein muss, und umgekehrt. Bei einem Temperaturanstieg von mehr als 2°C verglichen mit vorindustriellen Zeiten wird die Anpassung immer problematischer und teurer. Ab einem bestimmten Niveau wird sie ganz unmöglich werden – außer zum Preis menschlicher Katastrophen mit Hunderten Millionen von Opfern und ökologischen Katastrophen größten Ausmaßes.

Anpassung ist nicht begrenzt auf die Errichtung oder Verstärkung von Infrastruktur zum Schutz der Bevölkerungen (Dämme gegen Überschwemmungen oder einen Anstieg des Wasserspiegels, Sturmhäfen, Entwässerungssysteme usw.) auf der einen und einen Ausbau der Mittel, die bei einer möglichen Katastrophe mobilisiert werden können, auf der anderen Seite. Der Klimawandel betrifft alle Sphären des sozialen Lebens und alle Ökosysteme, und er wird sie in Zukunft wahrscheinlich noch stärker beeinflussen. Anpassungsmaßnahmen müssen auf sehr vielen Gebieten ergriffen werden: Verwaltung der Wasserressourcen, Stadt- und Landesplanung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, öffentliche Gesundheit, Umweltpolitik (insbesondere Schutz von Feuchtgebieten und Mangroven), Ernährungsgewohnheiten, Risikoversicherungen usw.

Anpassung stellt eine größere Aufgabe für die vom Imperialismus beherrschten Länder dar, wo die Auswirkungen des Klimawandels bereits am deutlichsten spürbar sind. Die entwickelten Länder investieren bei sich massiv in die Anpassung. Da die entwickelten Länder hauptverantwortlich für den Klimawandel sind, ist es an ihnen, die Kosten für die Anpassung in den weniger entwickelten Ländern zu bezahlen. Nach einer Schätzung des UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) erfordert dies 2015 einen jährlichen Nord-Süd-Finanztransfer von 86 Milliarden Dollar.

Jenseits aller technischen Aspekte ist die wichtigste Anpassungsmaßnahme in Wirklichkeit die Beseitigung der Armut und die drastische Verringerung sozialer Ungleichheit. Tatsächlich steht die Fähigkeit zur Anpassung in direktem Verhältnis zu Ressourcen, sozialen Rechten und der Effektivität der sozialen Sicherungssysteme. Anpassung bildet eine besonders wichtige Aufgabe für die Frauen in den ärmsten Ländern und als Ergebnis für die Gesellschaft insgesamt, da Frauenarbeit zu etwa 80 % die Nahrungsmittelproduktion sichert.

15. Die Bevölkerungsentwicklung ist ein Parameter der Klimaentwicklung aber keine Ursache des Klimawandels. Die Fortsetzung des demographischen Wandels wäre wünschenswert, aber keine Politik der Bevölkerungskontrolle kann die Aufgabe des Klimaschutzes lösen.

Die Entwicklung der Weltbevölkerung beeinflusst offensichtlich die Szenarien zur Klimastabilisierung: Für eine Bevölkerung von sechs Milliarden bedeutet eine Halbierung der Emissionen, dass jeder Mensch 0.5 Tonnen Kohlenstoff pro Jahr emittieren kann; bei einer Bevölkerung von neun Milliarden müssten bei ansonsten gleichen Bedingungen die Emissionen auf ein Drittel fallen, was die Kohlenstoffquote auf 0.25 Tonnen pro Kopf und Jahr bringen würde. Aber solch eine zusammenfassende Darstellung verschleiert die Tatsache, dass ein Land wie beispielsweise die USA mit 5 Prozent der Weltbevölkerung 25 Prozent der Energieressourcen verbraucht und für ein Viertel der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist.

Die entwickelten Länder emittieren zwischen acht und zwanzig Mal mehr CO2 pro Kopf und Jahr als die [vom Imperialismus] beherrschten Länder. Wenn wir die Periode 1950–1990, betrachten, sehen wir, dass a) der Bevölkerungszuwachs in den sogenannten „Entwicklungsländern“ definitiv weniger zum Anstieg der CO2-Emissionen beigetragen hat als der Konsumtionszuwachs in den entwickelten Ländern und sogar als Bevölkerungszuwachs in diesen Ländern; b) wenn die Länder des Südens ihre Bevölkerungszahl auf dem Niveau von 1950 eingefroren, aber gleichzeitig das Niveau der CO2-Emissionen pro Kopf des Nordens übernommen hätten, die globale Erwärmung wesentlich ernster als heute wäre; c) wenn andererseits die Pro-Kopf-Emissionen der Länder des Nordens denen der Länder des Südens gleich wären, die globale Erwärmung definitiv weniger ernst als heute wäre, auch bei Fehlen jeglicher Bevölkerungskontrolle.

Daher kann man die Demographie, insbesondere die der Entwicklungsländer, nicht als die Hauptursache, nicht einmal als bedeutendere Ursache des Klimawandels bezeichnen. Der Bevölkerungszuwachs, zunächst in den entwickelten Ländern, später in den vom Imperialismus beherrschten Ländern, ist selbst ein Produkt der Produktions- und Konsumtionsweise, die von der industriellen Revolution geschaffen wurde. Relative Überbevölkerung ist ein wichtiges Kennzeichen des Bevölkerungsgesetzes des Kapitalismus, das ständig eine „Reservearmee“ benötigt. Nach den Berichten des IPCC ist klar, dass dieses System droht, eine Klimakatastrophe auszulösen. Deshalb sollte es in Frage gestellt werden, dringend. Dies ist der einzige Weg, um gegen die globale Erwärmung vorzugehen – einerseits in der kurzen Zeitspanne, die uns bleibt, und andererseits bei Berücksichtigung der Menschenrechte, insbesondere der Rechte von Frauen.

Der demographische Wandel findet in den Entwicklungsländern bereits größtenteils statt, und er schreitet schneller voran als erwartet. Aus einer Reihe von ökologischen Gründen ist es wünschenswert, dass sich dieser Wandel fortsetzt. Dies setzt sozialen Fortschritt und die Entwicklung sozialer Sicherungssysteme ebenso voraus wie Informationen und erweiterte Rechte für die Frauen zur Kontrolle ihrer eigenen Fruchtbarkeit (einschließlich des Rechts auf Abtreibung unter guten Bedingungen). Das ist zwangsweise eine langfristige Politik. Ohne Rückgriff auf eine beispiellose Barbarei kann keine Politik der Bevölkerungskontrolle die dringende Aufgabe des Klimaschutzes lösen.


III. DIE KAPITALISTISCHE ANTWORT


16. Durch Aktionen der kapitalistischen Lobbys haben wir 30 Jahre im Kampf für das Klima verloren.

Die ersten wissenschaftlichen Warnungen hinsichtlich der Gefahr einer globalen Klimaerwärmung gab es schon 1957. Im Jahre 1958 wurde das Observatorium von Mauna Loa (Hawai) gegründet und seit seiner Inbetriebnahme hat es die zunehmende Akkumulation von Treibhausgasen in der Atmosphäre bestätigt. Wir mussten aber mehr als 20 Jahre warten, bis die Vereinten Nationen die erste Weltkonferenz über das Klima (Genf 1979) einberiefen und über 30 Jahre, bis der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) eingerichtet wurde. Zwei Jahre nach seiner Gründung hat der IPCC seinen ersten Sachstandsbericht angenommen (Genf 1990), dessen Schlussfolgerungen in den drei späteren Berichten immer wieder bestätigt worden sind.

Ein erster symbolischer Schritt in Richtung der vom IPCC geforderten international abgestimmten Handlungen wurde anlässlich des Erdgipfels in Rio de Janeiro (1992) unternommen, als 154 Länder die „Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen“ (UNFCCC) unterschrieben. Die Konvention übernahm das wichtige Prinzip der „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung“ und setzte als „Endziel“, die „Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, das jede gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert“. Doch das Niveau wurde nicht konkret angegeben und das Dokument begnügte sich mit dem Gelübde, die Staaten würden freiwillig ihre Emissionen senken, so dass sie im Jahr 2000 wieder das Niveau von 1990 erreichten. Wir mussten dann bis 1997 warten – 40 Jahren nach den ersten Warnungen von Wissenschaftlern – bis mit Kyoto der erste verpflichtende Klimavertrag abgeschlossen wurde.

Diese extreme Langsamkeit bei der Bewusstwerdung der Gefahr konnte man anfänglich mit Unsicherheit und den sehr unterschiedlichen Wirkungen des Klimawandels erklären. Aber später spielten die kapitalistischen Lobbys eine Schlüsselrolle. Praktisch seit den 1980er Jahren haben Vertreter der am stärksten mit fossilen Energieträgern verbundenen Sektoren des US-Kapitals Lobbystrukturen gegründet und großzügig finanziert, die skeptische Wissenschaftler, Journalisten und politische Vertreter buchstäblich kauften, um zu verhindern, dass der wachsende Konsens unter den Klimatologen auf die Entscheidungsträger und die öffentliche Meinung übergriff.

Zeitweilig bemühte man „die Wissenschaft“, zeitweilig stellte man sie in Frage, zeitweilig betonte man die Opfer, die schon durch das Kyoto-Protokoll verlangt würden, was man zeitweilig wieder als bedeutungslos hinstellte – die Lobbys taten alles, was sie konnten, um die Realität des Klimawandels systematisch auf den Status einer zweifelhaften und umstrittenen Hypothese, ja sogar als religiös-apokalyptische Spinnerei oder als internationale Verschwörung gegen den „American way of life“ hinzustellen.

Durch ihre zahlreichen Aktionen gewannen diese Lobbys einen hegemonialen Einfluss auf US-amerikanische Entscheidungsträger auf allen Ebenen. Wenn man die dominierende Rolle der USA als imperialistischer Supermacht bedenkt, so machte es ihnen diese Hegemonie möglich, a) entscheidenden Einfluss bei Schlüsselmomenten in den internationalen Klimaverhandlungen zu gewinnen (so bei der Konferenz von Den Haag 2000); und b) vielen pro-kapitalistischen Kräften auf internationaler Ebene „Argumente“ zu liefern. Doch am Ende hat sich die „unerwünschte Wahrheit“ durchgesetzt, auch bei der US-amerikanischen herrschenden Klasse. Doch die Aktionen der Lobbys ermöglichten es den multinationalen Konzernen, dreißig Jahre mit den fossilen Energieträgern weiterzumachen, während die Menschheit dreißig Jahre verloren hat.

17. Der bis heute einzige Vertrag mit konkreten Vorgaben, das Kyoto Protokoll, ist nicht nur völlig unzureichend: Es wurde ein Markt für Verschmutzungsrechte aufgebaut, der die soziale und klimatische Ungerechtigkeit verschärft.

Der erste Versuch von Regierungen, eine umfassende Antwort auf den Klimawandel zu geben, nämlich das Kyoto-Protokoll (1997), verpflichtet die Industrieländer, ihre Emissionen im Zeitraum 2008-2012 im Vergleich zu 1990 um 5,2 % zu reduzieren. Es wäre banal festzustellen, dass dieser Vertrag völlig unzureichend ist. Diese 5,2 % bringen die Industrieländer nicht auf den Weg zu einer Verminderung von 25 % bis 40 % bis 2020 und zwischen 80 % und 95 % bis 2050 [wie sie eigentlich nötig wäre]. Die Nicht-Ratifizierung des Vertrages durch die USA bedeutet eine Reduzierung von kaum 1,7 %. Und die Ziele werden noch weiter aufgeweicht, weil sie strukturelle Verminderungen der Emissionen auf die gleiche Stufe stellen wie Steigerungen der Absorption von CO2 durch Wälder. Außerdem werden die Emissionen des Luft- und Seetransports (immerhin 2 % der Gesamtemissionen) gar nicht eingerechnet.

Die für die Staaten vorgesehenen Reduzierungsquoten werden durch drei „Flexibilitätsmechanismen“ weiter gelockert: durch den Clean Development Mechanism (CDM), durch die Joint Implementation (JI) und durch den Emissionshandel (Emission Trading). Der Handel mit Rechten ermöglicht es Unternehmen entwickelter Länder, die bestimmte Reduktionsziele erreichen müssen und sie übertreffen, entsprechende Verschmutzungsrechte (in Tonnen CO2) zu verkaufen. Der CDM (und zusätzliche die JI) machen es den Industrieländern möglich, einen Teil der notwendigen Anstrengungen durch Investitionen in Ländern des Südens (und des Ostens) aufzufangen. Diese Investitionen generieren „Emissionsgutschriften“ (oder zertifizierte Rechte), die gehandelt werden können. Diese ganzen Erfindungen werden als Beweis hingestellt, dass das Klima mithilfe kapitalistischer Mechanismen gerettet werden kann, indem man einen Markt für den Handel von Verschmutzungsrechten und -gutschriften schafft. In Wirklichkeit entspricht ein Gutteil dieser Rechte und Gutschriften keinen Bemühungen um strukturelle Reduzierungen und über 50 Prozent der CDM-Gutschriften entsprechen überhaupt keiner realen Reduzierung von Emissionen. Was nun den Handel mit Verschmutzungsrechten angeht, so zeigt das von der Europäischen Union (EU) seit 2005 eingerichtete System (EU-Emissionshandelssystem ETS), dass in der Praxis das „cap and trade“ (Kürzen und Handeln) zum Ergebnis hat, dass die Reduktionsziele (cap) nach den Renditezielen der Konzerne festgelegt werden, und dass die größten Verschmutzer enorme Superprofite machen können (die sie noch nicht einmal in sauberere Technologien investieren müssen).

Durch diese Mechanismen gehört das Protokoll zur weltweiten Offensive der herrschenden Klassen gegen die arbeitende Bevölkerung, zur Offensive des Imperialismus gegen die von ihm beherrschten Länder und zur Schlacht der Kapitalisten für die Aneignung und Kommodifizierung [zur Ware machen] der natürlichen Ressourcen. Die imperialistischen Länder können zu günstigen Preisen CO2-Gutschriften erwerben, ohne dass sie ihre eigenen Emissionen kürzen, während sie die zukünftigen Möglichkeiten der Entwicklungsländer beschneiden, ihre Emissionen zu reduzieren. CDM und JI, die mit dem Handel von Rechten verbunden sind, machen es den Multis möglich, sich mittels ihrer Investitionen in Entwicklungs- oder Transformationsländern [6] neue Märkte zu eröffnen und die Erpressung gegen die Arbeitenden zu verstärken. Die Entwicklung eines solchen CO2-Marktes eröffnet auch dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank neue Betätigungsfelder. Somit sind die Grundlagen für einen neuen CO2-Neokolonialismus gelegt; die Verteilung von Verschmutzungsrechten auf Basis der Menge der 1990 ausgestoßenen Treibhausgasemissionen besiegelt das Nord-Süd-Gefälle in der Entwicklung; die Privatisierung und Kommodifizierung des Rechtes auf Kohlendioxidemission sowie die Aneignung von Ökosystemen, die in der Lage sind CO2 aufzunehmen, stellt eine kapitalistische Eroberung des terrestrischen Kohlenstoffzyklus dar und somit sogar die Möglichkeit einer völligen Inbesitznahme der Biosphäre, die diesen Zyklus reguliert; im Kyoto-Vertrag werden die Bemühungen, die großen Entwicklungsländer unternehmen, überhaupt nicht berücksichtigt. Daher haben die herrschenden Klassen dieser Länder einen bequemen Vorwand, so lange es geht, fossile Energieträger zu verbrennen oder Wälder abzuholzen, und dies im Namen der Entwicklung.

Gleichzeitig enthält das Protokoll eine Reihe von Regulierungsmaßnahmen: Die Reduzierung der Emissionen wird quantifiziert und mit einem Zeitplan verbunden; für den Fall der Nicht-Respektierung sind Sanktionen vorgesehen, Flexibilitätsmechanismen können die einheimischen Maßnahmen nur „ergänzen“, Investitionen in die Kernkraft sind im Rahmen der CDM nicht anrechenbar; der Rückgriff auf Gutschriften, die sich aus Aufforstungen ergeben, ist begrenzt (und wird von einigen Staaten verboten). Der dauernde Druck, den kapitalistische Lobbys gegen diese Maßnahmen vollführen, drückt den Antagonismus zwischen den physikalischen Grenzen, die man beachten muss, um das Klima zu stabilisieren einerseits, und der Logik der Profitakkumulation auf der andern Seite aus.

18. Während die inter-imperialistische Konkurrenz verschärft wird, zwingen Realität des Klimawandels und die Aufgabe der Sicherung der Energieversorgung die herrschenden Klassen, eine globale Antwort auf den Klimawandel ins Auge zu fassen.

Angesichts der Breite und der wachsenden Solidität des wissenschaftlichen Konsenses, der zunehmend deutlicheren Manifestation der globalen Erwärmung und des Drucks der öffentlichen Meinung müssen die herrschenden Klassen eine stärker verpflichtende Strategie entwickeln, die ambitionierter und langfristiger ist als das Kyoto Protokoll.

Dass diese Wende in Europa und Japan früher begann als in den USA, erklärt sich aus der besonderen Lage der drei großen kapitalistischen Blöcke. Japan und die EU versuchen, ihre starke Energieabhängigkeit durch größere Energieeffizienz und eine stärkere Diversifizierung der Ressourcen zu verringern. Sie hoffen auch, auf dem sich herausbildenden CO2-Markt, auf dem Markt für „grüne“ Technologien und insbesondere auf dem Markt für Atomtechnologie Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Auf der anderen Seite haben die Öl- und Kohle-Sektoren ein äußerst großes Gewicht in der Struktur des US-Kapitalismus, der außerdem mit den Ölmonarchien am Golf eine strategische Allianz geschlossen hat.

Die Europäische Union marschierte voran. Nach dem Gipfel von Den Haag (2000) spielte sie eine treibende Rolle bei der Durchsetzung des Kyoto-Protokolls ohne die USA durch Aushandeln des Abkommens von Marrakesch. 2005 wurde das Europäische Emissionshandelssystem gestartet, ein Experiment, das wahrscheinlich als Modell für den kommenden Weltmarkt für Verschmutzungsrechte dienen wird. Im gleichen Jahr stellte Tony Blair auf dem G-8-Gipfel erstmalig den Vorschlag einer Reduzierung der gesamten Emissionen um 50 % bis 2050 vor, ein Ziel, das auf dem Gipfel von Tokio 2008 auch angenommen wurde.

In diesem Kontext wurde die Position der USA und ihrer Verbündeten zur Klimafrage zunehmend unhaltbar. Während die Bush-Regierung verbindliche Reduzierungen mit genauen Zeitplänen weiter ablehnte und sich einer unterschiedlichen Behandlung von imperialistischen Ländern und vom Imperialismus beherrschten Ländern verweigerte, plädierte ein wachsender Sektor des US-Großkapitals für eine Politik der Festlegung von Emissionsquoten. Für diesen Meinungswandel gab es vier wesentliche Gründe: a) die Angst, dass die Kosten fürs Nichtstun längerfristig höher liegen würden als die Kosten fürs Handeln; b) die Überzeugung, dass – da eine Reduzierung der Emissionen unvermeidlich ist – es besser ist, gleich damit zu beginnen und sie nach internationalen Regeln zu organisieren; c) die Angst, dass die Klimapolitik der EU und Japans diesen Wettbewerbern einen beträchtlichen Vorsprung im Bereich der „grünen“ Technologien verschaffen könnte; d) der von der EU erbrachte Beweis, dass die „cap and trade“-Strategie in Verbindung mit dem CDM-System ihre Vorteile hat.

Diese Umorientierung der herrschenden Klasse der USA wurde durch zahlreiche Initiativen auf der Ebene der Firmen, der Unternehmerverbände, der Gemeinden und Bundesstaaten konkretisiert. Nach und nach verloren die Leugner des Klimawandels ihren Einfluss, und schließlich wurden dem Repräsentantenhaus acht Gesetzesinitiativen zugunsten einer mehr oder weniger starken Begrenzung von Emissionen vorgelegt. Mit einigen Unterschieden zeigte sich diese Entwicklung auch in den Programmen der beiden Kandidaten, die die Nachfolge von Bush antreten wollten.

Eine ähnliche Entwicklung fand bei den herrschenden Klassen der großen Schwellenländer statt, besonders in China, Brasilien, Südafrika, Mexiko und (deutlich weniger) in Indien. Anfänglich begnügten sich die Bourgeoisien dieser Länder damit, auf ihr Recht auf Entwicklung zu pochen und die gesamte Verantwortung für die Aktionen, die zur Rettung des Weltklimas notwendig sind, auf die Industrieländer abzuschieben. Diese Haltung wurde wegen des sich beschleunigenden Klimawandels und seiner konkreten sozioökonomischen Auswirkungen, der zunehmenden Bedeutung des Klima-/Energieproblems in der allgemeinen Politik des Imperialismus und der wachsenden Sorge der Bevölkerung und in der öffentlichen Meinung, besonders in bestimmten Ländern, unhaltbar. Und wir dürfen auch die unbestreitbare zweifache Feststellung nicht vergessen: Die globale Erwärmung betrifft die [vom Imperialismus] beherrschten Länder heute und in Zukunft stärker, aber eine Stabilisierung auf einem für die Menschheit ungefährlichen Niveau ist unmöglich ohne eine Beteiligung dieser Länder an den Anstrengungen zur Reduzierung der Emissionen. Nachdem sie im Prinzip eine Beteiligung an den weltweiten Bemühungen akzeptiert haben, bereiten sich die herrschenden Klassen der großen Schwellenländer jetzt auf harte Verhandlungen mit dem Imperialismus über die Bedingungen vor, wobei sie natürlich ihre eigenen kapitalistischen Interessen verteidigen wollen. Einige Regierungen (China, Mexiko) haben die Initiative ergriffen und von sich aus eigene Ziele zur Reduzierung der Emissionen festgelegt, um damit soweit wie möglich zu verhindern, dass ihnen von Seiten der kapitalistischen Mächte zu ungünstige Bedingungen aufoktroyiert werden.

Allgemein wird in allen Ländern eine Entwicklung begünstigt, die von wachsenden Spannungen im Bereich der Zufuhr von Öl und Gas ausgeht, weil deren Reserven abnehmen. Jenseits der Auf und Abs der Konjunktur und der Spekulation werden diese Spannungen die Wirkung haben, den Ölpreis auf einem hohen Niveau zu halten und dadurch auch zu Preissteigerungen bei anderen fossilen Energieträgern und bei Biotreibstoffen und damit letztlich auch bei landwirtschaftlichen Produkten führen wird. Zusammengenommen erklären diese Elemente, dass die Linie der US-Regierung auf der Bali-Konferenz (Dezember 2007) ausgehebelt wurde. Diese Konferenz führte zu einer gewissen Entblockierung der Verhandlungen mit Blick auf einen neuen internationalen Vertrag, der einst das Kyoto-Protokoll ablösen soll.

19. Die für den Zeitraum 2012–2050 entwickelte kapitalistische Politik ist noch liberaler als Kyoto und führt dazu, dass wir uns auf einen durchschnittlichen Anstieg der Erdtemperatur von 2,8 bis 4 Grad einstellen müssen. Das ist ein schweres Verbrechen an der Menschheit und der natürlichen Umwelt.

Die in Bali angenommene „road map“ bezieht sich präzise auf die Quantifizierungen, die sich aus dem Bericht des IPCC von 2007 ergeben (vgl. oben Punkt 8). Die Tinte war noch nicht getrocknet, als die G8 den Beschluss fassten, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um 50 % zu senken – ohne den oberen Wert der Spannweite der vom IPCC empfohlenen globalen Reduktionsziele (85 %). oder das für die entwickelten Länder benannte Reduktionsziel (zwischen 80 und 95 % bis zum Jahre 2050) oder die Zwischenschritte für diese Länder (zwischen 25 % und 40 % bis 2020) oder aber die notwendige Abnahme der globalen Emissionen ab 2015 auch nur zu erwähnen.

Anfang 2008 schlug die Europäische Kommission ihren Mitgliedstaaten und dem Parlament ein „Energie- und Klimapaket“ vor (bis 2020: 20 % Reduzierung bei den Emissionen, 20 % Energieeffizienzsteigerung und 20 % erneuerbare Energien – darunter 10 % Beimischung von Biotreibstoffen beim Verkehr). Dieses „Paket“ fällt geringer aus als die Empfehlungen des IPCC und ist unvereinbar mit dem vom EU-Rat 1996 beschlossenen Ziel, den Temperaturanstieg auf 2 Grad zu begrenzen. [7] Im Herbst 2008 stellten im Rahmen der von den suprime-Krediten ausgelösten „Finanzkrise“ und der kapitalistischen Rezession einige Mitgliedstaaten (besonders Italien, Polen und die Tschechische Republik) und auch Industriebranchen (Automobil, Eisen und Stahl) diese Inhalte und besonders die Methoden des „Paketes“ in Frage. Das Ratstreffen vom Dezember 2008 hielt an der symbolischen Formel 20-20-20(10) fest, doch ist sie inzwischen kaum mehr als eine Fassade. Die Unternehmer haben sich in zwei Schlüsselbereichen fast vollständig durchsetzen können: Emissionsrechte für Sektoren, „die der internationalen Konkurrenz ausgesetzt“ sind, sowie für die Kohlekraftwerke der neuen Mitgliedsländer sollen kostenlos sein und die Bemühungen sollen mittels der CDM stark auf die Entwicklungsländer verlagert werden (fast 70 % der Emissionsminderungen könnten so auf den Süden verschoben werden).

Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich in den USA ab. Barack Obamas „Energie und Klima“-Programm sieht vor, bis 2050 die Emissionen um 80 % zu reduzieren. Dieses Ziel scheint beeindruckend zu sein, doch es entspricht noch nicht einmal dem unteren Wert der vom IPCC für nötig geachteten Bandbreite von Reduzierungen für die entwickelten Länder (wobei sich die USA angesichts ihres Emissionsniveaus natürlich ganz im oberen Bereich befinden müssten). Obama hat versprochen, die USA 2020 wieder auf das Niveau von 1990 zurückzuführen, was einer Reduzierung von 20 % im Vergleich zum heutigen Stand entspräche. Wiederum scheint das Ziel beeindruckend zu sein. Doch es liegt deutlich niedriger als die Zahlen des IPCC und auch niedriger als die Zahlen, die die USA bereits 2012 erreichen müssten, wenn sie das Kyoto-Protokoll ratifiziert hätten. Auch Obama hat ein System des „cap and trade“ verkündet, wobei die Verschmutzungsrechte verkauft werden sollen; mit den Einnahmen sollen einerseits ein Umbau des Energiesystems finanziert werden, andererseits Programme, um die Kosten dieses Umbaus für die sozial schwächsten Schichten zu senken. Wir können vorhersagen, dass wie in Europa die Unternehmer möglichst großen Druck gegen das Projekt ausüben und damit Erfolg haben werden, weil es ja um ihre „Wettbewerbsfähigkeit“ geht. Daher kann die soziale Rechnung der „Energie und Klima“-Politik nur steigen und ihre ökologische Wirksamkeit nur sinken, ganz wie bei der Entwicklung des europäischen „Pakets“. Ebenso werden wahrscheinlich, wie in Europa, die Möglichkeiten der US-Unternehmen zunehmen, eigene Bemühungen zur Emissionsminderung durch den Kauf von CDM-Verschmutzungsrechten zu ersetzen – ein Mechanismus, der noch zunehmen wird, wenn die Klimaziele anspruchsvoller und enger werden. Der von Dingell/Boucher vorgelegte Gesetzesvorschlag z.B. würde es den Unternehmen ermöglichen, so viele CO2-Rechte zu kaufen, dass sie jegliche Emissionsminderung bis 2029 aufschieben könnten.

Die von Barack Obama während seiner Präsidentschaftswahlkampagne vorgestellte Energie- und Klimapolitik stellt ein entscheidendes Element in einer Orientierung dar, die versucht, die niedergehende Hegemonie des US-Imperialismus zu retten. Die Wende im Vergleich zur Bush-Politik lässt sich in folgenden Punkten zusammenfassen: a) das Streben nach Energieunabhängigkeit vom Erdöls aus dem Nahen Osten und den instabilen Regimen der Region; b) die Entwicklung eines Mixes von alternativen Lösungen, deren Achsen Kohle, Biotreibstoffe, Kernenergie und Energieeffizienz sind; c) die Anerkennung der Notwendigkeit für verbindliche und quantifizierte Ziele der Emissionsminderung in den USA als eine wesentliche Bedingung, bei den internationalen Verhandlungen über ein Klimaabkommen, in die auch die großen Schwellenländer mit einbezogen sind, eine Rolle spielen zu können; d) das Ziel eines Bündnisses mit der EU gegen die Schwellenländer bei der Frage der Beteiligung dieser Länder bei den Bemühungen zur Klimastabilisierung, sowie mit den Schwellenländern gegen die EU in anderen Fragen wie Energietechnologien; e) eine massive Unterstützung für das US-Kapital im Bereich von Energietechnologien, die als „CO2-arm“ bezeichnet werden.

20. Für den Kapitalismus laufen die Bedingungen, die erreicht werden müssen, um das Klima zu retten, auf eine Quadratur des Kreises hinaus. Weil er nicht in der Lage ist, das Problem zu lösen, stürzt er sich in eine Flucht nach vorn, die mit einer weiteren Ausdehnung des Bereichs der Warenwirtschaft verbunden ist.

Spätestens 2015 mit einer Reduzierung der Gesamtemissionen zu beginnen, die Emissionen der entwickelten Länder in gut 40 Jahren um 80 bis 95 Prozent zu verringern, den Energiebedarf dieser Länder radikal zu kürzen, einen massiven Transfer von sauberen Technologien in die Entwicklungsländer zu organisieren und in diesen Ländern die unabdinglichen Anpassungen zu finanzieren: Diese Bedingungen müssen erfüllt werden, um das Klima auf dem bestmöglichen Level zu stabilisieren, doch für das produktivistische System läuft dies auf die Quadratur des Kreises hinaus.

Da der Kapitalismus unfähig ist, diese Schwierigkeit zu lösen, bereitet er sich auf eine Flucht nach vorne vor. Auf technologischer Ebene stützt sich seine Antwort auf folgende Elemente:

a) Ausbeutung der bedeutenden bekannten Kohlevorräte (die beim jetzigen Abbau noch 200 Jahre reichen würden) als einer zunehmend wichtigen Energiequelle für die Stromproduktion (unter Einsatz von Technologien, das CO2 aufzufangen und zu verpressen); und sogar zur Produktion von Ölersatztreibstoffen im Verkehrssektor.

b) Massive Entwicklung der ersten Generation von Biotreibstoffen (Ethanol auf Zuckerbasis, Diesel auf Pflanzenölbasis etc.) sowie der zweiten Generation (Ethanol auf Zellulosebasis) für den Verkehrssektor, was zu einer bedeutenden Veränderung der Landnutzung, besonders in den produktiveren tropischen und subtropischen Regionen, und zum verstärkten Einsatz von Gentechnik führen wird.

c) Ausweitung der Ölgewinnung auf hoher See und Ausbeutung nicht-konventioneller Ölreserven (Schweröle, Ölsande und Ölschiefer);

d) Ausbeutung der Energiesparreserven, die in einer Steigerung der Energieeffizienz liegen, besonders in der Stromgewinnung und in der Industrie (es gibt ein großes Potenzial für Emissionsminderungen in den Schwellen- und Transformationsländern), aber auch im Bau- und Verkehrssektor (in Abhängigkeit von der kaufkräftigen Nachfrage). Aber die Fähigkeit des Kapitalismus, dieses Potenzial zu nützen, durch die kaufkräftige Nachfrage begrenzt;

e) Parallele Entwicklung von Kernenergie, Wind- und Sonnenenergie (thermisch und photovoltaisch). De facto wird die Kernenergie unter die erneuerbaren Energien gerechnet, es sollen eine Vielzahl von neuen Kraftwerken gebaut und neue Technologien entwickelt werden (vierte Kraftwerksgeneration, Brüter), was es ermöglichen würde, mit dem Problem der begrenzten bekannten Uranvorräte umzugehen (die beim gegenwärtigen Verbrauch nur noch etwa 60 Jahre reichen würden).

f) Maximaler Einsatz von CO2-Senken (Aufforstungen, Schutz bestehender Wälder und Feuchtgebiete, Ackerbaumethoden mit geringem CO2-Ausstoß), sowie Einsatz von Abfällen als Energiequelle. Die Umsetzung dieser technologischen Möglichkeiten erfordert den Aufbau eines Weltmarktes für CO2 mit einem einheitlichen Preis, eine Einigung über die Gleichwertigkeit von Steigerung der Absorption und Verringerung der Emissionen, Handelsabkommen, die Einführung von Normen und Quoten (einschließlich handelbarer individueller Quoten, falls nötig), Steuern und Anreize, sowie Mechanismen der Messung und Berichterstattung. Sie braucht besonders einen neuen internationalen Vertrag, der noch neoliberaler ausfällt als das Kyoto-Protokoll, bei dem die imperialistischen Länder, die Schwellenländer und die übrige Welt mitmachen, in dem der Beitrag eines jeden Landes bei den globalen Bemühungen festgehalten ist, und der eine maximale Delokalisation der Reduzierung von Emissionen der kapitalistischen Länder in Richtung Entwicklungsländer ermöglicht.

Diese Delokalisation bildet eine Schlüsselkomponente in der kapitalistischen Klimapolitik. Für den Imperialismus geht es darum, die Kosten der Energiewende maximal abzuschwächen, indem die beherrschten Länder als Exporteure von Biotreibstoffen und billigen Verschmutzungsrechten benützt werden. Letztere können durch Schutz bestehender Wälder oder Neuanpflanzungen von Bäumen oder insbesondere durch „saubere“ Investitionen in erneuerbare Energien oder Energieeffizienz generiert werden. Dieses Projekt steht im Einklang mit der allgemeinen Offensive des Imperialismus in Richtung Entwicklungsländer, wie sie vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und der Welthandelsorganisation (WTO) durchgeführt wird. Doch die Umsetzung stößt auf Schwierigkeiten angesichts der Kräfteverschiebungen auf internationaler Ebene, die sich aus dem gewachsenen Gewicht der großen Schwellenländer ergibt.

Obwohl man zögernd zugestehen muss, dass der Klimawandel „das größte Scheitern des Marktes ist“ (Nicholas Stern), tendiert die kapitalistische Antwort, die auf noch mehr Markt und damit auf noch mehr Waren basiert, dazu, die Prioritäten gänzlich umzudrehen: Die Entwicklung erneuerbarer Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz werden nicht genutzt, um den Energieverbrauch für die Befriedigung realer menschlicher Bedürfnisse zu reduzieren, sondern als neue kapitalistische Akkumulationsmöglichkeiten, also für eine Steigerung des Energieangebots. Die Emissionsminderung wird dem Profitstreben untergeordnet. In der Praxis führt dies dazu, dass das Ziel einer Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien dasjenige einer absoluten Senkung der CO2-Emissionen ersetzt.

21. Abgesehen von der Tatsache, dass die kapitalistische Antwort für die Stabilisierung des Klimas völlig unzureichend ist, hat sie weitere ökologische Konsequenzen, die die Menschheit sehr stark bedrohen.

Die nukleare Option beinhaltet eine große Bedrohung für das Überleben der Menschheit. Die Frage der Endlagerung bleibt ungelöst, das Risiko nuklearer Lecks kann keineswegs völlig ausgeschlossen werden, und die Gefahr der Weitergabe von Atomwaffen – und somit auch der Einsatz solcher Waffen – kann von der Technologie nicht getrennt werden. Wir sollten hinzufügen, dass die Entscheidung für die Atomkraft auch technisch unvernünftig ist; dass sie unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Klimas ineffizient ist, und dass sie auch mit der nötigen Energierevolution nicht zusammenpasst. Die Energieeffizienz eines Atomkraftwerkes (30 %) ist geringer als bei einem gasbetriebenen Kraftwerk, und auch die CO2-Bilanz, die für die gesamte Produktionskette nur mittelmäßig ausfällt, kann sich nur verschlechtern, weil immer mehr Lagerstätten mit geringem Urangehalt ausgebeutet werden müssen; auch sind die Erzreserven begrenzt (die bekannten Uranreserven entsprechen 60 Jahren des gegenwärtigen Verbrauchs) eine auf der Atomkraft beruhende Antwort auf den Klimawandel ist überhaupt nicht umsetzbar, wenn man nur die Zahl der Atomkraftwerke betrachtet, die gebaut werden müssten (eines pro Woche etwa 50 Jahre lang!), die Zeit, die man dafür bräuchte, und die Kosten; eine allgemeine Energieversorgung aus Atom ist unmöglich, denn diese Technologie (2,7 % des weltweiten Energieverbrauchs, 17 % des Stroms) wird nie mehr als einen begrenzten Teil des Bedarfs der Menschheit decken können; schließlich kann die Achse für eine Energiealternative nur auf erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz beruhen, doch dies setzt eine radikale Dezentralisierung der Energieversorgung voraus, was in diametralen Gegensatz zur Hyperzentralisierung des auf Uran beruhenden Systems steht. Dies gilt auch für das sehr teure Projekt der Kernfusion (ITER). Es handelt sich um ein völlig nutzloses Projekt, denn die Menschheit hat das Glück, von einem völlig gefahrlosen Atomkraftwerk zu profitieren, das sie umsonst nützen kann, das noch mindestens 4,5 Mrd. Jahre funktionieren wird und das seinen Müll selbst recycelt: die Sonne.

Obwohl die Biotreibstoffe bislang nur einen vernachlässigbaren Anteil des Energiebedarfs des Verkehrssektors decken, haben sich ihre perversen Folgen bereits gezeigt. Die Logik der Produktion um des Profits willen führt unweigerlich zur Produktion von Ethanol und Biodiesel für eine kaufkräftige Nachfrage, die wichtiger ist als das Grundrecht auf Nahrung, wichtiger als die Rechte der indigenen Gemeinden und wichtiger als der Schutz der Umwelt. Auch hier erhebt die technische Irrationalität ihr Haupt, insoweit die globale Energiebilanz der Produktion von Biotreibstoffen in den meisten Fällen negativ ist. Der Übergang zu einer zweiten Generation von Biotreibstoffen wird diese Gefahren an sich nicht beseitigen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass strenge Regeln für die Landnutzung für die Ethanolproduktion auf der Grundlage von Zellulose aufgestellt werden, ist die Nachfrage durch die Transportindustrie so groß, dass man riesige Flächen Land (oder Meeresgebiete) für diese produktivistischen Monokulturen bereitstellen müsste, mit allen Konsequenzen, die dies im Hinblick auf die Verseuchung durch Pestizide und die Zerstörung der biologischen Vielfalt haben würde.

Diese Kritik an Biotreibstoffen gilt mutatis mutandis auch für die nicht-konventionellen Ölreserven: Die Ausbeutung von Schwerölen, Ölsanden und Ölschiefern verlangt enormen Energieeinsatz und führt zu einer großen Vernichtung von Ressourcen (besonders Wasser); die Auswirkungen auf die Umwelt sind erheblich. Darüber hinaus werden die Abfälle in Gebieten gelagert, die von indigenen Gemeinschaften bewohnt werden, deren Rechte dadurch bedroht sind.

Angesichts der Dringlichkeit und aus sozialen Gründen kann das Abscheiden von CO2 und seine Lagerung eine akzeptable Maßnahme für einen Übergang sein, im Rahmen einer Strategie einer raschen Aufgabe des Einsatzes von fossilen Brennstoffen: Sie könnte es insbesondere ermöglichen, die Umsetzung von Bergleuten zu planen. Doch im Augenblick wird nicht so verfahren. Im Gegenteil, handelt es sich um einen neuen kapitalistischen Versuch, physischen Grenzen zu verschieben, ohne dass man sich um die Konsequenzen scherte. Die Regierungen sprechen von „sauberer Kohle“, doch dies stellt einen Mythos dar, wenn wir die großen Schwierigkeiten der Förderung, der Verschmutzung, der Konsequenzen der Kohleförderung für die Gesundheit und die ökologischen Folgen des Kohleabbaus betrachten.

Der Kampf gegen den Klimawandel wird wohl auch der „Gentechnik“ Auftrieb verschaffen und zu einer qualitativen Zunahme der Risiken führen, die dieser Technologie inhärent sind. Die Produktion von genetisch veränderten Bäumen (schnellwachsende Bäume, die mehr CO2 einlagern können oder solche mit niedrigem Lignin- oder hohem Zellulosegehalt) führt zu höheren Allergierisiken. Die größte Gefahr kommt jedoch aus der Gentechnik bei der Produktion der zweiten Generation von Biotreibstoffen, wo die Entwicklung von Bakterien und genetisch veränderten Algen die Gefahren in Form unkontrollierter Ausbreitung und Hybridisierung vervielfacht.

22. Die kapitalistische Antwort erfordert scharfe Angriffe gegen die Arbeitenden, die armen Bauern, Frauen, indigene Gemeinschaften und die Armen allgemein; sie führt zu einer Zuspitzung sozialer Ungleichheit.

Welcher „Energiemix“ auch immer zum Einsatz kommt – er wird zu Preissteigerungen bei der Energie führen und die arbeitende Bevölkerung doppelt treffen: Einerseits auf der Ebene ihres eigenen Energiebedarfs, andererseits beim Konsum, denn die Produzenten werden die höheren Energiepreise auf die Waren umschlagen.

Da Energie Teil des konstanten Kapitals ist, wird ihr Preisanstieg auf die Profitrate drücken, was die Unternehmer dazu führen wird, ihre Angriffe gegen die Löhne, die Indexklauseln [zur automatischen Anpassung der Löhne an Preissteigerungen] und die soziale Sicherung zu verstärken; allgemeiner gesagt werden sie sich ermutigt fühlen, mit allen Mitteln die Ausbeutungsrate wieder zu steigern.

Bereits jetzt lässt sich ersehen, dass der CO2-Weltmarkt den Kapitalisten neue Möglichkeiten zu Steigerung der Konkurrenz zwischen den Arbeitenden bietet. Insbesondere werden ArbeiterInnen einer neuen Form von Erpressung hinsichtlich der Jobs und der Investitionen unterworfen, mit dem Ziel, dass sie entweder den neoliberalen Diktaten der Multis nachgeben sollen, oder dass man sie manipuliert, dass sie für die Unternehmen protektionistische Maßnahmen oder Subventionen verlangen. Auf der andern Seite begünstigen die vielen Anreize und andere Marktinstrumente, die den Markt für erneuerbare Energien öffnen und die Energieeffizienz verbessern sollen, nicht nur die Unternehmer, sondern auch die besser gestellten Mittelschichten, die lohnabhängige Kleinbourgeoisie und die oberen Schichten des Proletariats, was die Einkommens- oder die Mobilitätsunterschiede verstärkt.

Die immer noch hypothetische Einführung von individuellen und handelbaren CO2-Quoten würde diese Tendenz in Richtung Ungleichheit verstärken, weil die Ärmsten ihre Quoten verkaufen müssten, um Konsumgüter zu erwerben.

In den vom Imperialismus beherrschten Ländern verschafft die kapitalistische Klimapolitik der Tendenz zur Trennung der ProduzentInnen von ihren Produktionsmitteln – vor allem dem Land – einen neuen Auftrieb, was eine neuerliche Abwanderung vom Land oder ihre Verwandlung in ein ländliches Proletariat zu Folge hat (Beschäftigung auf Energieplantagen usw.), oder aber den Umzug in weniger günstige Zonen oder den Einsatz in der „Tourismusindustrie“. Alle diese Möglichkeiten führen für die Masse der Bevölkerung zur geringerer Autonomie und schlechteren Lebensbedingungen – besonders für Frauen, da sie in der Nahrungsmittelproduktion eine Schlüsselstellung einnehmen – wie auch zu zunehmenden Angriffen auf indigene Gemeinschaften und ihre Rechte.

23. In ihrer Unfähigkeit, die gesellschaftlichen Bedingungen für eine strukturelle Emissionsminderung zu schaffen, benützen die kapitalistischen Regierungen der entwickelten Länder den Kampf gegen den Klimawandel als einen Vorwand für ihre Sparpolitik.

Für die Bourgeoisie kommt die These des „vom Menschen“ verursachten Klimawandels genau zum richtigen Zeitpunkt, um zu versuchen, die Sparpolitik und die Opfer im Namen der Wissenschaft zu rechtfertigen, während die Popularisierung der Bedrohung durch die Klimaerwärmung ein günstiges Terrain schafft, die Güter des „grünen“ Sektors der Wirtschaft zu promoten. Wenn die bürgerliche Propaganda aber etwas „dem Menschen“ zuschreibt, was das Ergebnis der kapitalistischen industriellen Revolution ist, leistet sie ihren Beitrag zur Schaffung eines morbiden und irrationalen Umfeldes, in dem Misanthropie, Fatalismus, individueller Zynismus und reaktionäre Nostalgie sich miteinander verbinden.

Das gefährlichste Ergebnis von dieser willentlich erzeugten Konfusion ist das Wiederauftauchen des (Neo-)Malthusianismus, der die „ökologische Krise“ hauptsächlich oder ganz der Bevölkerungsentwicklung zuschreibt – besonders aber den Armen, weil diese mehr Kinder haben als die Reichen; und somit vor allem den Entwicklungsländern, weil dort die Fertilitätsrate der Frauen höher ist als in den Industrieländern. Früher in religiöse Betrachtungen eingekleidet, werden diese Thesen heute in Form verschiedener Konzepte wissenschaftlicher Ökologie in Pseudo-Wissenschaft verpackt (wie die „Tragfähigkeit“ (carrying capacity)), um soziale Beziehungen zu naturalisieren. Desweiteren können einige dieser Kampagnen auf die Unterstützung von Wissenschaftlern zählen, die im Bereich der Ökologie arbeiten und deren Arbeiten im Wesentlichen auf den Ausdruck bürgerlicher Vorurteile hinauslaufen, was wir deutlich an der These von der „Tragik der Allmende“ [8] sehen können. Ultrareaktionäre politische Kräfte versuchen daher, der Angst vor dem Klimawandel ein größeres Echo zu verschaffen, indem sie sie in ihren Kampagnen gegen die Einwanderung, gegen Asylsuchende, die Rechte der Frauen, ihren Körper zu kontrollieren, oder auch gegen Hilfe für Entwicklungsländer einsetzen. Religiöse Sekten und reaktionäre religiöse Strömungen integrieren den drohenden Klimawandel in ihren Endzeitdiskurs, der die Unterwerfung unter die vorgegebene Ordnung verlangt.

Es ist zu befürchten, dass das absehbare Scheitern der Klimapolitik den Kapitalismus schließlich zur Option des starken Staates greifen lassen könnte, der eine dirigistische Politik ausführt, um wie in Kriegszeiten alle zur Verfügung stehenden Mittel zu mobilisieren. Eine solche Politik würde unvermeidlich neue Angriffe gegen soziale und demokratische Rechte beinhalten.

24. Die kapitalistische Antwort auf die Aufgabe des Klimaschutzes vervielfacht das Risiko von Kriegen um Rohstoffe.

In den von der kapitalistischen Globalisierung und den Strukturanpassungen am meisten betroffenen Ländern erhöhen die Auswirkungen des Klimawandels die Wahrscheinlichkeit von Krisen, die zu chaotischen Situationen, z.B. bewaffneten Kämpfen zwischen Warlords, führen können. Angesichts der sich verschärfenden Knappheiten in einigen Regionen, die bereits jetzt einem deutlichen Wassermangel ausgesetzt sind, erhöht der Klimawandel die Bedeutung der Kontrolle der Wasserressourcen und schafft auch die Bedingungen, dass es zwischen Staaten zu Wasserkriegen kommen könnte. Doch die größte Gefahr entsteht wohl durch die Verschärfung der Konkurrenz über die Aneignung nicht nur der zur Neige gehenden fossilen Energieressourcen, sondern auch der neuen Energieressourcen. Das Energie- und Klimaproblem steht auch im größeren Rahmens des graduellen Übergangs von einer bipolaren Welt (Imperialismus – vom Imperialismus beherrschte Länder) unter US-Hegemonie zu einer tripolaren Welt (Imperialismus-Schwellenländer- unterentwickelte Länder), in dem sich der Kampf um die imperialistische Führung abspielt.


IV. AUFBAU EINER BEWEGUNG ZUM KAMPF GEGEN DEN KLIMAWANDEL


25. Der Kampf gegen den Klimawandel wird nicht mittels einer Kombination aus Lobbyarbeit, spektakulären Medienaktionen und Kampagnen zugunsten einer Verhaltensänderung der individuellen Konsumenten gewonnen werden, sondern nur durch Massenmobilisierungen.

Der Kampf fürs Klima ist ein politischer Kampf und verlangt vor allem den Aufbau eines gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses. Dieser Kampf kann gewonnen werden, wie das Beispiel Australien zeigt, wo eine Massenmobilisierung (150 000 Demonstrierende im November 2007) zu einem Teilerfolg geführt hat: die Niederlage der konservativen Regierung, die die Politik von George W. Bush unterstützte, und die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls durch die neue Regierung. Angesichts der Dringlichkeit der Klimafrage und der kriminellen Politik der kapitalistischen Regierungen arbeiten wir in allen Ländern am Aufbau einer machtvollen und einheitlichen Massenbewegung mit, die sich weltweit koordiniert, und dies in der Tradition der Mobilisierungen gegen den Krieg und den Rüstungswettlauf („Ein-Punkt-Bewegung“).

Das Ziel dieser Bewegung ist es nicht, ausgefeilte Plattformen zu erarbeiten, sondern die Regierungen zum Handeln zu zwingen, und zwar wenigstens in Übereinstimmung mit den vorsichtigsten Schlussfolgerungen, wie sie sich aus den IPCC-Berichten ergeben, sodann die Anerkennung des Prinzips der „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung“ sowie der sozialen und demokratischen Rechte und des Rechts aller Erdenbürger auf eine menschliche Existenz, die diesen Namen verdient. Wir verteidigen dieses Ziel gegen Strömungen, die die Ziele der Emissionsminderung im Namen eines Realismus heruntersetzen möchten, aber auch gegen jene, die sie als ungenügend hinstellen (letztere versuchen wir zu überzeugen, dass das „Minimum“ die Anerkennung der „vorsichtigsten Schlussfolgerungen“ des IPCC sein muss). Wir möchten die Legitimität des IPCC nutzen, um eine möglichst breite Aktionseinheit zu erreichen, während wir die Doppelzüngigkeit der Regierungen anprangern – die auf internationalen Konferenzen „Zusammenfassungen für Entscheidungsträger“ über die Klimafrage verabschieden, sie dann aber nicht in die Praxis umsetzen.

Der Aufbau von Massenbewegungen zur Verteidigung des Klimas ist eine schwierige Aufgabe. Die Schwierigkeiten ergeben sich aus den Besonderheiten des Klimawandels, vor allem dass er sich heute erst nach und nach einstellt und dass Ursachen und Wirkungen sowohl räumlich wie auch zeitlich auseinanderfallen. Daher ist es notwendig, eine breit angelegte Unternehmung zur Verbreitung wissenschaftlicher Informationen über die globale Erwärmung und ihre Auswirkungen zu starten. Ihre Zielrichtung müssen vor allem die Aktivengruppen der verschiedenen sozialen Bewegungen und die politischen Organisationen der Linken sein. Diese Gruppen spielen in der Tat eine entscheidende Rolle: Nur sie sind in der Lage, eine konkrete Verbindung zwischen der globalen Bedrohung des Klimas und den besonderen sozialen Problemen, besonders vor Ort, zu erstellen. Daraus können sie Strategien ableiten, die die sozialen Kämpfe mit dem Kampf für die Rettung des Klimas verbinden. Das bedeutet, dass der Aufbau der Bewegung als ein Teil des sozialen Widerstandes, wie er in verschiedenen Bereichen existiert, begriffen werden muss, mit koordinierten Aktionen und gelegentlichen pluralistischen Demonstrationen auf einer gemeinsamen Minimalplattform. Die Arbeit des Aufbaus eines Netzes kann durch Komitees, Zusammenschlüsse oder Bündnisse für das Klima erleichtert werden, so wie sie sich im Rahmen der Global Climate Campaign entwickeln können.

26. Innerhalb der Bewegung für das Klima müssen wir eine linke Strömung aufbauen, die den Kampf ums Klima mit der sozialen Gerechtigkeit verbindet.

Die Veränderung, die notwendig ist, hat ein solches Ausmaß, dass man sie nicht ohne Mobilisierungen und aktive Beteiligung der Ausgebeuteten und Unterdrückten erreichen kann, die die große Mehrheit der Bevölkerung stellen. Kapitalistische Klimapolitik macht diese Beteiligung unmöglich, weil sie auf der sozialen Ebene inakzeptabel und auf der Umweltebene schädlich ist. Diese Politik trägt die Verstärkung der imperialistischen Beherrschung und der kapitalistischen Konkurrenz und Gewalt in sich, somit also Ausbeutung, Unterdrückung, soziale Ungleichheit, Konkurrenz zwischen den Arbeitenden und Verletzung ihrer Rechte sowie private Aneignung von Ressourcen.

Insbesondere gibt die kapitalistische Strategie keine Antwort auf das große Problem der Arbeitsplätze, der Löhne und der sozialen Sicherheit von Millionen von Arbeitenden, die in Bereichen arbeiten, die riesige Mengen von Treibhausgasen emittieren, etwa Öl-, Kohle-, Zement-, Glas-, Eisen- und Stahlindustrie, sowie der ganze Verkehrssektor. Eine solche Politik kann nur auf legitimen gesellschaftlichen Widerstand treffen. Statt die Bevölkerung zu ermutigen, sich der Gefahren des Klimawandels bewusst zu werden, wird sie eher bestimmte Teile der Bevölkerung in die Arme der Skeptiker des Klimawandels treiben. Das Risiko ist bei jenen Teilen der arbeitenden Bevölkerung beträchtlich, die vom Anstieg der Energiepreise heftig betroffen sind oder wo das gesellschaftliche Gewicht von Kleinunternehmern (Bauern, Fischer, LKW-Fahrer) zu heftigen und verzweifelten korporatistischen Reaktionen führen kann, die starken Druck auf die Regierung ausüben.

Die großen Umwelt-NGOs versuchen, die Klimaziele der Regierungen zu radikalisieren, ohne zu sehen, dass diese Radikalisierung gleichzeitig zu einer Verschärfung der Angriffe gegen die Ausgebeuteten und die Unterdrückten führt. Hier handelt es sich um eine Sackgasse. Wir verteidigen die Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes für Klimas und soziale Gerechtigkeit. Innerhalb der breiten Bewegung arbeiten wir an der Herausbildung eines linken Pols, der diese beiden Dimensionen verbindet und der sich daher gegen Vorschläge wendet, die auf Marktmechanismen (CO2-Preise, Boni und steuerliche Anreize zugunsten erneuerbarer Energien, Verkauf von Rechten und Gutschriften usw.), auf Akkumulation, auf neokolonialer Beherrschung oder technologischer Flucht nach vorne beruhen. Dieser Pol versucht auch Teile der Gewerkschaften, Ökologen, Globalisierungsgegner, Feministen, für die Dritte Welt arbeitende Linke, die „zerbröckelnde“ Linke, Mitglieder von Organisationen der radikalen Linken, kritische Wissenschaftler usw. zusammenzuführen. Er trägt praktisch und auf politischer Ebene zum Aufbau einer breiten Bewegung bei und ergreift jede Initiative, die es ermöglicht, die Idee einer alternativen Klimapolitik voranzubringen.

27. Die Verteidigung des Klimas muss einen bedeutenden Platz in den Plattformen und Kämpfen der sozialen Bewegungen bekommen.

Mit der Perspektive einer breiten Mobilisierung, die in bestehenden Kämpfen verwurzelt ist, handeln wir so, dass die Verteidigung des Klimas ein großes Thema der sozialen Bewegungen wird und einen konkreten Ausdruck auf allen Ebenen in den Forderungsplattformen findet. So zum Beispiel:

a) Kampf für den Frieden: Die Produktion und der Einsatz von Waffen stellen einen inakzeptablen Wahnsinn dar, wenn man den Klimawandel betrachtet, der ja selbst ein zusätzlicher möglicher Grund von Konflikten ist;

b) Kampf gegen Armut und für das Recht auf Entwicklung und soziale Absicherung: Die Fähigkeit der Anpassung an den Klimawandel ist direkt proportional zum Umfang der Ressourcen und dem Stand der Entwicklung. Soziale Ungleichheit steigert die Verwundbarkeit und behindert die Energiewende;

c) Kampf der Frauen: Die Erfordernisse der Anpassung an den Klimawandel verstärken besonders die Bedeutung und die Dringlichkeit für besondere Frauenforderungen zum Thema gleiche Rechte, gesellschaftliche Verantwortung für die Kinder, Doppelbelastung oder Recht auf Empfängnisverhütung und Abtreibung;

d) Kampf um Arbeitsplätze: Radikale Reduzierung des Energieverbrauchs, Stadt- und Landesplanung, Schutz der biologischen Vielfalt, Entwicklung des öffentlichen Verkehrs und Ersetzung fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Quellen, was eine riesige Beschäftigungsreserve darstellt;

e) Kampf um Zugang zu Land, Wasser und natürlichen Ressourcen sowie für eine bäuerliche Bio-Landwirtschaft: Ländliche Gemeinschaften, die eine arbeitsintensive Bio-Landwirtschaft betreiben, sind am besten in der Lage, die Kapazität von CO2-Senken zu steigern und die Treibhausgasemissionen im Landwirtschaftsbereich zu senken;

f) Kampf gegen die Globalisierung und die Liberalisierung der Märkte für landwirtschaftliche Produkte: Diese Liberalisierung ist einerseits der Grund für die Ruinierung ländlicher Bevölkerungen, für Hunger, Landflucht und/oder Plünderung der Ökosysteme, andererseits ist sie eine wichtige Quelle von direkten (Transport von Exportgütern) und indirekten Emissionen;

g) Kampf für das Asylrecht: Angesichts der zunehmenden Zahl von Umweltflüchtlingen, vor allem wegen des Klimas, ist die Freiheit der Bewegung wesentlich und stellt die einzige für die Menschheit würdige Antwort dar;

h) Kampf der indigenen Gemeinschaften für ihre Rechte: Durch ihr Wissen und ihre Art der Nutzung der Ökosysteme, vor allem der Wälder, sind diese Gemeinschaften am besten befähigt, CO2-Senken zu erhalten und zu entwickeln;

i) Kampf gegen die Flexibilisierung und Prekarisierung der Arbeit sowie gegen die Verlängerung des Arbeitstages: Überlange und flexible Arbeitszeiten und kapitalistische Kampagnen zugunsten einer höheren Mobilität der Arbeitskräfte zwingen die Arbeitenden dazu, Autos zu benutzen. Die „Just-in-time-Produktion“ ist eine wichtige Quelle von Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor. Die Reduzierung der Arbeitszeit ist eine Vorbedingung für die Entstehung von alternativen Modellen des Konsums und der Freizeit auf Massenebene;

j) Kampf gegen die Privatisierung, für einen hochwertigen öffentlichen Sektor beim Verkehr, der Energie- und der Wasserversorgung. Nur ein öffentlicher Sektor mit guten und kostenlosen Verkehrsmitteln kann das Recht aller auf Mobilität mit dem Ziel der Reduzierung der Emissionen versöhnen. Die Liberalisierung der Stromproduktion verkompliziert ihre Einbeziehung in ein Netzwerk erneuerbarer Energiequellen. Nur ein Staatsunternehmen, das nicht um des Profits willen arbeitet, kann die Herausforderung annehmen, binnen zwei oder drei Dekaden die Emissionen im Wohnungsbereich vollständig zu beseitigen. Wir treten für kostenlose individuelle Quoten bei Wasser und Energie ein, die an den gesellschaftlichen Grundbedarf geknüpft sind und nicht gehandelt werden können; die Tarife sollen stark ansteigen, wenn die Quoten überschritten werden, bis zu einer absoluten Obergrenze für den Verbrauch.

28. Die Aufgabe des Klimaschutzes ist auch für die Gewerkschaftslinke wesentlich. Sie bedeutet, dass man über Fragen der Umverteilung von Reichtum hinausgehen muss.

Die Führungen der großen internationalen Gewerkschaftsverbände haben die Orientierung, die kapitalistische Klimapolitik zu begleiten, sofern ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird, über einige Modalitäten verhandeln zu können. Diese Orientierung konkretisiert sich in den Vorschlägen für einen „grünen New Deal“, der auf der Illusion basiert, grüne Technologien würden es ermöglichen, die Arbeitslosigkeit aufzufangen und könnten als Motor für eine neue lange Welle kapitalistischer Expansion und Prosperität dienen. Die gesellschaftlichen Bedingungen und die ökologischen Rückwirkungen einer dauerhaften Wiederbelebung des Kapitalismus werden nicht gesehen. Ganz im Gegenteil, die Gewerkschaftsbürokratien ordnen sich den Erfordernissen der kapitalistischen Produktionslogik und Profitabilität unter, genauso wie den Instrumenten der vorherrschenden Klimapolitik: Staatliche Hilfen für „grüne“ Unternehmen, „ökologische Steuerpolitik“, Clean Development Mechanism, Emissionshandel, ja sogar Hilfen für die Atomenergie und Biotreibstoffe werden unterstützt. Diese Politik der „Mitbestimmung“ macht die Gewerkschaftsbewegungen, besonders die der entwickelten Länder, mitverantwortlich für die Klimakatastrophen und ihre Folgen für die Armen und die armen Länder. Auf internationaler Ebene oder zwischen verschiedenen Sektoren kann sie nur Zwietracht bei den Arbeitenden säen.

Angesichts der Bedeutung von Klimaschutz und Energiewende ist es für die gewerkschaftliche Linke entscheidend, dieses Thema aufzugreifen und aus ihr ein zentrales Element im Kampf der Arbeiterorganisationen für einen Kurswechsel zu machen. Dieser Kampf ist umso schwieriger, als man in strategischer Hinsicht zunächst nicht von der Entwicklung neuer Produktionstypen, neuer Waren und neuer Märkte im Bereich der grünen Technologien ausgehen kann – also von einem Wirtschaftsaufschwung -, sondern von einem prioritären Kampf für die Reduzierung des Energieverbrauchs, die Abschaffung der nutzlosen oder schädlichen Produktion und die Umsetzung der in diesen Sektoren beschäftigten ArbeiterInnen usw. Dies stellt ein beträchtliches Hindernis dar und beleuchtet das Drama der LohnempfängerInnen, die an die kapitalistische Produktionsweise gekettet sind, von der ihre tagtägliche Existenz abhängt. Dieses Hindernis kann nur durch eine Infragestellung der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse durch folgende Forderungen überwunden werden: a) Aktivitäten einen öffentlichen Status zuerkennen, die unter dem zweifachen Gesichtspunkt der Rettung des Klimas und der Befriedigung grundlegender menschlicher Bedürfnisse entscheidend sind, d.h. Priorität für die entschädigungslose Enteignung von kapitalistischen Gesellschaften, die die Gewinnung, die Umwandlung und die Verteilung von Energie kontrollieren: b) den Forschungen und Forschungsergebnissen einen öffentlichen Status zuerkennen, verbunden mit einer Refinanzierung im Rahmen internationaler Programme mit dem Hauptziel der Entwicklung technologischer Alternativen, besonders im Bereich erneuerbarer Energien und Energieeffizienz; c) einen Plan für den Übergang auf allen Ebenen (global, regional, national und lokal) zu einer Gesellschaft ohne den Einsatz von fossilen Brennstoffen, in der die Produktion und der Konsum so weit wie möglich vor Ort erfolgen und in der die im fossilen Energiebereich Arbeitenden unter Erhaltung ihrer sozialen Errungenschaften unter Arbeiterkontrolle in andere Bereiche umgesetzt werden. Angesichts dieser Herausforderung muss die Gewerkschaftslinke sich von der engen Sichtweise der Umverteilung von Reichtum freimachen und das bestehende Konzept von Reichtum selbst in Frage stellen sowie die Art und Weise, wie Reichtum produziert wird, mit anderen Worten die Grundlagen der bestehenden Produktionsweise. Nur dann wird es möglich sein, die Vorstellungskraft zu befreien und die nötige Kreativität für die Mobilisierung der Arbeitenden um konkrete Ziele herum zu entwickeln. Dieser Ansatz gibt Forderungen wie der Reduzierung der Arbeitszeit (bei einer Reduzierung der Arbeitsgeschwindigkeit ohne Lohnverlust und mit entsprechenden Neueinstellungen) und der Arbeiterkontrolle (über die Arbeitsgeschwindigkeit, die Produktion, die Energie usw.) ein zunehmendes Gewicht.

29. Der massive Transfer von sauberen Technologien in die vom Imperialismus beherrschten Länder und die Finanzierung der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels in diesen Ländern erfordert die Streichung ihrer Schulden und die Errichtung eines besonderen Fonds, der aus einer erheblichen Besteuerung der kapitalistischen Profite gespeist wird. Diese Mittel müssen demokratischer Kontrolle durch die Bevölkerung dieser Länder und durch ihre sozialen Organisationen unterstellt werden.

Da die Rettung des Klimas einen Beitrag der vom Imperialismus beherrschten Länder erfordert, ist eine weltweite Teilung von Ressourcen und Wissen erforderlich. Sie muss verbunden werden mit:

a) der Streichung der Schulden der Dritten Welt und der Rückgabe der Vermögen, die Diktatoren des Südens auf westlichen Banken platziert haben, an die Bevölkerungen;

b) der Aufhebung des Bankgeheimnisses, der Beseitigung der Steueroasen, der Besteuerung von Eigentum und Erbschaften, der Besteuerung von spekulativen Kapitalbewegungen usw.;

c) einer deutlichen Steigerung des Budgets der imperialistischen Länder, das für öffentliche Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt wird;

d) zusätzlich der Schaffung eines weltweiten Fonds für die Anpassung der Entwicklungsländer an die unvermeidlichen Auswirkungen des Klimawandels und für den Transfer von sauberen Technologien ohne finanzielle Bedingungen in die öffentlichen Sektoren dieser Länder;

e) Die Ressourcen für diesen Fonds sollen durch eine Besteuerung der Profite und Superprofite der Wirtschaftsbereiche aufgebracht werden, die am meisten für den Klimawandel verantwortlich sind (besonders Öl, Kohle, Autos, Stromproduktion);

f) Abschaffung des Patentsystems beim Gesundheitswesen und bei Technologien, mit denen Waren des täglichen Konsums her- und wesentliche Dienste bereitgestellt werden (Verkehr, Leichtindustrie, Wasser und Strom, Kommunikation), so dass die ganze Weltbevölkerung Zugang zu diesen Basisgütern bekommt;

g) Ein System der finanziellen Kompensation für die Länder des Südens, die die Ausbeutung ihrer Lagerstätten mit fossilen Brennstoffen beenden.

Jedoch ist die Umverteilung von Reichtum zwischen Nord und Süd keineswegs ausreichend, um die Aufgabe des Klimaschutzes zu lösen. Das kapitalistische Entwicklungsmodell, welches die Wirtschaften der südlichen Länder im Rahmen der Globalisierung der Produktion und des Handels seinen Akkumulationserfordernissen unterwirft, ist völlig unvereinbar mit der notwendigen Rückführung der Emissionen von 15% bis 30% bis 2020 (in Afrika bis 2050). Dieses Ziel kann nur durch eine endogene Entwicklung [9] erreicht werden, die den Bedürfnissen der großen Mehrheit der Bevölkerung entspricht, und die mit einer Agrarreform zugunsten der bäuerlichen Landwirtschaft und einer Umorientierung der Produktion für den Binnenmarkt verbunden ist. Das Recht auf menschliche Entwicklung und die Rettung des Klimas verlangen somit nach Maßnahmen gegen die vor Ort herrschenden Klassen, die das Recht auf Entwicklung als einen Vorwand benützen, um nichts gegen die Verbrennung von fossiler Energie unternehmen zu müssen, die Naturschätze plündern, sich die Wälder aneignen, als Zwischenhändler für den Verkauf von Verschmutzungsrechten auftreten, Biotreibstoffe produzieren und billige landwirtschaftliche oder industrielle Produkte in die Märkte der entwickelten Länder exportieren. Um sie daran zu hindern, gemäß diesem gesellschaftlich und ökologisch schädlichen Entwicklungsmodell zu handeln, müssen die finanziellen und technologischen Mittel, die sich in den Ländern des Südens befinden, einer demokratischen Kontrolle der Bevölkerung dieser Länder und der sozialen Bewegungen unterworfen werden. Somit zeigt auch der Kampf gegen den Klimawandel die Gültigkeit der Theorie der permanenten Revolution in kolonialen und halbkolonialen Ländern.

30. Die Antwort auf den Klimawandel muss die großen ökologischen Herausforderungen in die Perspektive einer wirklich nachhaltigen Entwicklung einordnen.

Die Geschichte des Kapitalismus ist von Umweltkrisen geprägt, die durch die Umsetzung von technologischen Teilantworten, die dem Erhalt der Profitabilität untergeordnet waren, ohne eine allgemeine ökologische Vision „gelöst“ wurden und deren schädliche Auswirkungen auf die Umwelt erst später zu Tage traten. Die völlige Zerstörung der europäischen Wälder wurde durch die Kohleförderung verhindert, die einen wichtigen Grund für den Klimawandel liefert; die Erschöpfung der Böden wurde durch massiven Einsatz von Dünger verhindert, der die Umwelt verschmutzt, die Gewässer eutrophiert [10] und eine Quelle der Treibhausgase ist; die Entwicklung des Ozonlochs wurde durch den Einsatz neuer Kühlmittel gebremst, die aber ebenfalls nicht unbeträchtlich zum Treibhauseffekt beitragen usw. Die Energie- und Klimakrise dadurch lösen zu wollen, dass man der Logik des Zauberlehrlings folgt, wird noch schlimmere Folgen zeitigen, besonders in zwei Bereichen: der steigende Einsatz von Atomkraft und Gentechnologie. Sich diesen beiden Technologien in den Weg zu stellen, ist eine der Hauptaufgaben der Linken. Wir kritisieren sie als Symbole des unbegrenzten kapitalistischen Wachstums und als absurden Versuch des Systems, über seinen eigenen Schatten zu springen und um jeden Preis eine Akkumulation aufrecht zu erhalten, die Profite schafft.

Auf allgemeinere Art und Weise bringt die Aufgabe des Klimaschutzes alle Umweltfragen zusammen. Die Antwort muss also alle wesentlichen ökologischen Probleme integrieren, insbesondere: a) die Verteidigung der tropischen Regenwälder (CO2-Senken) bei Anerkennung der Rechte der indigenen Bevölkerung, die von ihren Ressourcen leben; b) die Verteidigung der biologischen Vielfalt; c) ein rationales und öffentliches Management der Wasserressourcen; d) der Kampf gegen die Verschmutzung der Biosphäre mit 100 000 Molekülen, die aus der Petrochemie stammen und die es in der Natur nicht gibt und die in einigen Fällen auch nicht natürlich abgebaut werden können; e) die Eliminierung der Gase, die das Ozon in der Stratosphäre zerstören und ihre Ersetzung durch Mittel, die keine gefährlichen ökologischen Folgen haben; f) der Kampf gegen die Verschmutzung der Atmosphäre und ihre Konsequenzen für die menschliche Gesundheit (Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen) und für die Ökosysteme (Versauerung, Ozon in der Troposohäre).

31. Wir müssen die Kluft zwischen den kapitalistischen Plänen und den Empfehlungen der Wissenschaftler kritisieren. Von den sozialen Bewegungen ausgehend müssen wir Verbindungen zu den kritischen Wissenschaftlern aufbauen. Wir müssen die Frage des Eigentums bei Wissen und der gesellschaftlichen Rolle der Forschung aufwerfen.

Die Anmaßungen der Regierungen, die die Leute glauben lassen wollen, ihre kapitalistische und neoliberale Klimapolitik beruhe auf der „Wissenschaft“, muss energisch bekämpft werden. Dazu müssen wir die Kluft aufzeigen, die zwischen den Zielen der Regierungen und den vorsichtigsten Schlussfolgerungen des IPCC liegt. Die Anprangerung dieser Kluft bedeutet auch, dass wir die wesentlichen Aussagen der wissenschaftlichen Experten übernehmen, während wir gleichzeitig die dominierenden ideologischen und sozialen Annahmen kritisieren, die von der großen Mehrheit der Spezialisten vertreten werden. Die Linke muss daher Beziehungen zu Wissenschaftlern aufbauen und sie einladen, ihre Sachkenntnis in die sozialen Bewegungen einzubringen, ihre allgemeinen politischen Meinungen müssen dadurch hinterfragt werden und man muss sie drängen, sich zu den Widersprüchen zwischen den rationalen globalen Antworten, die der Kampf gegen die globale Erwärmung erfordert einerseits, und der übertriebenen Aufsplitterung des Wissens im Dienste der kapitalistischen Rationalität andererseits zu erklären. Angesichts des Platzes, den die wissenschaftliche Expertise in der Entwicklung der Klimapolitik einnimmt, ist es von großer Wichtigkeit, Beziehungen zwischen den sozialen Bewegungen und kritischen, humanistischen Forschern, Laboratorien und Forschungsvereinigungen aufzubauen.

In diesem Rahmen entwickeln wir eine allgemeinere Sicht der Rolle von Wissenschaft und Forschung im Kampf für die Rettung des Klimas bei sozialer Gerechtigkeit. Wir lehnen technologische Lösungen oder Begriffe wie Entwicklung und Fortschritt nicht per se ab. Nein, wir argumentieren, dass die wissenschaftliche und technologische Forschung vom Einfluss des Kapitals befreit werden muss, so dass ihr Potenzial schnell und massiv in den Dienst einer nachhaltigen Entwicklung von erneuerbaren Energiequellen, von Fortschritten in der Energieeffizienz und einem rationalen Ressourcenmanagement gestellt werden kann. Aus diesem Grund verlangen wir eine massive Erhöhung der öffentlichen Forschungsmittel, die Beendigung von Verträgen, die Universitäten an die Industrie oder ans Finanzkapital binden, und eine demokratische Bestimmung der Forschungsprioritäten im Einklang mit dem Ziel des Übergangs zu einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft bei Wahrung der sozialen Gerechtigkeit.

32. Wir müssen individuellen Schuldzuweisungen entgegentreten, aber für eine nüchterne Energiedebatte nach Maßgabe des gesellschaftlich Möglichen eintreten.

Die Linke bekämpft die schuldbeladenen Diskurse der Regierungen, die die Verantwortung für die globale Erwärmung und die Rettung des Klimas klassenübergreifend dem individuellen Verhalten von jedem und allen zuschreiben. Diese Diskurse versuchen, die soziale Ungleichheit und die Verantwortung des Kapitalismus zu verstecken und die Aufmerksamkeit von den tiefgreifenden strukturellen Veränderungen abzulenken, die in der Produktionsweise vorgenommen werden müssen. Doch daraus ergibt sich nicht, dass sich die Linke der Frage nach dem individuellen Verhalten nicht stellen muss oder sich jeder Aktion im Bereich des Konsums verweigert – ganz im Gegenteil.

Es wäre eine Illusion, zu glauben, dass das Klima durch eine Bewegung der „kulturellen Ansteckung“ gegen den Konsumwahn gerettet werden könnte: Wenn strukturelle Veränderungen ausbleiben, können individuelle Brüche nur zu einem mönchischen Lebensstil führen, der nicht allzu sehr „ansteckend“ wirkt. Doch wäre es auch unvernünftig, auf einen hypothetischen revolutionären wissenschaftlichen Durchbruch zu setzen, um den Konsumwahn und die individuellen Praktiken, die daraus resultieren, nicht in Frage zu stellen. Die Dringlichkeit des Klimaproblems zwingt uns, die notwendigen Entscheidungen auf der Basis der bekannten Technologien und wissenschaftlichen Diagnosen hier und heute zu treffen. Eine auf dem Fortschrittsglauben beruhende Haltung, das Vertrauen auf einen technologischen Deus ex machina, dient nur dazu, das Nichtstun zu rechtfertigen, während die VertreterInnen des Konzeptes der „kulturellen Ansteckung“ wenigstens das Verdienst haben, etwas zur Rettung des Klimas zu tun.

Statt Aktionen im Bereich des Konsums gegen die strukturellen Änderungen in der Produktion zu stellen, muss die Linke erstgenannte als Mittel begreifen, die Notwendigkeit der letzteren zu unterstreichen. Auf der einen Seite ist das Bewusstsein vom Ernst der Klimaerwärmung unvereinbar mit der Fortsetzung einiger Verhaltensarten, die eine offensichtliche und zynische Verachtung für die Umwelt ausdrücken: Soweit gesellschaftlich möglich verlangt die elementare ethische Pflicht, dass diejenigen, deren Grundbedürfnisse befriedigt sind, zur Energiefrage eine nüchterne Haltung einnehmen und konsequent handeln, um möglichst nicht zum Klimawandel beizutragen. Andererseits können alternative gesellschaftliche Praktiken, demokratische Kampagnen und Mobilisierungen – auch von Minderheiten – die die Produktivitäts- und Konsumlogik in Frage stellen, auch eine positive und wichtige Rolle bei der Herausbildung eines kollektiven Bewusstseins spielen, dass strukturelle Veränderungen auch im Bereich der Produktion nötig sind und dass diese Veränderungen von einer Steigerung der Lebensqualität begleitet sein können.

Daher unterstützen wir demokratische Kampagnen und Aktionen gegen die Werbeflut, die kapitalistische Aneignung des öffentlichen Raums, die Verschwendung natürlicher Ressourcen, die Allgegenwart des Autos, die explosive Zunahme des Luftverkehrs und den Boykott von Gütern, die aus der Zerstörung der Regenwälder am Äquator gewonnen wurden usw.

33. Wir müssen für den Katastrophenfall eine Praxis von gegenseitiger Hilfeleistung entwickeln.

Der Klimawandel führt zu einer beträchtlichen Zunahme der Risiken von Dürren, Überschwemmungen, Bergrutschen und anderen Katastrophen, die vor allem die Arbeitenden und die Armen treffen. In den Entwicklungsländern können solche Katastrophen in bestimmten Fällen ein riesiges Ausmaß annehmen. Angesichts dieser Bedrohung müssen wir vorbereitet sein, mit den sozialen Bewegungen in zwei Bereichen zu intervenieren: Dem Bereich der Forderungen, wobei die Staaten mit ihrer Verantwortung konfrontiert werden, und dem Bereich der direkten, solidarischen Hilfe für die einfache Bevölkerung, wie sie von den Menschen vor Ort und ihren Organisationen mit Unterstützung eines weltweiten Netzwerks von Aktivisten übernommen werden kann. Die bei Naturkatastrophen gemachten Erfahrungen zeigen, das diese Unterstützung aus der einfachen Bevölkerung schneller kommt, weniger kostet und direkter auf die Armen und die wirklichen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Außerdem begünstigen sie die Entwicklung von einer alternativen Art von sozialen Beziehungen und stellen die etablierte Ordnung in Frage.


V. DEN WEG FÜR DIE ÖKOSOZIALISTISCHE ALTERNATIVE FREIMACHEN


34. Die Unfähigkeit der Regierungen, die zur Rettung des Klimas notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, wurzelt strukturell in den grundlegenden Gesetzen des Kapitalismus.

Die Konkurrenz drängt jeden Kapitalbesitzer dazu, Arbeiter durch Maschinen zu ersetzen, was wegen der höheren Arbeitsproduktivität erlaubt, über dem Durchschnittsprofit liegende Superprofite einzustreichen und so einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Der Wettlauf um diese Technologierente, der sich im Verlaufe der Entwicklung beschleunigt, verschärft die Tendenz des Systems zur Überproduktion und so zur Überkonsumtion. Überproduktion und Überkonsumtion führen unvermeidlich zu einer Vergrößerung des Volumens der materiellen Produktion. Dies erfordert einerseits einen größeren Ressourcenverbrauch (besonders Energie) und führt andererseits zu immer mehr Abfällen. Die Tendenz zur „Dematerialisierung“ [geringerer Materialeinsatz], zur Ressourceneffizienz und zur Verwandlung von Abfall in Rohstoffe kann diese allgemeine Bewegung bremsen, aber nicht aufheben. Ein stationärer Kapitalismus ist ein Widerspruch in sich: Da die kapitalistische Ökonomie die Produktion von Werten zum Ziel hat, d.h. in allgemeiner und abstrakter Form von Tauschwerten, ergibt sich daraus, dass der Kapitalismus in Marxens Formulierung keine Grenzen kennt außer die des Kapitals selbst.

In diesem Rahmen müssen wir den Klimawandel analysieren. Während seiner etwa 200 jährigen Geschichte hat das System aus seiner Umwelt die reichlich vorhandenen fossilen Energiequellen entnommen, die ein Element des konstanten Kapitals zu einem günstigen Preis garantierten. Als unsichtbares Abfallprodukt dieses Produktionsverbrauchs hat sich CO2 so stark in der Atmosphäre angesammelt, die die derzeit global emittierte Menge doppelt so groß wie die Aufnahmekapazität des Ökosystems ist. Über einen langen Zeitraum können wir logischerweise eine starke Korrelation zwischen den Tonnen emittierten CO2 und den langen Wellen der kapitalistischen Expansion oder Stagnation beobachten. Die Periode des Booms der Nachkriegszeit mit seiner massiven Produktion von Autos und anderen Artikeln des Massenkonsums fällt mit einem so starken Anstieg der Emissionen zusammen, dass die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre solche Ausmaße annahm, dass sie beinahe zu einer weitreichenden Klimakatastrophe geführt hätte. Nach einem leichten Rückgang und einer Stabilisierung in den 1970er und 1980er Jahren begannen die Emissionen neuerlich anzusteigen, und dies wegen der kapitalistischen Globalisierung von Produktion und Transport, der Verwandlung Chinas in die „Werkstatt der Welt“ und des schuldenfinanzierten Wiederaufschwungs der US-Wirtschaft. Die globale Erwärmung und die langfristig unvermeidliche Erschöpfung der fossilen Ressourcen erschienen nur als physische Hindernisse, als Grenzen, auf die die Maschine stößt, ohne ihre Existenz überhaupt erkennen zu können und vor allem, ohne die notwendigen praktischen Schlussfolgerungen zu ziehen. Der Klimawandel demonstriert, dass das kapitalistische System, welches auf der potenziell unbegrenzten Akkumulation von Werten beruht, die zu einer beschleunigten Kapitalzirkulation führt, unfähig ist, Begriffe wie physische Grenzen und ökologische Kreisläufe in sein Funktionieren einzubeziehen.

35. Der Klimawandel bringt die Krise des gegenwärtigen Kapitalismus auf ein noch nie da gewesenes globales Niveau und trägt dazu bei, sie zu einer großen Systemkrise, einer Krise der Zivilisation zu machen.

Die globale Erwärmung drückt in physikalischen Begriffen die vor über 60 Jahren in politischen Begriffen formulierte These der revolutionären Marxisten aus: Die objektiven Bedingungen für eine nichtkapitalistische Gesellschaft sind nicht nur reif, sie beginnen zu verfaulen. Die Klimakrise ist der klarste und globalste Ausdruck dieser Fäulnis. Weil der „Spätkapitalismus“ nicht abgeschafft und durch ein nicht-produktivistisches System ersetzt wurde, hat er die Menschheit dazu gebracht, entscheidende und irreversible Schritte hin zu einer äußerst ernsten Verschlechterung der Umwelt zu machen, die die Lebensbedingungen von Hunderten von Millionen Menschen bedrohen. Wenn die radikalen Maßnahmen, die in der Lage sind, diesen Prozess zu stoppen, nicht in kurzer Zeit getroffen werden, wird sich die Menschheit einer Reihe von großen Katastrophen gegenüber sehen, die unberechenbare soziale und politische Auswirkungen haben werden.

Auf wirtschaftlicher Ebene hat die brutale Sparpolitik, die im Rahmen der Anfang der 1970er Jahre ausgebrochenen langen rezessiven Welle begonnen wurde, zu einer noch nie da gewesenen Lage geführt, die nun schon 25 Jahre anhält: Ein Wiederanstieg der Profitrate ohne Wiederanstieg der Akkumulationsrate, bei anhaltender Massenarbeitslosigkeit, zunehmender Armut und dramatischem Anwachsen der Ungleichheiten. Die langanhaltende Unfähigkeit des Systems, eine neue expansive lange Welle zu generieren, zeigt seine historische Erschöpfung, die letzten Endes auf die zunehmende Schwierigkeit zurückzuführen ist, die längerfristige Tendenz des Falls der Profitrate durch eine Steigerung der Ausbeutungsrate zu kompensieren, sowie aus den Schwierigkeiten, die sich deswegen bei der Realisierung des Mehrwerts ergeben.

Auf gesellschaftlicher Ebene konnte der Kapitalismus der Weltwirtschaftskrise 1929 nur entkommen durch Zerschlagung der Arbeiterorganisationen, Faschismus, Krieg und den doppelten Preis permanenter Inflation und eines irreversiblen Ungleichgewichts des Klimasystems. Die Eröffnung einer neuen historischen Prosperitätsperiode der kapitalistischen Gesellschaft würde es erforderlich machen, dass sie einen „exogenen Schock“ [Eingriff von außen] auf einer Stufe durchmacht, die zumindest mit der Remedur [Rosskur] der 1930er Jahre vergleichbar wäre. Die durch die subprime-Krise ausgelöste Rezession zeigt, dass trotz der Niederlagen der Arbeiterbewegung die Bedingungen für eine neue lange expansive Welle nicht gegeben sind.

Auf der Ebene der Umwelt – selbst unter der Annahme, dass massive Hilfen der Regierungen (in anderen Worten, ein neuer Transfer von Reichtum von der Arbeit zum Kapital) die Ausbreitung der sauberen Technologien beschleunigen könnten – würde ein neuer kapitalistischer Aufschwung (nach dem Modell des Nachkriegsbooms) unvermeidlich mehrere Jahre gesteigerten Verbrauchs von fossilen Brennstoffen nötig machen, was wiederum zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen führte, der wohl mehr als ausreichend wäre, uns in eine Klimakatastrophe zu stürzen. Mit anderen Worten, der Kampf gegen den Klimawandel stellt die Zivilisation vor eine grundlegende Entscheidung: Fortsetzung des kapitalistischen Produktivismus zu Lasten der Umwelt und der Mehrheit der Gesellschaft – oder nichtkapitalistische Alternative?

36. Man kann die Klimakrise und die (zeitlich und strukturell damit verbundene) gesellschaftliche Krise nur lösen, wenn man mit der Logik der Anhäufung von Reichtum bricht, indem man die Produktion nützlicher Güter (Gebrauchswerte) an die Stelle der Warenproduktion setzt.

Die Stabilisierung des Klimas auf einem mit dem Vorsorgeprinzip vereinbaren Niveau macht es nötig, dass die globalen Emissionen spätestens ab 2015 sinken und bis 2050 um 50% bis 85% reduziert werden, und um noch mehr bis zum Ende des Jahrhunderts. Dieses Ziel muss ohne Atomkraft, ohne eine massive Produktion von Biotreibstoffen für den Weltmarkt und durch nur marginalen Rückgriff auf das Abscheiden und Einlagern von CO2 erreicht werden. Beim gegenwärtigen Stand unseres Wissens ist dies – wie wir gesehen haben – nur möglich, wenn der gesamte Energieverbrauch massiv reduziert wird, was die Bedingung für die Einführung erneuerbarer Energien ist. Um dies zu erreichen, sind eine Zunahme der Energieeffizienz und eine Abnahme der Kohlendioxidintensität der Wirtschaft nicht ausreichend. Unabhängig von den politisch und gesellschaftlich entscheidenden Fragen nach der Aufteilung der Anstrengungen (Nord-Süd, Nord-Nord, Süd-Süd) ist auch eine bestimmte Reduzierung der materiellen Produktion objektiv notwendig. Doch der Kapitalismus ist grundsätzlich produktivistisch. Er kann gesellschaftliche Bedürfnisse nur in seiner eigenen Form (zur Ware pervertiert) befriedigen, wenn die Ausgebeuteten und Unterdrückten ihn durch ihre Kämpfe zwingen, Krümel des Wachstums vom Tisch der Akkumulation fallen zu lassen. Im Rahmen dieses Systems ist eine Reduzierung der materiellen Produktion und des Konsums nur zeitweilig möglich, und zwar mittels Überproduktionskrisen, die zu einer Verschärfung der sozialen Krise, zu Armut, Arbeitslosigkeit und wachsenden Ungleichheiten führen.

Das bedeutet, dass die Herausforderung der Klimakrise objektiv die antikapitalistische Alternative zu einer dringenden Notwendigkeit macht; sie disqualifiziert die Strategien einer Beteiligung in bürgerlichen Institutionen mit dem Ziel, hypothetische graduelle Veränderungen zu erreichen. Tatsächlich kann man mit der Akkumulationsspirale, die mit der Rettung des Klimas unvereinbar ist, nur brechen, indem man die Produktion von Gebrauchsgütern zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse (die natürlich begrenzt sind) an die Stelle der Produktion von Waren zur Anhäufung von Tauschwerten (die potenziell unbegrenzt ist) setzt. Strukturelle Veränderungen in der Produktionssphäre (und beim Transport als einer zur Produktion gehörenden Tätigkeit) sind daher entscheidend. Es sind diese Veränderungen, die die materielle Basis für Änderungen im Bereich des Konsums legen. Diese Veränderungen verlangen nicht nur einen massiven Transfer von Reichtum vom Kapital zur Arbeit, sondern sie stellen auch die kapitalistischen Eigentumsrechte in Frage. Diese beiden Dimensionen treffen in der Forderung nach einer entschädigunglosen Verstaatlichung des gesamten Kreditsektors (Banken und Versicherungen) zusammen, die nun eine erhebliche strategische Bedeutung bekommt. Der Kampf gegen den Klimawandel eröffnet die Möglichkeit, die Methode des Übergangsprogramms wiederzubeleben: Auf der einen Seite durch die Begründung der Notwendigkeit einer nichtkapitalistischen Lösung für die Menschheit, auf der andern durch eine solide und objektive Rechtfertigung für eine ganze Reihe konkreter Forderungen, die in ihrer Gesamtheit mit dem normalen Funktionieren des kapitalistischen Systems unvereinbar sind.

Die einzelnen Forderungen können von Land zu Land und von einer Region zur anderen recht unterschiedlich sein und hängen insbesondere vom Entwicklungsniveau, der gesellschaftlichen Struktur, den Besonderheiten des Öko- und des Energiesystems usw. ab. Allgemein gesagt wird ihr Übergangscharakter durch die Tatsache bestimmt, dass sie sowohl in der Lage sein müssen, die Umwelt- und Klimakrise zu lösen, wie auch die soziale Krise. Die Schaffung von Arbeitsplätzen in gesellschaftlich sinnvollen Bereichen, das Recht auf Energie, Wohnung und Mobilität (kostenloser öffentlicher Verkehr), der Kampf gegen die Verschmutzung und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit, der verantwortliche Umgang mit den Ressourcen der Meere, der Wälder und der Seen sind Schlüsselbereiche, für die Vorschläge formuliert werden können, die zu Emissionsminderungen, einem rationalen Management der Energie- und Stoffströme, einer Verringerung sozialer Ungleichheiten, einer Stärkung der demokratischen Rechte und einer Schwächung des Griffs der Warenwirtschaft auf die Gesellschaft führen.

Beim Kampf um die Forderungen ist die Frage der Umwelt-/Klimaeffizienz (Emissionsminderungen) keine Kleinigkeit. Ihr muss die besondere Aufmerksamkeit gelten. Und dies wegen der objektiven Bedeutung des Kampfes gegen die Klimaerwärmung als globaler Frage mit bedeutenden sozialen Auswirkungen, aber auch weil die antikapitalistischen Vorschläge in der Klimapolitik weit mehr bringen als die kapitalistischen, ein Gesichtspunkt, der die Legitimationskrise des Systems angesichts der Herausforderungen, die es selbst als entscheidend ansehen muss, nur vertiefen kann.

37. Weil der Klimawandel ein gigantisches globales Problem ist, das gelöst werden muss, um ernstere Katastrophen zu verhindern, bietet er eine außerordentliche Gelegenheit, die Notwendigkeit einer antikapitalistischen Alternative in eminent praktischer, rationaler und unmittelbarer Form direkt zu vertreten.

Angesichts des Klimawandels, des kolossalen Umfangs der Maßnahmen, die in sehr kurzer Zeit (binnen zwei Generationen) getroffen werden müssen, haben wir sehr unterschiedliche Auswirkungen auf das Massenbewusstsein: Es kommt zu Reaktionen von Schuld und Skepsis, zynischen Antworten oder Übertreibungen der latenten Angst, die durch die Unsicherheit der Existenz im Spätkapitalismus hervorgerufen wird. Diese Gefühle können von den bürgerlichen Regierungen, aber auch von mystischen Strömungen, die nur irrationale und eschatologische Pseudoantworten anzubieten haben, aufgegriffen und manipuliert werden. Sie können auch von reaktionären Strömungen aufgegriffen werden, die die Beziehungen zwischen den Menschen und der Natur naturalisieren und daraus potenziell barbarische neomalthusianische Lösungen ableiten. Solche Risiken sind dort umso realer, wo das Niveau der Klassenkämpfe niedrig ist, wo die Konflikte mit defensivem Charakter stark überwiegen (in denen die Umweltfragen im Allgemeinen an den Rand gedrängt werden).

Es wäre jedoch verkehrt, diese schwierige Lage als Grund zu nehmen, sich hinsichtlich des Klimawandels mit Sofortforderungen zufrieden zu geben (oder gar die Frage einfach zu ignorieren und sie auf bessere Zeiten, eine hellere Zukunft zu verschieben). Ganz im Gegenteil, die Lage macht es erforderlich, die Agitation für Sofortforderungen mit umfassender, radikaler, globaler, einfacher und direkter antikapitalistischer Propaganda zu verbinden. Dies ist entscheidend, um das objektive Niveau der Herausforderung in der doppelten – ökologischen und sozialen – Dimension anzuheben und als jene aufzutreten, die Lösungen anbieten. Und dies ist auch möglich, weil angesichts des Charakters dieses gigantischen globalen Problems, das dringend gelöst werden muss, um ernstere Katastrophen zu verhindern, der Klimawandel eine außergewöhnliche Gelegenheit bietet, die Notwendigkeit einer antikapitalistischen Alternative in eminent praktischer, rationaler und unmittelbarer Form direkt zu vertreten. Weil die Lage so drängt, ist es möglich, direkt die ethische Dimension, das Gewissen und die Vernunft der breiten Bevölkerungsmehrheit in Fragen der wesentlichen Bedürfnisse anzusprechen, um den Klimawandel effizient bekämpfen und alle relevanten zur Verfügung stehenden Mittel unabhängig von den Kosten einsetzen zu können; wir müssen Atmosphäre, Wasser, Land, genetische Ressourcen, Sonnenstrahlung und Energie im Allgemeinen als gemeinsames Eigentum der Menschheit betrachten; wir müssen den Reichtum umverteilen und den öffentlichen Sektor entwickeln, um alle verfügbaren Mittel zu mobilisieren. Wir können dies mit großer Autorität tun, indem wir uns kritisch auf die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen von Experten stützen, was zu einer zusätzlichen Legitimität für die antikapitalistische Alternative führt.

Die Krise des sozialistischen Projekts, einschließlich der sehr negativen Ökobilanz des „real existierenden Sozialismus“, stellt ein unbestreitbares Element dar, das die Möglichkeiten des Widerstands und der Gegenangriffe der Ausgebeuteten und Unterdrückten stark belastet. Wenn wir die Möglichkeiten des Klimawandels voll nützen, können wir die antikapitalistische Perspektive neu begründen und sie in einer globalen – ökologischen und sozialen – Problematik verwurzeln. So können revolutionäre Marxisten zu einer Umstrukturierung der internationalen Arbeiterbewegung um ein globales Gesellschafts- und sogar Zivilisationsprojekt herum beitragen.

38. Die Sättigung des Kohlenstoffkreislaufs und die Erschöpfung der nicht-erneuerbaren Energien bedeuten – anders als in der Vergangenheit – dass die Emanzipation der arbeitenden Klasse nicht mehr ins Auge gefasst werden kann, ohne die wesentlichen natürlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.

Die Ablehnung von Wachstum an sich stellt weder ein Gesellschafts- oder Zivilisationsprojekt dar noch eine Strategie für breite soziale Mobilisierungen zugunsten einer anderen Gesellschaft (vor allem wenn Wachstumsrücknahme sich an der Reduzierung des Bruttoinlandsprodukts misst, das nur die Quantität der Werte, aber nicht die Qualität der menschlichen und ökologischen Bedürfnisse berücksichtigt). Die Reduzierung von Produktion und materiellem Konsum ist zur Rettung des Klimas unmittelbar notwendig, weil der Kapitalismus die Menschheit zu weit auf einem Weg geführt hat, der eine Sackgasse ist. Auf der einen Seite schließt eine solche Reduzierung Möglichkeiten künftiger Entwicklung nicht aus, nachdem das Klima erst einmal stabilisiert ist. Auf der anderen Seite stellt sie nur ein quantitatives Kriterium für den notwendigen Übergang in eine Ökonomie ohne fossile Brennstoffe dar. Damit man nicht zu reaktionären Schlussfolgerungen kommt, muss dieses quantitative Kriterium von qualitativen begleitet sein: Umverteilung des Reichtums, Reduzierung der Arbeitszeit und Entwicklung eines öffentlichen Sektors. Wenn diesen Kriterien entsprochen wird und die sinnlose oder gefährliche Produktion abgebaut wird, dann kann die Reduzierung der materiellen Produktion durchaus mit einem Zuwachs an gutem Leben, Gesundheit und Lebensqualität der großen Mehrheit der Menschheit verbunden sein, wenn gesellschaftliche Investitionen in Bildung, Gesundheitswesen, Kultur, Gemeinschaftsaktivitäten, öffentlichen Verkehr, Stadt- und Landesplanung und kostenlose lebenswichtige Dienstleistungen erfolgen.

Das kapitalistische System ist sicherlich untrennbar mit dem Wachstum der Produktion und des materiellen Konsums verbunden, doch ist das die Wirkung, nicht die Ursache. Es ist die Produktion von Werten in ihrer abstrakten Form als Tauschwerte, die zur permanenten Tendenz einer unbeschränkten Akkumulation von Reichtum auf der einen Seite und gleichzeitig einer ununterbrochenen Akkumulation von Armut auf der anderen Seite führt. Eine Klimapolitik, die diese doppelte Realität nicht ins Auge fasst, wäre fast sicher zum Scheitern verurteilt. Der entscheidende Punkt und Ansatz für eine antikapitalistische Initiative bleibt daher der, den das sozialistische Projekt ausgemacht hat: Die Mobilisierung der Ausgebeuteten und Unterdrückten gegen ein System, das auf Wettrennen um Profite, Privateigentum an Produktionsmitteln, Warenproduktion, Konkurrenz und dem Lohnsystem beruht. Doch dieser entscheidende Punkt und Ansatz sind nicht länger ausreichend, um eine Alternative zu definieren. Die Sättigung des Kohlenstoffkreislaufs stellt die offensichtlichste und globalste Demonstration der Tatsache dar, dass – anders als in der Vergangenheit – die Emanzipation der arbeitenden Klasse nicht mehr ins Auge gefasst werden kann, ohne die wesentlichen natürlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen: Die Begrenztheit der Ressourcen, die im historischen Maßstab nicht erneuert werden können, die Geschwindigkeit des Wiederaufbaus erneuerbarer Ressourcen, die Gesetze der Energieumwandlung, die Funktionsweise der Ökosysteme und der biologischen Kreisläufe mit ihren Rhythmen. Lenins Kurzdefinition – Sozialismus ist Sowjets (Räte) plus Elektrizität – ist daher überholt: Wie soll der Strom produziert werden (aus erneuerbaren oder fossilen Energieträgern?), in welchen Mengen und mit welchen Folgen für die Umwelt?

Wenn das sozialistische Projekt eine globale Alternative darstellen soll, die auf der Höhe der doppelten (ökologischen und sozialen, also der ökosozialistischen) Herausforderung ist, dann muss sich das sozialistische Projekt diesen Fragen stellen. Dazu genügt es nicht, zu bekräftigen, dass der Sozialismus die ökologischen Fragestellungen integrieren muss, oder in anderen Worten, dass die SozialistInnen die ökologische Dimension besser verstehen, ökologische Forderungen aufstellen und sich an den Mobilisierungen zur Verteidigung der Umwelt beteiligen sollen. Die wirkliche Aufgabe liegt vor allem in der Integration des sozialistischen Projektes in die globale Ökologie des Super-Ökosystems Erde. Das bedeutet, dass Entwicklung nicht nur das Ziel der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, sondern auch das der Nachhaltigkeit im Hinblick auf die Umwelt verfolgen muss; dabei muss man angesichts der Komplexität, der unbekannten Faktoren und des evolutionären Charakters der Biosphäre einen gewissen Grad an Unbestimmtheit akzeptieren.

Den Sozialismus in die Ökologie zu integrieren, verlangt auf Seiten der SozialistInnen eine Art „Kulturrevolution“. Dies ist unabdingbar, um über eine sektoralistische, utilitaristische und lineare Sicht der Natur als der physischen Plattform, auf der die Menschheit arbeitet, als der Vorratskammer, aus der sie ihre für die Produktion ihrer gesellschaftlichen Existenz nötigen Ressourcen bezieht, und als Müllhalde, auf der sie die Abfälle dieser Aktivität ablädt, hinauszukommen. In Wirklichkeit ist die Natur gleichzeitig die Plattform, das Vorratskammer, die Müllhalde und die Vielfalt all der lebenden Prozesse, die – dank der von außen kommenden Zufuhr von Sonnenenergie – die Materie zwischen diesen Polen zirkulieren lassen und sie fortwährend neu organisieren. Abfälle und die Art des Umgangs mit ihnen müssen deshalb sowohl hinsichtlich der Quantität wie der Qualität mit den Kapazitäten und Rhythmen des Recyclings durch Ökosysteme vereinbar sein, damit sie das gute Funktionieren dieser dünnen Schicht der Biosphäre nicht gefährden. Doch dieses gute Funktionieren hängt von der Zahl und der Vielfalt der Akteure ab, aber auch von der Qualität und Komplexität der zahlreichen Beziehungsketten und dem Gleichgewicht der Zu- und Abflüsse, die letztlich die Versorgung der Menschheit mit Ressourcen sicherstellen.

In diesem Rahmen ist das Konzept der „Herrschaft des Menschen über die Natur“ voller positivistischer Selbstgewissheit und muss aufgegeben werden. Der einzig wirklich mögliche Sozialismus ist der, der die wirklichen menschlichen Bedürfnisse befriedigt (also die Entfremdung der Warenwirtschaft aufhebt), die von den Menschen selbst demokratisch festgelegt worden sind, wobei wir uns sorgfältig fragen müssen, welches die Auswirkungen auf die Umwelt sind, den diese Bedürfnisse und die Art ihrer Befriedigung zeitigen.

39. Der große ökologische Irrtum von Marx besteht nicht darin, dass er die Natur als unbeschränktes Reservoir von Ressourcen betrachtet hätte, sondern dass er sein eigenes Konzept eines „rationalen Verwaltung des Stoffwechsels“ im besonderen Bereich der Energie nicht angewandt hat, während er dies beim Boden getan hatte.

Im 19. Jahrhundert führten die Arbeiten von Liebig über die Erschöpfung der Böden als Folge des Zusammenbruchs des Nährstoffkreislaufs, der der Verstädterung und der Internationalisierung der Agrarmärkte geschuldet war, Marx zu folgender These: Da Arbeit ja die notwendige Vermittlerin zwischen Mensch und Natur ist, besteht die einzig mögliche Freiheit in der rationalen Verwaltung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur. [11] Dieser Gedanke, dass der „Stoffwechsel“ zwischen der Gesellschaft und der Natur historisch bestimmt ist und dass die Menschheit, weil sie ihre gesellschaftliche Existenz bewusst produziert, die Verantwortung für die „rationale Verwaltung“ des Austauschs mit der Erde übernehmen muss, ist von bemerkenswerter Aktualität und kann es mit den besten gegenwärtigen Konzeptualisierungen der globalen Ökologieprobleme aufnehmen. Das beweist, dass Marx, trotz einiger zweideutiger Formulierungen, Naturkreisläufe keineswegs unbekannt waren, und dass er sich über den endlichen Charakters der Ressourcen in einer endlichen Umwelt im Klaren war. Was nun die „rationale Verwaltung“ der Erde angeht, so fand dieses Bewusstsein einen starken programmatischen Ausdruck: Tatsächlich traten Marx und Engels zur Wiederherstellung des Nährstoffkreislaufs für die Aufhebung der Trennung von Stadt und Land ein. In ihren Augen war diese Forderung so wichtig wie die Aufhebung der Trennung zwischen Hand- und Kopfarbeit, mit der sie im Übrigen verbunden ist.

Der große ökologische Irrtum von Marx besteht nicht darin, dass er die Natur als unbeschränktes Reservoir von Ressourcen betrachtet hätte, sondern dass er sein eigenes Konzept einer „rationalen Verwaltung des Stoffwechsels“ im besonderen Bereich der Energie nicht angewandt hat, während er dies beim Boden getan hatte. In seiner Analyse der industriellen Revolution verstand Marx nicht, dass der Übergang vom Holz zur Kohle die Aufgabe eines erneuerbaren Energiestroms zugunsten einer erschöpflichen gespeicherten Energie bedeutete, dass deren Ausbeutung einer „rationalen Verwaltung“ des Kohlendioxidaustauschs zwischen Gesellschaft und Umwelt nur zuwiderlaufen konnte. Während sie die Tendenz des Kapitalismus, die beiden einzigen Quellen allen Reichtums – „die Erde und den Arbeiter“ – zu erschöpfen, durchaus sahen, und während dieser Analyserahmen es ihnen ermöglicht hatte, auf meisterliche Art und Weise die Dynamik vorherzusehen, die die große Industrie und kapitalistische Landwirtschaft zur Zusammenarbeit führen würde und gleichzeitig zu einer Verarmung der Arbeiter in den Städten und auf den Feldern sowie der Fruchtbarkeit des Landes führen würde, sahen die Autoren des „Kommunistischen Manifests“ nicht, dass der kapitalistische Drang zu den erschöpflichen fossilen Energieträgern die Menschheit unvermeidlich auf einen Energiepfad bringen würde, der in einer Sackgasse endet.

In der materialistischen Konzeption der Geschichte können auch Technologien nicht der Regel entgehen, nach der alle menschlichen Aktivitäten gesellschaftlich und historisch determiniert sind. Besonders können wir hier die Tatsache anführen, dass Marx selbst den Klassencharakter der kapitalistischen Mechanisierung beschrieb. Die Tatsache jedoch, dass er die Bedeutung des Übergangs vom Holz zur Kohle nicht gesehen hat, führte dazu, dass er die Frage der Klassencharakters der Energiequellen im Unklaren gelassen hat. In der Epoche der Industriellen Revolution führte diese fehlende Klarheit kaum zu praktischen Konsequenzen: Dieselbe Dampfmaschine wurde verwendet, um die chemische Energie des Holzes wie die der Kohle in mechanische Energie und Wärme umzuwandeln. Doch die Lage änderte sich mit dem Einsatz von Öl, und ganz besonders mit der Atomenergie. Das zwingt uns, eine klare Position einzunehmen: Entweder muss diese Energie abgelehnt werden und die Energiequellen sind nicht neutral, oder aber die Energiequellen sind neutral und die sie ausnutzenden Technologien müssen nicht als solche abgelehnt werden. Im zweiten Fall befinden wir uns im Widerspruch zu der These, die unser Ausgangspunkt war, nämlich die historische und gesellschaftliche Determinierung der Technologie, was darauf hinausläuft, zu sagen, dass wir die technokratische Logik, die Marx zur Tür hinausgeworfen hatte, zur Hintertür wieder hereinlassen.

Marx Nachfolger tragen eine schwere Verantwortung für die Tatsache, dass das Konzept der „rationalen Verwaltung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur“ und das damit verbundene Problem der Trennung zwischen Stadt und Land im 20. Jahrhundert vergessen worden ist. Seit Ende des 19. Jahrhunderts schien die Erfindung künstlichen Düngers das Problem der Fruchtbarkeit der Böden gelöst zu haben, eine Schlüsselkomponente der im Kapital vorgenommenen ökologischen Reflexion. Jedoch versuchte kein marxistischer Autor zu verstehen, ob diese Lösung mit einer „rationalen Verwaltung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur“ vereinbar war. Vor allem jedoch versuchte keiner, auch keiner der Revolutionäre, die Konzepte zu verstehen, die Marx bei der Bodenfrage angewandt hatte, um die Verbrennung fossiler Energie (oder die Plünderung anderer nichterneuerbarer Ressourcen) unter dem Gesichtspunkt des „gesellschaftlichen Stoffwechsels“ zu verstehen. Die Gründe für diesen erstaunlichen Mangel müssen im Einzelnen noch analysiert werden. Die Rückständigkeit Russlands, die stalinistische Konterrevolution, der sozialdemokratische Produktivismus und ein gewisser Abstand der Marxisten des 20. Jahrhunderts von den Entwicklungen der Naturwissenschaften spielten ihre Rolle. Doch muss man auch einen übertriebenen Optimismus kritisieren, eine irrationale Hoffnung, dass Wissenschaft und Technik es immer ermöglichen würden, einen „Ausweg“ aus den kapitalistisch-ökologischen Sackgassen zu finden. Der Klimawandel stellte diesen Fortschrittsglauben schnell in Frage, was der wichtigste Grund ist, warum Marxisten seit den 1970er Jahren beträchtliche Schwierigkeiten hatten und haben, sich im Hinblick auf die Umweltprobleme zu positionieren. Aus diesem Grund ist die Integration des sozialistischen Projektes in die Ökologie die Grundbedingung einer revolutionären Vitalität des Marxismus.

40. Die Energiefrage steht im Zentrum der Alternative. Wir können die Perspektive eines „Solarkommunismus“ in der Kontinuität von Marx’ Denken über den „gesellschaftlichen Stoffwechsel“ verorten, ihn vertiefen und daraus neue Schlussfolgerungen ziehen. Diese Vertiefung rechtfertigt wesentlich den Gebrauch des neuen Begriffs „Ökosozialismus“.

Die Energiefrage steht im Zentrum des Klimaschutzes und der Alternative. Daher ist es für MarxistInnen entscheidend, die Doppeldeutigkeiten und Sackgassen ihrer Vorgänger (einschließlich Marx) in diesem Bereich zu überwinden. Der Begriff des Energiesystems – definiert als Produktionsweise, die unter dem Gesichtspunkt der Energieumwandlung betrachtet wird – macht es möglich, zu postulieren, dass das kapitalistische System gekennzeichnet ist durch:

a) die fast vollständige Aneignung der Energiequellen, der Umwandlungs- und Übertragungseinrichtungen [Kraftwerke, Transformatoren, Leitungen] und ihre Verwandlung in Waren (einschließlich des Warencharakters der Arbeitskraft, die den Unternehmern durch menschliche Umwandler zur Verfügung gestellt wird);

b) den bevorzugten Einsatz von fossilen Brennstoffen, die eine kapitalistische Rente und Treibhausgase hervorbringen;

c) Konzentration und Zentralisation des Kapitals, das die Quellen und die Umwandlungseinrichtungen in Besitz hat, was zu einer immer größeren Zentralisierung des Systems führt;

d) schlechte Energieeffizienz und ein hohes Maß an Verschwendung , was dem Profitstreben, aber auch der zentralisierten Struktur geschuldet ist, der Trennung der Produktionsanlagen von den wichtigsten Märkten, der nutzlosen Produktion, der fehlenden Wirtschaftsplanung zwischen den Sektoren und einer völlig exzessiven Mechanisierung;

e) Globalisierung der Versorgung, militärischen Schutz des Zugangs zu Energiequellen und die imperialistische Politik der Kontrolle der Förderländer;

f) die Herausbildung von zunehmend miteinander verbundenen und zentralisierten Netzen;

g) Errichtung von mächtigen energetisch-industriellen Komplexen um fossile Energiequellen herum, besonders Öl, wovon Automobil- und Luftfahrtindustrie, Schiffbau und Petrochemie betroffen sind;

h) zunehmender Integration des Agrobusiness in diesen Komplex über Düngemittel, der Produktion von Biomasse zur Energieerzeugung und Einsatz von Gentechnik;

i) einer der Logik der Kapitalakkumulation inhärenten Tendenz, Angebot und Nachfrage unaufhörlich zu steigern, was sich im Energiebereich besonders durch Einsatz der Atomkraft zeigt.

      
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Michael Löwy und Joël Kovel: Internationales ökosozialistisches Manifest, Inprekorr Nr. 434/435 (Januar/Februar 2008)
Daniel Tanuro: Klimaschutz und Antikapitalismus, Inprekorr Nr. 428/429 (Juli/August 2007)
Daniel Tanuro: Nach Kyoto: Droht die neoliberale Klimaoffensive?, Inprekorr Nr. 428/429 (Juli/August 2007)
 

Unter dem Gesichtspunkt der Energie verlangt die sozialistische Umwandlung der Gesellschaft unbedingt die Zerstörung dieses zentralisierten Systems mit seiner anarchischen, verschwenderischen, ineffizienten und auf tote Arbeit setzenden Funktionsweise, die auf nichterneuerbaren Energiequellen beruht und auf die tendenzielle Überproduktion von Handelswaren ausgerichtet ist. Es muss durch ein dezentrales, geplantes, sparsames, effizientes und auf lebendige Arbeit setzendes System ersetzt werden, das ausschließlich auf Sonnenenergie basiert und auf die Produktion von dauerhaften, recyclebaren und wiederverwendbaren wirklichen Gebrauchswerten ausgerichtet ist. Diese Transformation betrifft nicht nur die „Energieproduktion“ im engeren Sinn, sondern das ganze Industriesystem, den Ackerbau, den Verkehr, die Freizeit und die Stadt- und Landesplanung.

Die Energie- und Klimafrage führt uns dazu, die sozialistische Revolution nicht nur als Zerstörung der Macht des bürgerlichen Staates und Schaffung eines proletarischen Staates, der mit seiner Entstehung abzusterben beginnt, und die Zug um Zug erfolgende Einführung der Selbstverwaltung der Massen zu sehen, sondern auch als den Beginn der Zerstörung des alten bürgerlichen Produktionsapparats und seine Ersetzung durch einen alternativen Apparat, der andere Technologien und andere industrielle Prozesse im Dienst der demokratisch bestimmten Ziele einsetzt. Dieser äußerst tiefe historische Umbruch kann tatsächlich nur nach dem Sieg der sozialistischen Revolution auf Weltebene beginnen, sobald die Abschaffung der wesentlichen Ungleichheiten der Entwicklung es ermöglicht haben werden, die grundlegenden Rechte jedes Menschen auf eine würdige Existenz zu sichern. Er erfordert vor allem die vorherige Erreichung der Autonomie bei Nahrung und Energie in den verschiedenen Ländern. Er ist alles andere als ein Synonym für Stagnation oder das Ende der menschlichen Entwicklung, sondern bedeutet im Gegenteil einen bedeutenden Fortschritt in Wissenschaft und Technik sowie der Fähigkeit der Gesellschaft, diesen demokratisch, mit der aktiven Beteiligung aller, umzusetzen, und zwar im Rahmen einer Kultur des umfassenden Schutzes der Biosphäre, wobei der Beitrag der indigenen Völker von unschätzbarem Wert sein wird.

Die revolutionären MarxistInnen haben allgemein angenommen, dass – wenn erst die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse einmal erfüllt sind –, die qualitative Entwicklung der Menschheit den Vorrang über die quantitative bekommen würde. Diese Vorstellung stimmt mit der von Marx überein, für den wirklicher Reichtum freie Zeit, soziale Beziehungen und das Verständnis der Welt bedeutete. Die Perspektive eines „Solarkommunismus“ steht in der logischen Kontinuität mit diesem nicht-produktivistischen Denken, jedoch vertieft sie es und zieht neue Schlussfolgerungen für die Forderungen, die Aufgaben und das Programm. Diese Vertiefung rechtfertigt wesentlich den Gebrauch des neuen Begriffs „Ökosozialismus“. Als konzentriertester Ausdruck des gemeinsamen Kampfes gegen die Ausbeutung menschlicher Arbeit und der Zerstörung der natürlichen Ressourcen durch den Kapitalismus, geht der Ökosozialismus nicht von einer idealistischen und chimärenhaften Sicht der „Harmonie“ aus, die zwischen Natur und Menschen errichtet werden muss, sondern von der materialistischen Notwendigkeit, den Stoffwechsel zwischen Gesellschaft und Natur gemäß der ökologischen Vernunft zu organisieren, mit anderen Worten in einer mit dem guten Funktionieren der Ökosysteme möglichst verträglichen Art.

Übersetzung aus dem Französischen: Paul B. Kleiser, Björn Mertens



Dieser Artikel erschien in Inprekorr Nr. 452/453 und Inprekorr Nr. 454/455.


[1] SPM, IPCC 2007. Hinweis: Temperaturänderungen sind angegeben im Verhältnis zu 1999 und müssen deshalb um 0.7°C erhöht werden, um die Änderung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auszudrücken

[2] UNDP, World Report on Human Development, 2007/2008.

[3] „CO2 Äquivalente“ berücksichtigen alle Treibhausgase, als wären sie alle CO2.

[4] Eine „substanzielle Änderung“ entspricht einer Abweichung von 15 bis 30 Prozent gegenüber dem Referenzszenario.

[5] Wir sollten auch die geothermische Energie (Erwärme) als einzige nicht-solarer Energiequelle hinzufügen, aber ihr Potenzial ist nur marginal

[6] Als „Transformationsländer werden vom IPCC die Länder des früheren Ostblocks bezeichnet – d. Üb.

[7] Das Ziel sollte auf 30% angehoben werden, falls es zu einem internationalen Abkommen kommen sollte, nach dem die anderen Industrieländer ähnliche Reduzierungen vornehmen wollten und auch die Schwellenländer einen erheblichen Beitrag leisteten. Dieses Ziel bliebe aber immer noch im unteren Bereich der Empfehlungen der Experten.

[8] Garrett Hardin beschrieb 1968 in einem Essay „The Tragedy of the Commons“ am Beispiel von Hirten, die eine gemeinsame Weidefläche (Allmende) nutzen, das Dilemma, dass jeder einzelne den Vorteil von der Vergrößerung seiner Herde hat, die Nachteile durch die Überweidung sich aber auf alle verteilen – d. Üb.

[9] Wachstumsmodell, das auf innere Faktoren wie technologische Innovation und Bildung setzt – d.Üb.

[10] Durch Überdüngung wuchern die Gewässer zu und „kippen“ schließlich um, wenn aller Sauerstoff aufgezehrt ist – d.Üb.

[11] Vgl. MEW 23, 528 – d.Üb.